Chapter 19

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Am nächsten Morgen war wieder Jake derjenige, der mich abholte und nicht Jo. Dieses Mal war ich aber zum Glück früh genug aufgestanden und musste mich nicht so hetzen. Etwas mehr Zeit als eigentlich nötig hatte ich dann aber doch verbracht, als ich vor meinem Kleiderschrank gestanden und überlegt hatte, was ich denn anziehen sollte.

Natürlich war heute ein nicht besonderer Schultag wie jeder andere, aber immerhin wollte Jake mich seinen Eltern vorstellen und da wollte ich doch einen guten Eindruck machen. Auch wenn ich nicht genau wusste, wieso ich das wollte, immerhin waren Jake und ich ja nicht wirklich zusammen oder so.

Im Endeffekt hatte ich mich dann doch einfach für meine dunkelblaue Lieblingsjeans und ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift On my way to Wonderland entschieden. Klassisch und schlicht, aber ein wenig elegant. Ich hatte mich sowieso als ich später im Badezimmer vor dem Spiegel stand selbst verflucht, weil ich auf einmal darüber nachdachte, was Jake und seine Eltern denn von mir halten würden.

Den Gedanken schüttelte ich dann aber schnell ab, als ich hinter Jake auf seinem Motorrad saß und die Fahrt genoss. Viel zu schnell kamen wir schon wieder an der Schule an und ich stieg von seinem Motorrad. Nach den zwei Fahrten gestern (zur Schule hin und zurück) und der heute hatte ich auch endlich raus, wie man den Verschluss meines Helmes löste.

Jake starrte mich an, als ich ihm mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht beinahe stolz den Helm, den ich immer benutzte, entgegenstreckte. Er nahm ihn stumm an und legte nachdenklich den Kopf schief.

„Was ist?", fragte ich und fuhr mir mit den Händen über die Haare. „Ist meine Frisur ruiniert?"

Jake erwachte aus seiner Starre und schüttelte schnell den Kopf. „Nein, nein, alles gut. Deine Frisur ist nicht ruiniert, ich habe nur über etwas nachgedacht."

„Aha", machte ich und zog das zweite a so in die Länge, dass Jake klar sein musste, dass ich auf eine Erklärung wartete, aber er sagte trotzdem nichts. Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich gemeinsam mit ihm dem Schulgebäude zu.

Auch heute in der Pause saß Tyler wieder bei uns, diesmal allerdings direkt neben Lauren und Jake und ich mussten grinsten, als wir uns vielsagend ansahen.

„Ich wette, dass die Beiden noch vor Marc und Jo zusammen kommen", flüsterte ich ihm so zu, dass auch wirklich nur er meine Worte verstehen konnte.

„Hmmm", machte Jake und warf einen Blick in Richtung Marc, der Jo gerade irgendetwas Witziges erzählte, jedenfalls lachte sie glücklich. „Ich halte dagegen." Ich grinste.

„Okay. Der Gewinner darf nächste Woche aussuchen, welche Filme geguckt werden." Kurz verrutschte mir mein Gesichtsausdruck nachdem ich das gesagt hatte, weil ich ja gar nicht wusste, ob Jake und ich uns öfter treffen würden als unbedingt nötig, aber Jake schien es nicht zu merken und grinste.

„Abgemacht."

„Was redet ihr zwei denn da?", fragte Sarah auf einmal neugierig und auch die anderen sahen uns an.

„Nichts", brachte ich schnell heraus, doch ich sah meinen Freunden an, dass sie mir natürlich nicht glaubten. Kein Wunder, erstens konnte ich nicht lügen und zweitens war es ziemlich offensichtlich, dass wir nicht über nichts geredet hatten.

Jake merkte wohl auch, dass uns immer noch alle anstarrten und sagte auch etwas. „Ich habe sie gerade nur damit aufgezogen, dass sie gestern auf meiner Schulter eingeschlafen ist."

„Jake!", rief ich empört aus und wurde prompt rot. Es war mir immer noch peinlich, dass ich mitten während eines Films eingeschlafen war und mir dann auch noch die Schulter meines Fake-Freundes als Kissen ausgesucht hatte.

Die anderen lachten über meine Reaktion und nach ein paar Sekunden musste ich auch grinsen. Irgendwie war es ja schon lustig.

„Du bist echt gut", raunte ich Jake unter meinem Lachen zu und an dem Blick, den er mir zuwarf, konnte ich sehen, dass er wusste, was ich meinte. Er wusste einfach immer, was er sagen musste, um die anderen glauben zu lassen, wir wären wirklich zusammen, obwohl er nie darüber nachdachte, sondern einfach spontan war.

Die Pause war im Endeffekt viel zu schnell vorbei und die Unterrichtsstunden, die danach folgten, zogen sich dafür umso länger. Als es dann doch endlich zum Schulende gongte, raffte ich schnell meine Sachen zusammen und machte mich mit Toby - mit dem ich gerade Unterricht gehabt hatte - auf den Weg zu den Parkplätzen. Jo wusste schon Bescheid, dass ich mit zu Jake fahren würde und hatte mir mal wieder angedroht, dass ich ihr alles würde erzählen müssen.

Ich verabschiedete mich letztendlich am Parkplatz von Toby und ging zu Jakes Motorrad hinüber, an dem er schon mit meinem Helm auf mich gewartet hatte. Während der Fahrt achtete ich dann darauf, wo wir hinfuhren, denn es interessierte mich schon, wo Jake denn genau wohnte. Im Endeffekt hielten wir an einem großen Haus, das nur zwei Straßen von Jos zuhause entfernt war. Das Haus gefiel mir. Auch wenn es - genau wie das Haus meiner Familie - ziemlich groß war, wirkte es hell und freundlich und durch die bunten Blumen im kleinen Vorgarten auch sehr einladend.

Ich hatte mich den ganzen Schultag über davon überzeugt, dass es keinen Grund gab, nervös zu sein, merkte ich jetzt doch, wie mein Herz ein wenig klopfte, als wir vor der Haustür standen und Jake seinen Schlüssel heraus kramte.

„Hey", meinte er und sah mich an. Er hatte meine Unsicherheit wohl doch bemerkt, auch wenn ich sie so sehr verstecken wollte. „Sie werden dich mögen", sagte er und ich versuchte, zuversichtlich zu schauen. Jake lächelte leicht.

Er schloss die Tür auf, griff nach meiner Hand und zog mich dann nach ihm ins Haus hinein, sodass ich gar keine Zeit mehr hatte, weiter über die Situation nachzudenken.

PretendingOù les histoires vivent. Découvrez maintenant