Chapter 26

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Ich ließ mich oben angekommen auf mein Sofa fallen und auch Jake setzte sich neben mich darauf.

„Also, du hast gemeint, dass ich irgendwie immer arrogant gewirkt habe?" Ich biss mir auf die Lippe, nickte aber. Ich war mir doch nicht mehr sicher, ob es eine so gute Idee gewesen war, Jake darauf anzusprechen.

„Naja, ich muss wahrscheinlich ganz am Anfang anfangen. Vor circa 1 ½ Jahren oder so gab es da dieses Mädchen, Emily. Sie war nicht meine feste Freundin, sie war eher wie eine kleine Schwester für mich. Manche meiner Freunde haben unsere Freundschaft allerdings nicht verstanden, sie verstanden einfach nicht, warum wir nicht zusammen waren. Uns beide hat das eigentlich nie gestört, wir waren der Meinung, dass die doch denken sollten, was sie wollten. Allerdings hat einige Zeit später einer von ihnen – Dylan, der Typ, der auch dich letztens hübsch genannt hat – angefangen, ihr schöne Augen zu machen. Er war schon immer ein Player gewesen, also habe ich sie vor ihm gewarnt und am Anfang schien es auch so, als würde sie meinen Rat schätzen und ernst nehmen, aber naja, Dylan kann ziemlich charmant und charismatisch sein, wenn er möchte. Also hat sie seinem Werben irgendwann nachgegeben und ist mit ihm zusammengekommen. Ich hatte wie gesagt meine Bedenken bei Dylan, aber er schien doch wirklich etwas für Emily zu empfinden und ich freute mich für sie. Das Problem war nur, dass das alles kein gutes Ende nahm. So perfekt die Beziehung von Dylan und Emily am Anfang auch ausgesehen hatte, ich hatte Recht behalten mit meiner Meinung über Dylan. Er war nur mit Emily zusammengekommen, um letztendlich mit ihr schlafen zu können und hat dementsprechend sofort mit ihr Schluss gemacht, als er sein Ziel erreicht hatte. Sie hat ihn aber echt geliebt und sein Verhalten hat ihr das Herz gebrochen."

Jake seufzte und stockte dann kurz, aber mir war klar, dass er noch nicht ganz fertig mit seiner Schilderung der Ereignisse war, deswegen sagte ich noch nichts und Jake sprach nach kurzer Zeit weiter.

„Noch schlimmer als die Tatsache, dass er sie nur benutzt hat, ist aber, dass er es auch noch geschafft hat, alles so zu drehen, als wäre sie diejenige gewesen, die ihn total schlecht behandelt und nur benutzt und betrogen hatte. Aber glaub mir, so war es nicht. Das hätte erstens nicht zu ihr gepasst und außerdem hat Emily mir erzählt, was wirklich passiert ist. Das war, kurz bevor sie mit ihren Eltern weggezogen war. Eigentlich war sie immer gegen den Umzug gewesen, weil sie nicht von hier wegwollte, aber nach dem Dilemma mit Dylan und allen anderen Schülern, die Emily nun verabscheuten, war sie nur glücklich, dem allen entfliehen zu können. Ich glaube, ich bin die einzige Person, der sie die Wahrheit gesagt hatte. Naja, jedenfalls ist das der Grund, weshalb ich mir dieses Badboy-Image geschaffen habe. So wirke ich fast immer unnahbar und ich weiß auch nicht genau, irgendwie hat mir das geholfen, mit dieser ganzen Sache klar zu kommen."

„Wow", machte ich leise. Ich war mir nicht sicher gewesen, was ich als Antwort auf meine Frage erwartet hatte, aber das war es definitiv nicht gewesen. Ich wusste gar nicht, was ich jetzt sagen sollte, also starrte ich Jake einfach nur sprachlos an.

„Ziemlich krass, hmm?", fragte er und ich nickte. Krass, das war es in der Tat.

„Ich habe doch noch eine Frage", meinte ich dann allerdings doch nach kurzer Zeit.

„Schieß los."

„Warum ist Dylan immer noch bei euch in eurer Clique? Warum hast du nicht dafür gesorgt, dass deine Freunde die Wahrheit erfahren und herausfinden, wie Dylan nun wirklich tickt?"

„Ich habe mir gedacht, dass es mir nicht zusteht, Emilys Geschichte zu erzählen. Es stände nur ihr zu und sie war ja weggezogen und hatte mit uns nichts mehr zu tun."

„Sie hatte gar nichts mehr mit euch zu tun? Du hattest auch keinen Kontakt mehr zu ihr?" Jake schüttelte mit einem wehmütigen Ausdruck auf dem Gesicht den Kopf.

„Zuerst schon noch, immerhin waren wir beste Freunde gewesen, aber irgendwann hat sie in der neuen Stadt auch neue Freunde gefunden und der Kontakt zu mir hat sie immer mehr an das erinnert, was sie ja eigentlich hinter sich hatte lassen wollen. Ich kann es ihr nicht einmal verdenken, obwohl ich natürlich ziemlich enttäuscht gewesen war, als unsere Freundschaft dann auch immer mehr auseinandergebrochen war."

„Wow, Jake. Das tut mir echt total leid. Ich weiß gerade echt gar nicht, was ich denn sagen soll."

„Das muss dir alles nicht leidtun. Du kannst ja nichts dafür."

„Ich weiß. Aber ich wünschte nur, Dylan wäre nicht eine so asoziale Person. Das, was er Emily angetan hat, ist echt das Allerletzte. Niemand, wirklich niemand, verdient es, so behandelt zu werden."

„Das stimmt. Aber jetzt verstehst du vielleicht auch, warum ich so total verteidigend und genervt reagiert habe, als er dich hübsch genannt hat. Das hat mich wieder an Emily und wie er sie benutzt hat erinnert."

„Kann ich wirklich verstehen. Ich hatte mich zwar zuerst kurz gewundert, aber jetzt macht natürlich alles Sinn."

„Okay gut." Damit war unsere Unterhaltung über Emily und den Grund für Jakes Arroganz erst einmal beendet, aber wir unterhielten uns noch ein wenig weiter über andere Sachen, bis Jake schließlich beschloss, nach Hause zu fahren. Ich brachte ihn noch nach unten zur Tür und beobachtete ihn nachdenklich, während er seine Jacke anzog.

„Jake?", fragte ich, als er nach seinem Motorradhelm griff.

„Ja?", sagte Jake und hielt inne, um mich anzusehen.

„Danke, dass du mir das mit Emily erzählt hast. Erstmal verstehe ich dich jetzt noch besser und das bedeutet mir echt was, dass du so total offen mit mir geredet hast." Jake lächelte leicht.

„Gerne. Ich bin froh, dass ich mit dir darüber reden konnte. Und ich finde es gut, dass du mich einfach darauf angesprochen hast." Jetzt lächelte ich. Ich bezweifelte, dass Jake sich mit allen seinen Freunden so offen unterhielt.

„Na dann... bis Morgen, Claire. Ich hole dich dann vor der Schule wieder ab." Mit diesen Worten trat Jake einen Schritt auf mich zu, umarmte mich kurz, verschwand dann durch die Tür aus dem Haus und ließ mich total fassungslos und verwirrt im Flur zurück.

PretendingWhere stories live. Discover now