Take Twenty-Four

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Bastille - Glory


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Die ganze Zeit über hatte ich darüber nachgedacht, wie ich das mit Valerie wieder hinbiegen konnte. Nach unseren letzten missglückten Gespräch hatte ich wirklich schiss ihr gegenüber zu treten. Zwar war sie meine beste Freundin, doch sie konnte ziemlich nachtragend sein. Das hatte ich bereits vor einem Jahr am eigenen Leibe erfahren müssen. Sie war so unglaublich wütend auf mich gewesen, als ich sie mit Kai in dem Club alleine gelassen hatte, dass sie mich in der ersten Stunde nicht einmal ansehen wollte. Erst als ich ihr alles erklärt hatte, hatte sie sich ein wenig beruhigt. Klar verziehen hatte sie es mir in dem Moment noch immer nicht, doch wenigstens hatte sie mit mir gesprochen und nur das zählte.

Dieses mal jedoch war es anders. Sie war nicht nur wütend auf mich. Ich war enttäuscht von ihr, dass sie mir solche Sachen unterstellt hatte. Aber dennoch wollte ich diese Freundschaft nicht aufgeben. Eine Freundschaft, die mich so lange am Leben hielt.

Und so überwand ich meinen Stolz, sprang ein weiteres mal über meinen eigenen Schatten und stand mit stark pochenden Herzen vor ihrer Wohnungstür. Es war noch immer Sonntag und mittlerweile war es bereits Abend. Aber ich wusste, dass Val zu Hause war. Nicht weil ich von draußen die Lichter in ihrer Wohnung gesehen hatte, sondern weil sie sich Sonntags Abend um sich selbst kümmerte. Sprich: Filme, guter Wein und eine menge Popcorn.

Viele solcher Sonntage hatten wir beide zusammen verbracht. Sahen uns jeden bedenklichen Quatsch an, sprachen über Gott und die Welt, ja sogar über unsere eigenen Wünsche und Sehnsüchte. Einige tiefgründigen Gespräche waren natürlich auch noch dabei gewesen. Doch als ich mit Joshua zusammen war, wurden unsere Abende immer knapper. Bis der Sonntag schließlich nur noch Joshua und mir gehört hatte.

Während ich auf das dunkle Holz der Tür starrte, ergriff mich ein schlechtes Gewissen. Es waren unsere Abende gewesen. Unsere eigene Tradition. Und dennoch hatte ich sie vernachlässigt. Sie war meine beste Freundin, meine Familie, aber ich hatte sie gerade an diesen Abenden alleine gelassen. Bei diesen Gedanken zog sich mein Herz zusammen. Ich musste mit ihr sprechen. Musste mir sicher gehen, dass noch nicht alles verloren war. Also hob ich den Arm und klopfte mit der geballten Faust an.

Kurz herrschte Stille, bis ich schließlich schlürfende Schritte hörte, die sich der Tür näherten und diese kurz darauf geöffnet wurde. Val stand vor mir mit ihren üblichen Pyjama. Also Top und eine lange Schlafhose. Ihre Haare hatte sie zu einem unordentlichen Knoten zusammengebunden und in ihrer Hand hielt sie ein Glas mit Rotwein befüllt.

Gleich als sie mich sah, versteinerten sich ihre Gesichtszüge, was das Ziehen in meiner Brust nicht gerade milderte. Sie sagte kein Wort, begrüßte mich nicht einmal.

Tief atmete ich ein und sah ihr geradewegs in die Augen. >>Es tut mir leid<<, brachte ich schließlich hervor und merkte, wie meine Stimme leicht zitterte.

Noch immer sah sie mich schweigend an, doch dann trat sie einen Schritt zur Seite, sodass der Weg in ihre Wohnung frei war. Am liebsten hätte ich gleich losgejubelt, tat es aber nicht. Stattdessen sah ich sie mit einen dankenden Blick an, ehe ich die Wohnung betrat.

Gleich am Eingang zog ich mir die Schuhe aus und steuerte das geräumige Wohnzimmer an. Derweil hörte ich hinter mir, wie Val die Tür schloss. Kurz sah ich mich, in dem kuschelig eingerichteten Zimmer um, als hätte ich es seit Jahren nicht mehr gesehen. Mein Blick fiel auf die weißen Wände, die mit unzähligen Fotos gepflastert waren. Bilder von ihrer Familie, ihrer Kindheit und Jugend. Bilder von uns.

Until The Sunrise ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt