Tag eins -Verborgen in der Dunkelheit

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"Morgen", brummte Len, als ich gerade mein Müsli in eine Schüssel schüttete.

"Gut geschlafen?"

"Wie man's nimmt." Er setzte sich stöhnend an den Küchentisch.

"Was ist unser Plan heute?", erkundigte ich mich und schob mir den ersten Löffel in den Mund.

Len schwieg und sah mir für eine kurze Weile nur beim Essen zu.

"Ich weiß, du hörst das nicht gerne," begann er dann irgendwann "aber wir müssen wirklich noch einmal mit Nevis sprechen. Wir müssen herausfinden, was die Vampirin gemeint hat, als sie sagte, er sei nicht mehr bei ihnen willkommen."

Säuerlich zog ich eine Augenbraue nach oben. Mir war der Appetit vergangen.

"Wir müssen herausfinden, warum die Nachricht erst jetzt kam, ob er mit ihr und dem Rudel noch in Kontakt stand, während er hier war. Das würde zum Beispiel auch erklären, warum sie so ohne Weiteres unser ganzes Sicherheitssystem umgehen konnten." Als der Alpha meinen Blick bemerkte, fügte er noch unschuldig hinzu: "Wenn er nichts zu verbergen hat, dann ist es doch umso besser."

"Len, versuchst du immer noch, ihn auflaufen zu lassen?"

Er sagte nichts.

"Hör auf damit, in Ordnung? Wir können ihn gebrauchen. Vielleicht hat er ja hilfreiche Informationen, die wir zu unserem Vorteil nutzen können. Anstatt ihn als den Bösen darzustellen, solltest du lieber darüber nachdenken, was für ein Gewinn er für uns sein kann." Erbost stand ich auf und machte Anstalten zu gehen.

"Okay, okay, es tut mir leid." Eine kalte Hand griff urplötzlich nach meinem Handgelenk. "Sarina, bitte bleib hier."

Mein Herz setzte für einen Moment aus.

So ein Mist, er hat mich.

Len zog mich zu sich heran und umschlang mich fest mit seinen Armen. Seine Wange lag auf meinem Kopf und als er sprach, strich sein Atem leicht über meine Haare.

"Tut mir leid. Ich will wirklich nicht, dass wir uns jetzt auch noch streiten. Ich weiß nur nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll." Er seufzte schwer und ich drückte mich enger an ihn. "In meinem Kopf gibt es diesen Platz, wo für mich der Verantwortliche für das Ganze stehen sollte. Leider ist dieser Platz noch leer und ich versuche mit aller Kraft den Schuldigen zu finden, auch wenn er nicht annähernd im meiner Reichweite ist."

"Dann hör auf, dir über Larsson Gedanken zu machen.", sagte ich leise gegen seine Brust und spürte, wie er nickte. Wir schwiegen eine Weile.

"Len", flüsterte ich dann.

"Ja?"

"Ich habe Angst."

"Ich auch, Sarina." Er küsste mich auf den Scheitel. "Ich auch."

◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

Eine halbe Stunde später kramte ich zwischen Heftern, Notizzetteln und Schulbüchern nach meinem Handy. Ich hatte Len versprochen, Nevis, der nicht in seinem Zimmer war, anzurufen, damit wir das Gespräch so schnell wie möglich hinter uns bringen konnten.

Leider konnte ich mein Telefon nicht finden.

Fluchend wühlte ich in dem unordentlichen Haufen auf meinem Schreibtisch und fand es letztendlich eingeklemmt zwischen meinem Fabelkundebuch und dem Schuhkarton meiner Ballschuhe vom Vorabend.

Mit flinken Finger zog ich es hervor und wählte die Nummer des Eiskönigs.

"Hallo?"

"Nevis, wo bist du?", fragte ich augenblicklich und warf ein paar zerknüllte Papierbälle in den ohnehin schon überfüllten Papierkorb, sodass sie gleich nach dem Aufprall zurück auf den Boden flogen. Entnervt verdrehte ich die Augen und ließ mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen.

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