Von Krankenstationen und Liebesbekundungen

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Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber als ich das nächste Mal erwachte, lag die frische Stille eines frostigen Februarmorgens über dem Gelände. Es war, als würde die Welt den Atem anhalten. Sie schien nur darauf zu warten, dass endlich erste warme Sonnenstrahlen des sich anbahnenden Frühlings die noch friedlich unter der Erde schlummernden Sprösslinge hervorlockten.

Das Morgenlicht tauchte die Krankenstation in ein kühles Grau, dennoch frohr ich nicht. Jemand hatte mir eine extra dicke Wolldecke über die gefütterte Winterdecke gelegt, deren schweres Gewicht bereits auf meinem Körper lag. Mit der zusätzlichen Schicht war mir nun so heiß geworden, dass ich mich schwerfällig aufrichtete, um die weiche Wollschicht ein paar Zentimeter zurückzuschlagen. Dabei fuhr mein Blick sorgfältig an der Kante meiner Matratze entlang, um sicherzustellen, dass der schwere Stoff nicht hinunterrutschte.

Als ich jedoch am Ende des Bettes angekommen war, stockte mir erschrocken der Atem.

Eine dunkle Gestalt hatte den Kopf auf die Arme gebettet und diese, sowie auch den Oberkörper, zu meinen Füßen abgelegt. Ich vernahm tiefe, gleichmäßige Atemzüge und sah, wie sich der breite Rücken mit jedem Luftzug hob und wieder senkte.

Das Herz klopfte mir bis zum Hals.

Das Gesicht der unbekannten Person war von mir abgewandt und zeigte Richtung Bettgestell, sodass ich nicht ausmachen konnte, um wen es sich handelte. Die tiefschwarzen, welligen Haare kamen mir auch nicht im Geringsten bekannt vor.

Ach du heiliger Goldfisch! Hat der Typ das Bett verwechselt? Was ist, wenn er im Dunkeln nach jemand anderem gesucht hat, der sich auch auf der Krankenstation befindet?

Verunsichert hantierte ich etwas energischer mit den Decken herum, in der Hoffnung, der Kerl würde aufwachen und die Verwechslung bemerken. Wenn ich den Stoff nur ein wenig stärker schüttelte, würde die Erschütterung der Decken ihn vielleicht aufwecken . . .

Da!

Er rührte sich.

"Herrje, McAllen. Was zur Hölle machst du da?", knurrte es vom anderen Ende des Bettes und ich erstarrte inmitten meiner Bewegung.

"Len", quietschte ich.

Die Gestalt drehte den Kopf zu mir herum und im ersten Moment dachte ich, ich würde noch träumen.

Dunkle, fast schwarze Augen blickten mir entgegen und musterten mich unverhohlen, sodass ich unwillkürlich ein wenig zurückzuckte. Lens weiche, goldene Wellen waren zerzausten, beinahe bläulich schimmernden Locken gewichen. Die eingefallenen Wangen und tiefen Augenringe ließen sein Gesicht fast gespenstisch weiß und fahl erscheinen, was der starke Kontrast zwischen seinen schwarzen Haaren und der blassen Haut nur hervorzuheben vermochte.

Der Anblick war für mich so überraschend und ungewohnt, dass ich heftig schlucken musste, als sich mein Freund unbeholfen auf die Unterarme stützte, um sich so aufzurichten.

Meine Augen flogen hastig über seinen Körper, um zu überprüfen, ob er unversehrt war. Doch ich konnte nichts entdecken. Alles, was ich sah waren ein dicker, schwarzer Pullover, graue Jeans und seine mit Dreck verkrusteten Winterschuhe. Besorgt legte ich meine Stirn in Falten, als er sich schließlich gänzlich erhob und mit schwerfälligen Schritten die wenigen Meter auf mich zukam.

Wir sagten kein Wort.

Auch nicht, als er sich so nah setzte, dass sich unsere Hände beinahe berührten. Sorgfältig studierte der Alpha mein Gesicht, während ich ihn ebenso aufmerksam musterte.

Sein Anblick schmerzte mich so sehr, dass ich es fast nicht ertrug, ihn weiter in meiner Nähe zu haben, weil er mich an das erinnerte, was ich am allermeisten auf dieser Welt bereute. Gleichzeitig konnte ich jedoch nicht nah genug bei ihm sein.

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