Chapter 8

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Diesmal starrten uns nicht mehr so viele Schüler an wie in der ersten Pause, als wir zusammen die Cafeteria betraten. Ich sah, wie meine Freunde sich zu uns umdrehten, allerdings schien keiner sich zu wundern, dass ich erst jetzt hier war, anscheinend hatte Ian ihnen schon erzählt, dass ich wieder von Jake am Klassenraum abgeholt worden war.

Jo sah erst ein wenig verwirrt aus, als ich mich nicht auf den Weg zu ihnen machte, sondern an der Seite von Jake auf dessen Clique zuging. Ich würde es ihnen später erklären, beziehungsweise war ich mir eigentlich sicher, dass sie es verstehen würden. Meine Freunde waren echt die besten.

Jakes Clique bestand - ähnlich wie unsere - aus vier Jungs und fünf Mädchen, Jake nicht mitgezählt. Dieser hatte mir zwar alle vorgestellt, aber um ehrlich zu sein, hatte ich die Namen leider schon kurz nachdem er sie mir genannt hatte vergessen. Hoffentlich wurde das nicht noch peinlich für mich, ich hatte leider die Fähigkeit, mich ziemlich häufig in den unpassendsten Momenten zu blamieren.

Das Gespräch mit Jakes Freunden verlief nicht so unangenehm für mich wie das mit meinen Freunden, da keiner von ihnen hinterfragte, weshalb Jake und ich „zusammen" waren. Sie freuten sich offensichtlich und klopften Jake auf die Schulter, während die Mädchen mir zulächelten. Generell hätte ich nicht gedacht, dass sie so normal und überhaupt nicht arrogant auf mich wirken würden.

Als einer der Jungs mich jedoch ziemlich aufmerksam und ausführlich musterte und sich dann mit einem „Sie ist hübsch" an Jake wandte, ballte dieser eine Hand zur Faust, während er mit der anderen nach meiner Hand griff.

„Dylan", sagte er beinahe drohend, während er ihn mit Blicken durchbohrte und ich einfach nur da saß, ohne recht zu wissen, was ich tun sollte. Dylan - anscheinend der Typ, der mich hübsch genannt hatte - hob beschwichtigend die Hände.

„Hey, ich habe doch nichts gemacht." Jake sah das offenbar nicht so, aber entspannte sich nach einiger Zeit wieder etwas und erwiderte mein leichtes Lächeln, wenn auch etwas verkrampft. Ich fragte mich, warum er überhaupt so reagiert hatte, da ich ja nicht wirklich seine Freundin war. Klar, seine Freunde sollten denken, ich sei es, und ich mochte es nicht wirklich, so genau von oben bis unten angestarrt zu werden, aber trotzdem wusste ich immer noch nicht, wie ich reagieren sollte.

Wir saßen ungefähr die Hälfte der Pause bei Jakes Freunden und ich unterhielt mich mit ein paar der Mädchen (ich glaube, sie hießen Dana und Hayley) echt gut, aber nach einiger Zeit drehte ich mich wieder zu Jake und erklärte ihm, dass ich auch nochmal zu meinen Freunden gehen wollte. Jake nickte und lächelte mir leicht zu, während ich mich von Jakes Clique verabschiedete und vom Tisch aufstand, nachdem ich nach meiner Tasche gegriffen hatte.

Als ich mit dem Rücken zu Jakes Tisch auf meine Freunde zuging, hörte ich noch leise, wie ein paar der Mädchen sofort begannen, miteinander zu reden, aber ich machte mir nichts draus. Falls sie schlecht über mich redeten, war mir das wirklich egal, aber andererseits würde ich mit meinen Freunden auch ein wenig tratschen, sollte einer der Jungs aus unserer Clique plötzlich eine Freundin anschleppen.

Als ich am Stammtisch von mir und meinen Freunden ankam, grinsten sie mir ungelogen alle total neugierig entgegen, selbst der misstrauische, ungläubige Blick aus Jos Augen war verschwunden und hatte ihrer Neugier Platz gemacht. Und Jo konnte sehr, sehr neugierig sein.

