Himmel oder...

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"Ms. McAllen." Meine Schulleiterin sah mich freudestrahlend an. "Sie sehen, ich hatte recht."

Ich saß zusammengesunken auf dem schwarzen Lehnstuhl und starrte auf meine ineinander verknoteten Hände.
Ich war nach der Aktion im Park sofort hierher "gerannt" (wohl eher gehumpelt), um Mrs. Roberts aufzusuchen.

Len erstattete gerade Bericht als ich hinein platzte.
Jetzt lehnte er regungslos an der Wand und beobachtete das Geschehen mit wachsamen Interesse.

"Sie werden ab nächster Woche Mittwoch von mir unterrichtet. Der Unterrichtsbeginn ist 9:00 Uhr. Also eine halbe Stunde später, als bei den anderen Schülern. Ich melde sie für eine Woche krank. Einerseits, da ich geschäftlich unterwegs bin und andererseits," Sie musterte mich von oben bis unten." sehen Sie nicht sehr gesund aus. Wir wollen doch, dass Sie zu meinem Unterricht wieder fit sind." Ihre Aussage bezog sich wahrscheinlich auf meinen jetzigen Zustand, aber es klang so, als meinte sie noch etwas anderes.
"Derzeit leben Sie mit Len unter einem Dach. Ich hoffe, dass das keine Probleme ergibt. Jeder von euch bekommt selbstverständlich ein eigenes Zimmer."
Waaas?
Ich sollte allein mit einem Jungen in einem Haus leben?
Mir klappte die Kinnlade herunter. "Aber, Syl- äh Mrs. Roberts das geht nicht." protestierte Len und starrte sie fassungslos an.
"Natürlich geht das." entgegnete sie kalt.
"Es liegt an euch, ob ihr euch vertragt oder nicht."
Sie wandte sich wieder an mich. "Den Aufsatz von Mrs. Knight sollten sie trotzdem abgeben.
Ihr könnt jetzt gehen. Len du hilfst Sarina mit ihrem Gepäck." Zufrieden mit ihrem Vortrag ließ sie sich auf ihrem Drehstuhl sinken und griff nach der Computermaus.
◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

"Ist das alles?"
Len musterte ungläubig den kläglichen Haufen an Gepäck, der sich vor der Tür angesammelt hatte.
"Ja." informierte ich ihn knapp und nahm meine Jacke vom Haken.
"Andere Mädchen hätten viel mehr mit."
"Ich bin aber nicht wie andere Mädchen." entgegnete ich bissig.
"Wem sagst du das." murmelte er leise und ich tat so, als ob ich ihn nicht gehört hätte.
Ich nahm mein Handgepäck in die eine und die Reisetasche in die andere Hand. Die zwei Koffer überließ ich Mr. Ich-bin-so-toll.
Die Unterhaltung nach meiner ersten Verwandlung schien vergessen. Er wirkte wieder genauso abweisend wie immer und ich tat es ihm gleich.

Immer noch war keine Menschenseele zu sehen, als wir gemeinsam über den Kampus liefen.
Kein Wunder, die sitzen ja auch alle in ihren Klassenräumen.

Wir erreichten den Seitenweg, in den Len damals abgebogen war. Er führte uns noch ein Stückchen weiter in die Anlage hinein. Wir durchquerten einen Teil des Waldes und ich wollte schon meckern, weil langsam die Kraft aus meinen Armen wich (ganz zu schweigen von dem Rest meines Körpers), da lichtete sich der Wald und gab den Blick auf ein Haus frei.

Ich ließ mein Gepäck fallen.
"Hier lebst du?" fassungslos starrte ich das Gebäude Gottes vor mir an.
"Nein, hier werden wir leben." verbesserte mich Len mit wenig Begeisterung und fischte einen Schlüssel aus der Hosentasche.

Die Hauswände waren in makellosem Weiß gehalten. Das Dach mit schwarzen Schindeln bedeckt. Ein, mit hellgrauen, glatten Steinen bepflasterter Weg führte zu der großen Eingangstür. Sie war von einem Vordach verdeckt und links und rechts standen zwei Laternen. Die Fensterrahmen waren, wie das ganze Dach, schwarz. Ein kleiner Schornstein war auf der linken Dachhälfte positioniert und ragte dort in den Himmel.

Inzwischen hatte Len die Tür aufgeschlossen und ich drängte mich an ihm vorbei ins Innere des Hauses.
Es war alles hell und freundlich. Man schaute direkt durch eine Glastür in den Garten, der ans Haus grenzte. Auf der Terrasse, stand unter einem Sonnenschirm ein Tisch mit vier Stühlen.

Es gab keine Türen zwischen Flur und Wohnzimmer und so konnte man einfach hindurchspazieren. Die Couch sah sehr gemütlich aus und ein Flachbildfernseher stand auf dem kleinen Schrank ihr gegenüber.

Mein neues IchWhere stories live. Discover now