Kapitel 16

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Er musste sich setzen. Er lehnte sich an die kahle Mauer seiner Zelle, die Beine von sich gestreckt. Seine dreckigen Füße krallten sich in den steinernen Boden. Lange dachte er über den Nebel nach. Dieser graue Dunst um Rey, den er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Es musste mit ihrer Ohnmacht zusammenhängen. Sie war bewusstlos, Nebel umhüllte ihren Geist. Aber er konnte dennoch zu ihr durchdringen, zwar nicht ganz, aber er hatte sie gesehen ...

Sie ist unendlich weit weg. Ich muss noch stärker werden. Sie zurückholen.

Dieser Gedanke öffnete ihm die Augen. Er hatte es die ganze Zeit nicht bemerkt. Er lehnte an der Mauer, schlug seinen Kopf fest an die raue Betonwand. Seine nassen Locken klebten auf seiner Stirn. Er wischte sich die Strähnen aus dem Gesicht, so als ob er eine Blockade wegwischen wollte. Nun verstand er es.

Als Rey immer schwächer wurde, wurde ich... ,ich wurde immer stärker...

Ihre Macht schien in ihn übergegangen zu sein. Anders konnte er sich es nicht erklären. Sie waren so sehr durch die Macht miteinander verbunden, dass die Stärke des Einen scheinbar zur Schwäche des Anderen wurde. Doch sollte das heißen, dass er seine vollendete Stärke nur dann erreichen und auskosten konnte, wenn Rey nicht mehr existierte. Die Möglichkeit, dass die sterbende Rey immer größere Macht für ihn bedeuten sollte, wollte er nicht wahrhaben. Er konnte es nicht glauben.

Nein, das kann nicht sein. Sie muss leben. Ich werde das nicht zulassen!

Er schloss erneut die Augen, stocherte in seinen Gedanken nach Bildern. Er fand das, was er brauchte, um Rey erreichen zu können. Er konzentrierte sich auf ihren Körper, ihren Geist und ihre Seele – er stellte sie sich in einem grün-blauen, leuchtenden Schimmer vor.

Ja, das ist sie. Sie ist wie die Hoffnung.

Da war sie wieder. In seinem kleinen Reich erschien ihm erneut die Liege. Rey war wieder allein in ihrem Zimmer. Ren saß immer noch an der Mauer. Er betrachtete sie, jeden Zentimeter. Einige Momente, wenn nicht sogar Tausende, vergingen, bis er sich traute etwas zu sagen:

„Rey ... du hattest Recht. Weder die Erste Ordnung, noch der Widerstand können die Galaxis jetzt noch retten. Das einzige, was die Galaxis retten kann, ist Liebe..."

Seine letzten Worte verstummten fast, so leise und sanft hatte er sie ausgesprochen. Er war still, sagte keinen Ton mehr. Er schloss die Augen und wollte nur noch bei ihr sein.

Mit einem Mal öffneten sich ihre Augen. Sie blinzelte. Das hereinscheinende Sonnenlicht verlieh ihrem Blick einen hoffnungsvollen Glanz. Sie nahm die Maske ab und drehte sich zur Seite, um genau zu erkennen, wo sie sich befand. Ihr Körper schmerzte nahezu überall, doch das hielt sie nicht davon ab. Sie sah zur Seite und da saß Ben. Sie musterte ihn blitzschnell. Betrachtete jeden, noch so kleinen Kratzer. Er war dreckig, trug nur noch Hemd und Hose, war barfuß und schien unendlich traurig zu sein. Seine Augen waren geschlossen. Er sah erschöpft aus.

Was ist mit ihm passiert?

In ihrem Kopf drehte sich alles. Sein Anblick bereitete ihr ein Stechen in der Brust, welches schmerzvoller war als ihre Wunde:

„Ben ...?", flüsterte sie.

Er riss seine Augen auf und blickte ihr direkt ins Herz. Sein Gesicht strahlte. Der Schweiß, der Dreck und das Blut an seinen Händen, die vielen kleinen Kratzer – alles wurde von diesem Strahlen überlagert. Er war glücklich.

„Was ist passiert? Wo bin ich?", fuhr sie aufgeregt fort. Ben stand bereits und ging zielstrebig auf sie zu: „Ich bin so froh ...", konnte er noch sagen, bevor er etwas hörte.

Balance / Reylo Fanfiction / deutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt