Kapitel 30

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Nur wenige Sekunden nach ihrem Start hatten sie die Atmosphäre verlassen. Das tiefe Schwarz des Weltalls breitete sich vor ihnen aus. Die Stimmung an Bord war aufgeregt, laut und hektisch. Sie aktivierten die Tarnschilde und begannen ihre Flucht. Niemand war hinter ihnen her. Sie waren allein.

Rey sank zu Boden, sie setzte sich direkt in den Gang, dorthin, wo sie eben noch gestanden hatte. Leia ließ sie los und verfolgte ihre Bewegung mit Sorge: „Was ist mit dir, Rey? Geht es dir gut?" Sie nickte ihr zu, ihre Augen waren geschlossen und ihre Stimme war ruhig: „Ich muss mich konzentrieren." Leia verstand den Hinweis, Rey wollte für sich sein. Sie musste ihre Gefühle verstehen, das, was sie soeben erkannt hatte - die Gefühle für Ben. Sie ließ sie allein und schob Dean und Connix weg.

Dann versank Rey in ihren Gedanken, konzentrierte sich auf das, was wichtig war - ihr Herz, ihr Gefühl, ihr Innerstes.

Ich liebe Ben ...

Sie erzitterte bei dem Gedanken. Sie wusste es schon länger, zumindest hatte ihr Körper es schon länger gewusst. All die Anzeichen, die Hitze und Wärme, wenn sie an ihn gedacht hatte, die Visionen und Träume, ihre Wünsche, das Herzklopfen, wenn sie in seine Augen gesehen hatte – sie waren die ganze Zeit über da gewesen. Und nun waren sie voneinander getrennt, er kämpfte um sein Leben, sie war auf der Flucht. Sie weinte. Die Konzentration war dahin. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie erkannte, was das Schlimmste daran war:

Ich kann ihm nicht helfen ...

Sie versuchte, ihn mit aller Macht zu erreichen, ihn zu sehen. Sie rief sich ihre Küsse in Erinnerung. Die Hitze, die sie gespürt hatte, die kleinen Details, seine dunklen Strähnen, die Narben auf seiner Haut, wie er ihre Finger geküsst hatte – all das kam zurück in ihre Gedanken, sie spürte es auf ihrer Haut.

Der Nebel lichtete sich. Rey sah den blauen und roten Schimmer zuerst. Die Laser bewegten sich aufgeregt hin und her. Die Linien wurden schärfer, dann erkannte sie seinen Körper, seine dunklen Haare, die Porzellanhaut – sie sah es vor sich, sah wie er kämpfte. Seine Bewegungen waren schnell, anmutig und grazil, er bewegte sich wie ein Tänzer hin und her. Seine Gegner konnte sie nicht sehen. Er war im Fokus und er war noch heil, sie musterte jeden Zentimeter, insofern es seine schnellen Bewegungen zuließen. Sie sah keine Wunde, keinen Kratzer. Sie atmete auf.

Aber ihre Finger zitterten, ihre geschlossenen Augen huschten hin und her, als würde sie einen hektischen Traum verfolgen. Doch das war kein Traum – tausende Kilometer entfernt kämpfte Ben um sein Leben und sie konnte nicht mehr tun, als ihm dabei zuzusehen. Mit jeder Sekunde entfernte sie sich mehr von ihm. Sie musste irgendwie bei ihm bleiben. Ihre Gedanken folgten unaufhörlich jedem Schritt, jeder Handbewegung. Seine Augen waren dunkel, voller Wut und Trauer. Es ereilte sie wie ein Fieber, es steckte sie an. Doch sie ließ sich nicht davon einnehmen.

Ihr wurde bewusst:

Ich kann etwas ausrichten. Er braucht mich. Ich kann für ihn da sein, ihm einen Grund geben, siegen zu wollen, stark zu sein, weiterkämpfen zu wollen. Ich kann ihm helfen, zu gewinnen. Ich kann ihm dabei helfen, dass er heil wieder zu mir zurückkommt ... er muss ... sonst ...

Ihr Herz setzte aus. Sie dachte auf einmal wieder an diesen bösen Traum, den Traum im Spiegel. Es versetzte ihr einen heftigen Schlag. Ihre Angst stieg ins Unermessliche. Dann war sie bereit, sie aktivierte alle Energie, die sie aufbringen konnte, alles Licht, alle guten Gefühle und Gedanken, die sie jemals gespürt hatte und schickte sie ihm. Sie stellte es sich vor –

... das blaue Licht strömt aus meiner Mitte, schießt mit Lichtgeschwindigkeit zurück auf den Planeten, direkt in sein Herz ... dort wird es sich einnisten, seinen Körper durchfließen und ihn lenken ... es muss funktionieren ...

Balance / Reylo Fanfiction / deutschWhere stories live. Discover now