Kapitel 14

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Als sie am zweiten Tag, noch immer nicht zurück gekehrt sind, verschlechtert sich die Stimmung zunehmend. Und mit jedem Weiteren, rutscht das Damoklesschwert, das über unseren Köpfen hängt, ein Stück tiefer

Ich fühle mich wie eine dieser Frauen, die auf alten Gemälden abgebildet sind, wie sie ihren Männern, die mit Schiffen auf die weite See fahren, mit Taschentüchern hinter winken.
Sie konnten sich ihrer Rückkehr nie sicher sein.

Zur Untätigkeit verdammt.

In den Gängen ist es stickiger geworden, und es liegt nicht an der feine Sandschicht die überall verteilt liegt. Die Belüftung läuft zwar tadellos, aber mit jeder Minute wird die Luft dicker.

Erst jetzt begreife ich, was Jack für eine Arbeit geleistet hat uns unermüdlich, wie eine Horde Schafe zusammenzutreiben.

Der einzige Ort, fernab der wachsenden Panik, die sich wie Teer durch die Räume frisst, ist das Gewächshaus. Stunden verbringe ich damit, Samen zu sähen, Unkraut zu jäten und die Erde umzugraben. Hazel und Melanie leisten mir ab und zu Gesellschaft, aber Colin ist immer da. Und überraschenderweise ist mir, seine Anwesenheit die erträglichste. Er redet wenig, schweigt die meiste Zeit.

Dass ich sein Verhalten in den letzten Tagen merkwürdig fand, habe ich vergessen.

Ich wage gar nicht darüber nachzudenken was aus Jack und den anderen geworden ist, was sie gesehen haben, ob sie überhaupt noch am Leben sind.

Bei den Mahlzeiten versuchen wir das Thema zu vermeiden.
Ich bin froh darüber.

Die Wasserblase um mich herum scheint sich verdichtet zu haben. Nichts dringt mehr in sie ein. Jegliche Eindrücke und Emotionen prallen an Ihr ab.

Als ich an Tag fünf, Richtung Küche laufe, ist es das erste Mal, dass Colin wieder sein Wort an mich richtet.

"Ich halte es nicht mehr aus" sagt er. Seine Stimme ist hart und kalt.

Ohne darüber nachzudenken, bleibe ich stehen.

Er fährt sich durch die Haare. Seine Augen nehmen einen dunklen Ton an.

"Bevor sie gegangen sind, hat mir Jack gesagt, dass es wichtig ist was sie tun, egal wie verrückt es klingen mag, aber nichts zerstört den Menschen mehr, als in einem Stillstand gefangen zu sein, während um ihn herum das Leben aus allen Fugen gerät.", er hält kurz inne. Dann fährt er fort :"Ich habe zunächst nicht verstanden, was er damit gemeint hat, war furchtbar wütend auf ihn, uns alle so im Stich zu lassen. Und ich weis genau, dass es seine Idee gewesen ist. Nicht die von Jeff, oder Thomas oder Peter. Das sind nur Mitläufer. Aber jetzt, jetzt glaube ich, habe ich verstanden was er mir damit sagen wollte: es ist verschwenderisch was wir hier tun."
Als er seinen Monolog beendet hat, schaut er zur Seite. Tiefe Schatten fallen auf seine Wange.

Ich schlucke.

Diese Mauern, diese Seifenblase, die ich um mich herum errichtet habe, drohen einzureißen, bekommen kleine Risse, die sich wie Spinnennetze ziehen.

"Wir überleben." Sage ich schlicht.

"Ja", er lacht trocken auf, "Wenn du überleben, als eingesperrtes Tier definierst."

"Wir sind nicht eingesperrt."

"Doch. Keinen Tag unseres Lebens, waren wir mehr eingesperrt als hier."

"Aber Eden hat sich geöffnet, wir können raus."

"Tun wir das denn?"

Ich schweige. Die Worte bleiben mir in der Kehle stecken.
Schließlich sage ich leise: "Und was willst du dagegen tuen? Auch abhauen? Wie die Anderen? Das macht noch weniger Sinn."

"Besser, als alles zu verschwenden was wir eh schon verschwendet haben.", er wirft in einer hilflosen Geste, seine Arme in die Höhe, "Was haben wir hier denn noch zu verlieren?"

Er dreht sich um und verschwindet, lässt die Frage in der Luft hängen.

Ich denke an Katie. Wie ich ihre Hand hielt und neben ihr herlief, während sie die Papageien, an denen wir nacheinander vorbeikamen bewunderte.

"Mal mir einen, ja Meggie? Der mit dem grünen Schnabel. Ja?" Hatte sie mir gesagt und bittend zu mir hochgesehen.

Ich sagte ja.

Und plötzlich macht es Klick bei mir.

"Colin." Rufe ich ihm hinterher, "COLIN." Und beginne ihm hinterher zu rennen.

"Du hast recht.", ich keuche noch immer, als ich ihn erreicht habe, "Du hast recht. Was haben wir denn noch zu verlieren? Wir alle?"

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Hi,
Also erst mal danke, dass ihr bis hierhin durchgehalten habt. Ich weiß, es war nicht immer soooooo spannend und "actionreich", aber, ab dem nächsten Kapitel, gebe ich Vollgas, ich verspreche es!!! Dann fängt die Story erst richtig an. (Ja, ich weiß, ein biiiiiischen spät, 15. Kapitel..., aber Hey, nobody's perfect!)

EdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt