|∆|Kapitel 40|∆|

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Die Träne, die sich bei der Erinnerung auf den Weg aus meinem Auge machte wischte ich mit dem Zeigefinger weg.

Langsam schritt ich auf ihn zu und setzte mich neben ihn auf das Bett. Ich zog meine Beine über die Bettkante nach oben und hielt sie angewinkelt mit dem Armen  fest.
"Warum bist du eigentlich wirklich hier?", fragte ich meinengroßen Bruder.  "Es tut mir so Leid Zoe. Ich kann es nur nicht ertragen, wenn wir uns streiten, das konnte ich noch nie.", das war tatsächlich so. Früher hatte er immer, wenn ich wütend auf ihn war ein Eis aus der Eisdiele die Straße runter geholt und es mir gebracht und dann war die Sache gegessen und das Eis ziemlich schnell  auch.

Aber heutzutage ging so etwas nicht mehr nur mit einem Eis weg. Es wäre schön, wenn es so wäre, dann hätte ich jetzt ein Joghurteis in der Hand und alles wäre gut und ich glücklich.

Ich wurde aus meinen Gedanken über ein leckeres Eis geholt, als Eric seine große Hand um meine legte. Ich schaute zuerst auf seine Hände und ihm dann in die Augen.
Auch bei ihm hatten sich schon Tränen gebildet, die mit dem nächsten Wimpernschlag zum fallen gebracht werden konnten.

Wie im Kino starrte ich begeistert seine Augen an und tatsächlich beim nächsten mal blinzeln lief ein salziges nass langsam seine Wange herunter. Aber er machte sich erst gar nicht die Mühe sie verschwinden zu lassen, also blieb sie da so sitzen wie zuvor auch schon und glänzte im Licht.

Wie bei einem Kind, dem man etwas wegnehmen will, ohne dass es es merkt, zog ich langsam meine Hände weg und machte dieses einsame Teil auf seiner Wange endgültig weg.

Mit Daumen und Zeigefinger hob ich sein Kinn hoch, sodass er mir wieder in die Augen sah.

Jetzt wusste ich auch, warum Jungs das immer taten. War irgendwie cool und gab einem eine gewisse Kontrolle.

In diesem Moment war der ganze Zorn von gestern. Die ganze Trauer der vorherigen Jahre weg. Ja. Wir hatten uns noch nicht richtig ausgesprochen, aber aller Anfang ist schwer und wir hatten ja noch die  Zukunft, um das zu tun.

"Ich verzeihe dir.", seine Augen  leuchteten sofort so hell wir die Sonne auf. Auch mein kaltes Herz spürte eine Wärme, die mir vor so vielen Jahren gestohlen wurde,  als er mich in eine Umarmung zog und den Anschein machte, als ob er mich nie wieder loslassen wird.

"Danke Zoe. Du wirst es nicht bereuen. Ich werde alles geben, um wieder dein Held sein zu können.", das strahlen in seinen Augen verschwand für einen Bruchteil einer Sekunde und war noch stärker, als ich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen zu ihm schaute.

"Warum bist du eigentlich gegangen?", kam es fast ungewollt aus meinem Mund heraus. Konnte ich nicht einfach mal meine Fresse halten?! Wie wäre es mit Denken bevor sprechen?! Ich hab den Moment komplett zerstört!

"Schon okey Zoe", er muss meinen nachdenklichen Blick bemerkt und richtig verstanden haben.

"Das  ist eine lange Geschichte. Aber ich kann sie dir erzählen, wenn du es wirklich willst.", ich nickte ernst.

" Es war damals. Schon vor Mom's Tod war ich öfters weg wie du wahrscheinlich bemerkt hattest. Ich war zwar noch ziemlich Jung, aber ich war ein Rebell. Wollte nicht auf unsere Eltern hören, also hab ich es auch nicht gemacht. Nachdem Mom dann weg war. Also begraben. Ich konnte einfach nicht mehr nach Hause. Dieses Haus nicht mehr betreten. Alles hat mich an sie erinnert. In jeder Ecke des Hauses hatte ich eine Erinnerung an sie gefunden, ob es in meinem Zimmer war, oder im Waschraum, wo ich ihr als Kleinkind beim Wäsche waschen zu gesehen hatte. Es war zu schmerzvoll für mich!", er raufte sich angespannt durch die Haare. "Und ja. Du warst da und ich hätte dich nicht alleine lassen sollen, doch konnte ich das ganze nicht mehr aushalten und einerseits tut es mir unendlich Leid, aber die andere kleinere Seite war froh, anders den Tod zu verkraften. Wo anders den Tod zu verkraften."

Er spielte nervös mit seinen Fingern.

"Mach dir keine Sorgen. Mir ging es gut.", versuchte ich im ehrlich zu verklickern.   "Das ist es ja Kleine, ich glaube es dir nicht."

Und mit diesem Satz stand er auf. Drehte sich für einen kleinen Moment vor der Tür ein weiteres mal zu mir um und sagte: "Nächste Woche komm ich wieder. Wenn du willst kannst du mir dann ja mehr über dich erzählen."

Und  mit diesen Wirten verschwand er und lies mich für heute alleine.

Eric's PoV

Die frische Luft umhüllte mich wieder und ich zog die Jacke enger um meinen Körper.
Aus der rechten Jackentasche zog ich eine Packung Zigaretten raus. Schaute sie mir nachdenklich an und schob sie wieder da hin, wo sie waren.

Zoe ging mir nicht aus dem Kopf. Ich hatte doch ihre Narben gesehen, als sie nur das Handtuch um hatte, und diese kommen nicht von alles ist gut. Ich will sie nicht leiden sehen und nicht sehen, dass sue sich verletzt.

Ohne weitere Umschweife fuhr ich zu einem meiner besten Freunde um ihn nach Rat zu fragen.

Die Fahrt auf meiner Maschiene half mir wieder einen klaren Kopf zu bekommen und so versuchte ich mich einfach mal aufs nix zu konzentrieren, den gleich werde ich mir diesen noch zerbrechen und wenn nicht gleich, dann spätestens heute Abend, wenn ich in meiner Wohnung alleine in meinem Bett liege und alles ruhig ist.
Denn dann kommen sie, die Gedanken, die man versucht zu verdrängen.

Nachdem ich gekligelt hatte dauerte es wie immer einen Moment, ehe ein verschlafener Jayden die Tür öffnete.

"Hey, Eric, was machst du so früh hier?", fragte er rau.
"Dude, es ist 18 Uhr."     "Ohh. War gestern Feiern. Komm rein. Kaffee?", bot er mir in wenigen Sätzen an.

"Ja, danke.", ich quetschte mich an dem Fettsack vorbei und lief schon einmal voraus in die Küche und schaltete die Kaffemaschiene für uns beide ein.
Jayden kam mir langsam und müde nachgetrottet.

"Also, Eric, was verschafft mir die Ehre un diese Uhrzeit?", spaselte er herum.

"Zoe.", war das einzigste, was ich bis jetzt raus brachte und ging erst gar nicht auf seinen Versuch einen Witz zu starten ein. "Ahh, habt ihr euch wieder vertragen oder seid ihr immer noch zerstritten?", wollte er sichtlich interessiert und plötzlich hell wach wissen.   "Streit nicht, aber vertragen glaub ich auch noch nicht ganz. Aber darum ging es mir auch gar nicht. Weist du, was mit ihr los ist? Sie hat an ihren Armen und Beinen überall Narben und ich verstehe es einfach nicht.", ich verstand es wirklich nicht. Sie musste doch ein gutes Leben gehabt haben.

Jayden seufzte auf und setzte sich auf einen der Barhocker. "Junge. Mir ist es doch auch  aufgefallen. Ist ja auch ziemlich offensichtlich. Und es ist nicht nur mir, sondern auch den anderen Jungs schon aufgefallen, aber sie will keinen Kontakt mehr mit mir haben. Tut mir Leid."

Er holte sich eine Tasse des schwarzen Koffeingetränks und dann ließen wir das Thema ersteinmal sein und gingen hoch zocken.




The girl behind the maskWhere stories live. Discover now