Kapitel 14

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Das Lichtschwert. Jetzt oder nie. Sonst werde ich in diesem Loch versauern. Diese dummen, naiven Anfänger. Sie wissen gar nichts! Die Rebellion ist tot! Die Schuld liegt bei ihnen. Ihre Prinzipien, ihre Hoffnung, ihr unaufhörlicher Glaube an das Gute – alles Unsinn. Auch die letzten von ihnen werden noch zu Grunde gehen, genauso wie die Erste Ordnung. Ich hasse sie. Diese törichten Rebellen. Rey muss erfahren, dass sie auf dem falschen Weg ist, ich muss sie überzeugen. Rey ...

Tausend Gedanken schwirrten durch Kylo's Kopf. Er musste sich beherrschen, dass er sie nicht herausschrie. Seine Wut war beinahe grenzenlos. Seine Sorge um Rey betäubte ihn. Sein Geist war in Zwei. Er kämpfte mit sich selbst, stärker wie nie zuvor. Er verkrümmte die Finger seiner gefesselten Hände ineinander, verkrampfte fast bei dem Versuch, sich zu beherrschen. Seine Augen waren tiefschwarz.

Poe und Dean packten Ren bei den Schultern, sodass er auf die Knie fiel. „Na wer hat jetzt das Sagen?", gab Poe von sich, als er sich zu ihm herunterbeugte. Plötzlich fiel es ihm ein – das Lichtschwert. Sie hatten es ihm noch gar nicht abgenommen. Poe zog ihn wieder zu sich heran. Kylo war um einiges größer als er, doch die Handschellen ließen Poe das ruckartig vergessen. Ihm war es egal. Er dachte an all die Menschen, die Ren vor seinen Augen erschießen ließ, was er ihm selbst angetan hatte, um an BB8 heranzukommen, welchen Kummer er Leia zugefügt hatte und was er vermutlich noch im Stande war zu tun. Poe war voller Tatendrang und genoss es, ihn zu provozieren. Er war beinahe übermütig. Er tastete Kylo ab, fand das Lichtschwert und nahm es. „Eine bösartige Waffe ...", er wirbelte den Griff des Schwertes umher, als sei es ein Spielzeug. „Ich werde das behalten. Nur um sicher zu gehen.", führte er fort mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Dummer kleiner Pilot. Als ob ich das Schwert brauche ...

Kylo Ren's Geduld war überspannt, er kniff blitzschnell die Augen zusammen und katapultierte Poe mit einem Schlag nach hinten. Er fiel 10 Meter entfernt hart auf und gab ein lautes Stöhnen von sich: „Oaaaar ... da hat der Löwe wohl seine Krallen gezeigt, was?" Er rappelte sich wieder auf, hielt sich den Rücken und schüttelte den Kopf. Gleichzeitig gab er Dean und Rose mit einem Handzeichen den Hinweis, sich von Kylo fern zu halten. Poe versuchte mit einer lockeren Miene den Moment zu entspannen, doch er wusste, dass die Situation sehr gefährlich war. Seine Augen waren Hinweis genug. Das erkannte auch Kylo, der gänzlich unbeeindruckt von seiner eigenen Leistung da stand. Doch innerlich kochte er.

Tu es für Rey. Beherrsche dich ...

Er schrie diese Worte förmlich in seinen Gedanken. Dann ging er einfach los. Er lief langsam auf Poe zu. Poe's Ausdruck verfinsterte sich. Er hielt den Blaster fest in seinen Händen. Er verfolgte sein Gegenüber mit der Waffe. Ren lief geradewegs an ihm vorbei.

Ich lass mich nicht von diesem Idioten umbringen. Ich werde Rey beschützen.

Poe drehte sich um und verfolgte ihn mit überraschten Augen. Ren ging auf den Stützpunkt zu, ohne sich umzublicken. „Ich werde mit euch gehen. Sperrt mich ein, foltert mich – ganz egal, bringt es einfach hinter euch.", rief Kylo über seine Schulter. Er war bereits schon einige Meter von ihnen entfernt. Poe, Rose und Dean tauschten verwirrte Blicke aus: „Rose informiere Leia und die anderen. Sie sollen sich umgehend um Rey kümmern. Wir benötigen eine Zelle oder irgendeinen Raum, den wir abschließen können. Beeil dich!", rief Poe. „Wir kümmern uns um unser neues Haustier!", ergänzte er mit einem teils lustigen, teils skeptischen Blick. Dean und er rannten Ren hinterher und befehligten ihn mit angezogenen Waffen in ein kleines Seitengebäude.

