Geständnisse

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Mit schweren Schritten schleppte ich mich die Treppen hinauf. Erst in einer halben Stunde würde der Unterricht anfangen und ich schlich mich schon in der Nähe des Klassenzimmers herum.

Die Begegnung mit Len heute Morgen hatte mich ein wenig aus der Bahn geworfen, sodass ich es nicht länger in dem stillen Haus aushielt und mich auf den Weg in die Akademie machte.

Ich wusste, dass es lächerlich war.

Immerhin lebten wir zusammen. Da war es regelrecht vorbestimmt, dass man sich über den Weg lief.

Aber es war einfach noch zu . . . früh gewesen.

Ich hatte mir noch nicht einmal überlegt, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte -wie ich mich entschuldigen sollte- da stand er schon vor mir.

Drohend knurrte ich mich selbst an, als mich die Welle des Schamgefühls wieder zu überrollen drohte und erschreckte damit einen Neuntklässler, der sofort in einen nahe gelegenen Klassenraum flüchtete.

Sarina, wage es nicht, jetzt daran zu denken!

8:01 Uhr

Seufzend starrte ich auf den Sekundenzeiger meiner Uhr.

Was sollte ich tun?

Nachdem ich für einige Augenblicke verloren im Gang herumgestanden und mehr oder wenig offensichtliche Blicke von fremden Schülern geangelt hatte, entschied ich mich nach kurzen Überlegen für einen spontanen Abstecher in die Bibliothek. Vielleicht würden Mrs. Bristow Kekse mich ein wenig aufmuntern und ihr Tee meine innere Unruhe ein wenig lindern.

Zufrieden schulterte ich also meine Tasche und schlenderte in aller Ruhe die Treppen wieder hinunter.

Doch ich war noch nicht einmal in der ersten Etage angekommen, da ertönte das schrille Klingeln meines Handys.

Stirnrunzelnd nahm ich es aus meiner Jackentasche und als ich den Namen meiner besten Freundin auf dem Display sah, wurde die Verwunderung noch größer.

Ich hob ab.

„Ruby, warum rufst du an? Hast du nicht gleich Unterri-"

„Sarina", unterbrach sie mich. „es ist etwas vorgefallen. Du solltest lieber schnell kommen und dir das anhören."

Ich bemerkte, wie angespannt sie klang, weswegen ich einen Gang zulegte und hastig Richtung Eingangshalle lief.

„Wieso? Was ist denn passiert?"

„Ich kann es dir nicht genau sagen. Grace gibt im Moment nur unzusammenhängendes Zeug von sich."

„Okay, ganz ruhig. Wo bist du?", fragte ich besorgt ins Telefon und wich einer Schülerin aus, die ihre Nase in einem Buch versenkt hatte.

„Kennst du den Aufenthaltsraum auf dem Korridor von Verwandlung? Wir sind hier alle versammelt. Komm einfach so schnell es geht, bitte."

„In Ordnung, ich bin in wenigen Minuten da. Bis gleich."

Damit legte ich auf.

◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

Mit schnellen Schritten eilte ich den fast menschenleeren Korridor entlang, der zum Treppenhaus im Westflügel führte. Die meisten Schüler waren schon in ihren Klassenräumen, sodass mich niemand in meiner Eile bremsen konnte.

Das Geräusch meiner Schuhsohlen auf dem schier endlosen Flur hallte in einem dumpfen Echo von den Wänden wider und ich konnte nicht vermeiden, ein paar Mal verstohlen über meine Schulter zu sehen, da ich das Gefühl hatte, nicht allein zu sein.

Mein neues IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt