In Finsternis

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Ich schwebte in Dunkelheit.

Das Gefühl, Kontrolle über meinen Körper zu haben, hatte ich schon vor geraumer Zeit verloren und schwelgte nun in einer weichen, warmen Trance, die mich bis in die kleinste Zelle einnahm und erfüllte. Die Welt war in Watte gepackt und ich mitten drin und unverletzlich.

„Hier! Hi- . . r si- . . nd sie!"

Kurz verlor ich den Halt unter meinen Fingern, spürte, wie mich mehrere Hände von etwas durchaus Gemütlichen und Weichen wegzogen. Eiskalte Luft strich über mich hinweg, ließ mich bis in die Haarspitzen erzittern. Verzerrte Laute drangen an mein Ohr.

Und dann nichts mehr.

Nur noch stille Finsternis.

. . .

◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

Ich schwankte. Mein Körper schwankte. Vor, zurück, hin und her und begann dann wieder von vorn. Mein Kopf schaukelte mit, während meine Gedanken stillstanden.

Dumpfes Ziehen durchzuckte meine rechte Seite, meine linke Schulter brannte vor Schmerz. Etwas Nasses lief über meine Schläfe.

Mein Kopf pochte und pochte und pochte.

Dröhnte und wankte und wurde taub.

Und dann nichts mehr.

Nur noch schwere Finsternis.

. . .

◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

„Jem-. . .nd m- . . .ss sich um ihr- . . .n linken . . .Arm küm- . . ..rn."

„Ja, aber pa- . . .ss auf die R- . . .ppen auf."

Etwas griff nach meinem Handgelenk und mein Körper ging in Flammen auf.

Ich keuchte stumm.

„Oh G- . . .tt, sieh dir d- . . .s an."

Verzweifelt riss ich an meinen mentalen Fesseln. Heulend, schreiend, klagend vor Schmerz. Aber niemand hörte mir zu.

Und dann: ein dumpfes Knacken.

Mein Zeigefinger zuckte und Wellen frischen Blutes pulsierten hinauf zu meiner Schulter. Wie ein Tsunami spülte es durch meine Adern, riss die dort hartnäckig sitzende Kälte mit sich und brachte ein aufgeregtes Kribbeln in meinen Arm.

In meinem Inneren wandte ich mich unter diesem Gefühl.

„Jetzt die Rippen."

Brennende Finsternis.

. . .

◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

„Es war nicht ganz einfach, aber ich habe soweit wieder alles gerichtet und eingerenkt. Die Wunden sind genäht und Ruby holt ihr gerade noch eine Bluttransfusion. Machen Sie sich keine Sorgen. Das wird schon wieder."

„Oh Gott, Sarina."

Ein herzzerreißendes Schluchzen.

Ich kannte dieses Schluchzen.

Beschwichtigend wollte ich meine Hand ausstrecken, doch unsichtbare Gewichte zogen mich nur tiefer hinab in die entgegengesetzte Richtung. Die Dunkelheit lichtete sich und gab den Blick auf eine Lichtung frei. Kissen aus leuchtend blauen Moos lagen verstreut zwischen riesigen Wurzeln einer haushohen Trauerweide, deren rissige Wurzeln sich wie Schlangen umherwandten. Ich bemerkte ebenfalls große, gemütlich aussehende Decken, deren Stoffe so hell glühten, als wäre er aus Sonnenstrahlen gewebt. Sie luden mich mit ihrem warmen Schein zu sich ein, schienen auf mich zu warten.

Mein neues IchWhere stories live. Discover now