„Erzähl", forderte sie mich auf, sobald ich mich neben sie auf einen Stuhl gesetzt hatte. „Wo warst du, bevor ihr in die Cafeteria gekommen seid? Sind seine Freunde okay oder solche Angeber, wie wir immer dachten?" Unwillkürlich begann ich zu grinsen, manchmal war ihr Enthusiasmus für die kleinen Dinge im Leben echt ansteckend.

„Nirgendwo. Er hat mich nur vom Unterricht abgeholt und wir haben ein bisschen geredet." Jo sah mich mit hochgezogenen Augen an, anscheinend dachte sie, wir hätten in irgendeinem Gang rumgeknutscht. Bei der Vorstellung, mit meinem Fake-Freund Jake Stewart rumzumachen, wurde mir beinahe übel, die Situation wäre einfach zu absurd. Ich beachtete ihren Gesichtsausdruck also so wenig wie möglich und sprach weiter.

„Um ehrlich zu sein, sind die ganz in Ordnung, denke ich. Sie kamen jetzt auf Anhieb nicht so arrogant rüber, allerdings mag ich den Blonden in der Gruppe nicht. Der heißt Dylan und ist einfach ein typischer Macho."

„Hmm", machte Jo und auch Sarah drehte sich - zum Glück unauffällig - in die Richtung von Jakes Clique um. Sie waren wahrscheinlich weniger verwirrt davon, dass ich Jake nicht mochte, als von der Tatsache, dass ich die meisten aus Jakes Clique als okay beschrieben hatte. Ich konnte die beiden verstehen, nie hätte ich gedacht, dass ich einmal mit den Leuten, die ich eigentlich nicht mochte, an einem Tisch sitzen würde.

Ich schaute in die Runde und las den Gesichtern der Jungs ab, dass sie keine Ahnung hatten, wie sie reagieren sollten. Gespräche wie das, was ich mit Jo gerade führte, waren nun mal typische Mädchengespräche, kein Wunder, dass keiner von ihnen mitreden wollte.

Als nach kurzer Zeit wieder der Gong ertönte, der das Pausenende signalisierte, brach ich mit Jo zum Kunstraum auf und sah, wie Jake mit seinen Freunden in die andere Richtung zum Unterricht ging. Die Zeit während Kunst verging wie im Flug, da wir Musik hören durften, während wir eine Skizze von den drei für uns am wichtigsten, materiellen Gegenständen in unserem Leben anfertigen sollten.

Durch das Musikhören verging aber nicht nur die Zeit schneller, sondern ich konnte mich auch schon wieder einer Befragung von Jo entziehen. Wir hatten uns zwar für den nächsten Tag nach der Schule verabredet, wo ich keine Ausrede mehr haben würde, ihren Fragen auszuweichen, aber ich hoffte, bis dahin doch noch einmal in Ruhe mit Jake sprechen zu können.

Da aber die 2 Unterrichtsstunden nach Kunst für mich ausfielen, weil unsere Lehrerin krank war, wurde mir klar, dass ich wieder nur morgen in den Pausen zwischen dem Unterricht Zeit haben würde, Jake noch einmal zu konfrontieren. Ich seufzte leise, da ich mir anscheinend doch hauptsächlich alleine einen Plan ausdenken musste, was ich Jo sagen würde.

Nach demUnterricht verabschiedete ich mich schnell von Jo und meinen Freunden, ehe ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle in der Nähe der Schule machte. Da ich kein eigenes Auto besaß und Jo noch Unterricht hatte, musste ich wohl oder übel mit dem Bus fahren, doch als ich gerade den Schulhof überquerte, hörte ich hinter mir eine Stimme „Claire, warte!" rufen und drehte mich zu Jake Stewart um, der auf mich zueilte.    

PretendingWhere stories live. Discover now