...

Leia war in ihren Sitz gefallen. Sie hielt sich die Stirn. Ihre Augen schwirrten wie wild hin und her, als hätte sie einen Geist gesehen. Da war kein Geist, aber sie hatte einen gespürt, das wusste sie. Sie spürte ihn. Ben. Er war hier. Eine dunkle Macht hatte die Rebellen-Basis heimgesucht. Sie konnte es deutlich spüren. Sie sprang wild auf und lief zur großen Fensterfront des Aussichtsturmes, in dem sie die Zentrale eingerichtet hatten. Sie blickte auf die weite Fläche des Stützpunktes und erblickte das Schiff – dieses schreckliche Schiff. Das Schiff, welches ihr immer wieder Han Solo weggenommen hatte. Das Schiff, welches auch ihren Sohn damals mitgenommen und in die Obhut der Jedi gegeben hatte. Sie hasste und liebte dieses Schiff. Sofort machte sie sich auf den Weg.

...

Finn brachte Rey in einen kleinen Raum des Stützpunktes, den sie in den vergangenen Tagen als Krankenstation eingerichtet hatten. Auf dem Weg dorthin traf er Lieutenant Connix und Kia, eine Neuankömmling. „Helft mir! Sie ist schwer verletzt!" Beide folgten ihm eilig. Ihre Wunde sah schlimmer aus, sie hatte viel Blut verloren und war nicht mehr ansprechbar. Er legte sie auf eine kleine Liege. Blitzschnell nahm er den Verband ab. Finn und Kia säuberten die Wunde und legten ihr einen Neuen an, währen Connix ein kleines, tragbares Beatmungsgerät mit einem Schlauch hereinrollte. Die Sorge um Rey stand Finn ins Gesicht geschrieben. „Rey, Rey! Kannst du mich hören? Du musst wieder zu dir kommen.", mit Schweißperlen auf der Stirn und starren Augen schüttelte er seine Freundin.

Keine Reaktion. Sie war still.

Sofort schalteten sie das Beatmungsgerät ein und legten Rey die Maske auf Nase und Mund. Chewie heulte auf. Man hörte ihn draußen auf den Fluren, obwohl er noch einige Gänge entfernt war. Er kam schnell näher.

Finn's Finger umklammerten Rey's kalte Hand. Er legte seine Stirn langsam auf ihre Schulter. Tränen tropften auf den kalten, grauen Steinboden. „Ich werde ihn dafür bezahlen lassen ...", murmelte Finn in sich hinein.

...

An dem kleinen Nebengebäude befand sich ein betonierter Bunker, ein ehemaliges Waffenlager des Imperiums. Es war vollkommen leer. Alle restlichen Waffen und Munition hatten sie bereits vor Tagen gesammelt und in die Zentrale gebracht. Poe scheuchte Ren vor sich her, der Blaster war die ganze Zeit auf ihn gerichtet. Dean hatte ebenso seine Waffe fest angezogen, doch seine Finger zitterten deutlich mehr.

Kylo blickte kein einziges Mal auf, er sagte auch kein einziges Wort mehr. Seine Arroganz und seine Wut waren verflogen und getrübt. Er ließ sich nicht mehr auf Spielchen mit Poe ein, auch wenn er ihn noch so reizte. Er spürte es.

Rey ...

Er fühlte es in seiner Brust. Sie war bewusstlos. Er versuchte zwanghaft, sie zu erreichen, einen Blick von ihr zu erhaschen, ein Zeichen von ihr zu erhalten.

Doch da war niemand. Sie war fort.

Ihre braunen, großen Augen, die aufgeregten Brauen, während sie sprach, ihre kleine Nase, ihre rosigen Wangen, ihre zarten Hände, ihre fließende Tunika, die sie so umschmeichelte, der Geschmack ihrer Lippen...

Er stellte sich alles im Detail vor und es schmerzte ihn sehr. Doch er konnte sie nicht finden – nirgends, in diesem dunklen Nichts war niemand, kein Licht. Seine Dunkelheit sollte noch einsamer und kälter werden - nämlich genau in dem Moment, als Poe hinter ihm die Tür des Bunkers zuschlug und das schwere Eisentor verschloss.

Balance / Reylo Fanfiction / deutschWhere stories live. Discover now