Emotionale Ausbrüche

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song: Carry You - Ruelle, Fleurie

"K-könntest du das wiederholen?" fragte ich schwach.

"Es stimmt, was sie sagt." ertönte Lens ruhige Stimme hinter mir. "Ruby wird seit gestern Abend vermisst. Von den Aufzeichnungen der Videoüberwachung können wir entnehmen, dass sie gestern Nacht zwar das Gelände verließ, aber nicht mehr zurück kam."

"Nein." flüsterte ich und schlang meinen freien Arm um den Brustkorb. Ein riesiger Druck lastete dort und ließ mich fast in die Knie gehen. Nebensächlich bekam ich mit, dass Aria sich aus meiner ursprünglich beruhigenden Umarmung löste, denn ich war zu sehr damit beschäftigt a) mich aufrecht auf den Beinen zu halten und b) verzweifelt nach einer Lösungsmöglichkeit zu suchen.

Inzwischen war Mrs. Knight zu uns herübergekommen und versuchte mich erfolglos zu beruhigen. "McAllen, machen sie sich nicht zu große Sorgen. Wir haben bereits Suchtruppen losgeschickt. Es wurden, etwa hundert Meter von hier entfernt Wagenspuren gefunden, welche in diesem Augenblick verfolgt werden."

Kurz war es still.

"Wie soll ich mir keine Sorgen machen?" fragte ich verbittert und schaute zur Seite. "Sie ist meine erste beste Freundin!" schrie ich und starrte der alten Dame nun in die Augen, die erschrocken zurück wich. Am Rande spürte ich, wie sich ein starker Arm um meine Mitte legte."Und überhaupt meine erste Freundin." fügte ich leise hinzu. Verzweifelt versuchte ich den großen Kloß, der in meinem Hals feststeckte, loszuwerden.

Etwas heißes rollte über mein Gesicht und hinterließ eine nasse Spur auf meiner Haut. Verwirrt fuhr meine Hand zu meiner Wange und ich fing an unkontrolliert zu zittern.

"Ich muss. . irgendwie helfen. Ich muss irgendetwas tun." stieß ich hervor, doch jemand wirbelte mich herum und nahm mein Gesicht zwischen die Hände. Ich erkannte durch den Tränenschleier ein Paar smaragdgrüner Augen.

"Len." hauchte ich erleichtert. "S-sag ihnen-"

"Sarina, hör mir zu." unterbrach mich der junge Alpha ruhig und blickte mir fest in die Augen. "Überlass das bitte den erfahrenen Erwachsenen, okay? Sie werden das schon regeln."

Ich schaute ihn entgeistert an. "Aber du wirst doch-"

"Nein, auch ich werde nicht gehen." entgegnete er ruhig und schaute kurz zum Tor hinüber, wo gerade aufgeregt durcheinander gerufen wurde. Dann sah er mir wieder ins Gesicht. "Bitte Sarina," er redete energisch auf mich ein, während er mich mit seinem Blick festnagelte "auch wenn es deine beste Freundin ist, die Magier können einzeln viel mehr ausrichten, als wir zu dritt oder zu viert. Du kannst nichts tun."

Das war der Satz, vor dem ich mich am meisten gefürchtet hatte. Ich wollte ihm widersprechen, ihn aufmuntern; Natürlich kann ich etwas tun. Wir müssen nur schnell anfangen und uns einen Plan überlegen. Es gibt immer eine Möglichkeit.

So etwas wollte ich sagen. Doch mir blieb nur übrig, mich in seinen Pullover zu krallen und meine gefallene Maske vor der Außenwelt zu verbergen. Ich wusste, dass es für mich untypisch war, so schnell aufzugeben, aber was hätte ich denn tun sollen? (Und überhaupt ist es für mich untypisch, mich von einem Jungen trösten zu lassen, der nur so nebenbei arrogant, eingebildet und auch noch zusätzlich gutaussehend war! Aber, ich machte diesmal eine Ausnahme.)

Len drehte dem Tor den Rücken zu, um uns vor neugierigen Blicken zu schützen. Ich war ihm dafür so unendlich dankbar.

Geschlagen lehnte ich meine Stirn an seine Brust und weinte leise vor mich hin. Nach einer Weile spürte ich, wie er zögernd, schon fast behutsam beide Arme um mich schloss. Noch immer wachsam, auf meine Reaktion wartend, platzierte er auch kurz darauf sein Kinn auf meinen Scheitel. Aber ich hatte keine Kraft mehr mich dagegen zu wehren und ließ es geschehen.

Mein neues IchWhere stories live. Discover now