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Gähnend polierte ich das letzte Glas sauber und stellte es zu den anderen in den Schrank.
Die Musik im Club wummerte laut und die Lichter blitzten hell an mir vorbei. Nebenbei schrien die Kunden meine Kollegen an der Bar an, um ihre Bestellungen aufzugeben.

Seufzend warf ich das feuchte Küchentuch in eine Wäschetruhe.
"Tut mir leid" sagte ich schnell, als sich jemand an mir vorbei Quetschte und nach einer Flasche Alkohol griff, um einen Drink zu mischen.

"Ich gehe, Ciao!" Schrie ich, in der Hoffnung dass es jemand bemerken würde, war wahrscheinlich nicht der Fall war.

Seufzend ging ich aus der Bar und machte mich auf den Weg.

Bevor ich ging, musste ich noch zu meinem Chef ins Büro, um meinen Lohn abzuholen.
Schließlich war Monatsende, und ich brauchte das Geld dringend.
Ansonsten könnte ich keine Medikamente für meine Mutter mehr kaufen, die seit zwei Jahren schwer krank war.

Die Luft hier war stickig und roch nach Rauch. Ich muss dringend an die frische Luft.
Schnell bahnte ich mir einen Weg durch die Menge. Ein paar tanzende Menschen rempelten mich an, doch ich lief einfach weiter.

Ich bog nach links ab, vorbei an einem Pärchen, das sich gerade heftig an die Wäsche ging, in den dunklen, schmalen Gang.
Ich mochte es nicht, hier hin zu gehen.

Es war eng, die Decke sehr niedrig und es war schlecht beleuchtet, weshalb ich Platzangst bekam.

Ich zählte die Türen, an denen ich vorbei lief, um mich abzulenken.

Eins.

Zwei.

Drei...

Endlich erreichte ich die alte Holztür mit der Aufschrift Chef.
Immerwieder musste ich ein amüsiertes prusten unterdrücken, wenn ich das las.
Schließlich sitzt dieser Mann nur hinter seinem Schreibtisch und raucht, während die ganze Arbeit sein Sekretär machte.

Und sowas konnte sich schlecht "Chef" nennen.

Kurz holte ich noch Luft, bevor ich schließlich klopfte.

"Herein?" Erklang die rauchige Stimme von meinem Boss und ich trat langsam ein.

Das Büro war klein und sah garnicht aus wie ein Büro.
Der Teppichboden war dunkelblau, darauf konnte man bei genauerem Hinsehen einige Schimmelstellen entdecken.

Außerdem stand in der Mitte ein Hölzerner Bürotisch.
Ihm fehlte bereits ein Bein, deshalb lagen provisorisch ein Stapel Rechnungen darunter, damit er nicht kippte.

Hinter der schiefen Tür stand ein altes Sofa.
Es war an den Ecken bereits abgewetzt und auch hier konnte man die mangelnde Hygiene sehen.

Auf dem Tisch lagen durcheinander viele Dokumente, Ordner und Papiere.
Hinter diesem gigantischen Stapel saß mein Boss.

Er trug ein Hemd, das an seinem Kragen und unter den Achseln bereits leicht gelb wurde.
Ihgitt.

Dazu eine alte Stoffhose und Pantoffeln, im Mund hielt er eine Zigarre, während er mich mit ekelhaftem Blick musterte.
"Ah, Lorena. Schön dass du da bist." Er grinste abartig, eine riesige Zahnlücke blitzte zwischen seinen schmutzigen Zähnen durch und mir wurde ungewollt übel.

"Ich hole meinen Lohn ab." Verlangte ich mit halbwegs fester Stimme und schloss endlich die Tür hinter mir.
Er stand aus seinem knarzenden Stuhl auf, wodurch er nicht viel Größer war als im Sitzen.

Mit meinen 1,79 überragte ich ihn um einiges, als er sich vor mich stellte.
Sein Hemd war aus der Hose gerutscht und sein Bauch hängte darunter raus.

Call me "Mi Amor" Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt