Wiedersehensfurcht

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Lens POV

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Nevis unterwürfig den Kopf einzog. Als Werwolf sollte ihn diese Art der Willensübertragung eigentlich nicht beeinflussen, doch der Raum war klein und ich hatte gleichzeitig zwei Herrschaftsspiele am Laufen. Er merkte, wie sich das Machtverhältnis zwischen uns verteilt hatte.

"Was denkst du?", fragte ich freundlich und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den halben Metamorphen. Der Doppelklang meiner Stimme drückte selbst mir bereits in den Ohren, sodass es mich wunderte, wie er immer noch aufrecht stehen konnte. Ich schob es auf den Anteil an Vampirblut. Doch trotz allem konnte man nicht so einfach seine echte Blutlinie in einer Ecke des Bewusstseins verschanzen.

"Hm? Was denkst du?" Ohne den Blick von seinen ausdruckslosen, grauen Augen zu lösen, neigte ich leicht den Kopf, sodass mein Kinn Richtung Boden deutete. Die Geste hätte nicht deutlicher und auffordernder sein können.

"J-ja, . . . Alpha.", stieß er geschlagen hervor, gab meiner Andeutung nach und sank auf die Knie zum Zeichen seiner Untergebenheit.

"Das freut mich.", schnurrte ich freundlich und flocht eine Woge Dankbarkeit in die nächste Machtwelle ein, bevor sie über Willas' schmächtige Schultern hinwegrollte. So wie es aussah, brauchte ich mir gar nicht die Mühe machen, seinen Geist bis zur Willenlosigkeit zu besetzen. Ich konnte einfach die Alpha-Karte gegen ihn ausspielen.

Nun richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf beide.

"Hört zu ihr beide: Ich möchte, dass ihr uns ein wenig unterstützt." Meine Hand streckte sich jetzt Nevis entgegen, der sofort verstand und die Flasche mit unserem Serum aus dem Rucksack holte. Dankend mit dem Kopf nickend nahm ich sie entgegen. "Seht ihr das hier? Das ist ein Geschenk für euch."

Ich zeigte ihnen die Flasche und öffnete den Deckel. Der goldene Farbton der Flüssigkeit glich dem im Kessel, sodass niemand auch nur auf die Idee kommen könnte, dass es sich bei der Wirkung dieses Tranks um genau das Gegenteil handelte, was die Hybriden mit ihrem Tagwandlerserum anstrebten.

"Ich kann euch leider nicht sagen, was es ist. Das versteht ihr doch sicher, nicht wahr? Das würde doch nur die Überraschung verderben." Ich zwinkerte ihnen zu, verlor aber nicht den mahnenden Ausdruck in meinen Augen. Er würde sie davon abhalten, weitere Fragen zu stellen. "Ist das nicht gütig von mir?"

"J-ja, Alpha.", presste Willas hervor und Ronnet nickte nur stumm mit halbgeschlossenen Augenlidern. Er schien nicht einmal zu sehen, worüber ich sprach. "Wir werden unser Bestes geben, um Ihnen zur Seite zu stehen."

Schon ein wenig beeindruckt von seiner Stärke, mir immer noch antworten zu können, nickte ich leicht mit dem Kopf und sandte eine weitere Welle aus, die ihn betörend umspielte.

"Nun gut, dann hört mir genau zu."

Ich gab ihnen die Aufgabe, zuerst den gesamten Inhalt des Kessels in eines der zwei Waschbecken zu gießen, die jeweils auf der linken und rechten Wandmitte des Raumes angebracht waren. Während Ronnet dies tat, entleerte Willas die bereits gefüllten Flaschen in dem jeweils gegenüberliegenden Ausguss, spülte sie aus und kam dann zurück. Der ebenfalls bereits ausgewaschene Kessel wurde von Ronnet zurück auf den Tisch gestellt und Nevis machte sich sofort daran, den Inhalt unserer mitgebrachten, durch Magie erweiterten Flasche hineinzukippen.

"Wir werden jetzt alle zusammen, den Inhalt meines Geschenks in diese Flaschen füllen.", erklärte ich ruhig, obwohl mir innerlich gar nicht so zumute war. Die Zeit wurde knapp und wir hatten noch nicht einmal damit begonnen, das Serum zu verteilen.

"Wenn wir damit fertig sind, möchte ich, dass ihr zusammen mit Nevis die Flaschen wie besprochen unter eure Leute bringt. Zu Akaya wird kein Wort gesagt, ich möchte sie mit der Wirkung dieses besonderen Tranks überraschen, verstanden?" Der Doppelklang in meiner Stimme steigerte sich zu einem neuen Höhepunkt. "Sie kann sich nach eurem Sieg persönlich bei mir bedanken."

Mein neues IchWhere stories live. Discover now