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Es war bereits hell, als ich wieder aufwachte.
Die Sonnenstrahlen blendeten mich ins Gesicht und ich setzte mich langsam auf.

Gleich bereute ich die Flasche Wein von gestern.
Normalerweise vertrug ich einiges, doch ich hatte davor nichts gegessen, weshalb mein Kopf etwas pochte.

Ich verzog mein Gesicht ein wenig, bevor ich beschloss, mir eine Schmerztablette zu holen.
Das hieß jedoch, dass ich wohl oder übel noch etwas essen musste.

Doch lieber aß ich ein wenig, bevor ich mich noch länger mit Kopfschmerzen abplagte.
Seufzend ging ich ins Bad, um mich ohne jegliche Motivation frisch zu machen.
Meine letzte dusche war bereits zwei Tage her, weshalb ich unter das angenehm warme Wasser stieg.

Wenig später saß ich bei den anderen am Frühstücks Tisch.
Die Stimmung war gedämpft.

Wie sollte sie auch gut sein, schließlich waren einige ungeklärte Sachen zwischen ihnen und mir.
Doch ich musste erst noch einiges davon verarbeiten.

Ich hatte gerade mein belegtes Brötchen aufgegessen, als mir eine Angestellte eine Schmerztablette reichte.
"Danke" sagte ich leise zu ihr, bevor ich sie mit einem Schluck Wasser schluckte.

Valery sah mit fragenden Gesichtsausdruck zu mir herüber, Matteo wirkte besorgt.
Jedoch war es mir egal.

Eigentlich wollte ich wieder in mein Zimmer, doch diese Genugtuung wollte ich ihnen nicht geben.
So gern ich sie auch mochte.

Matteo sah kurz auf sein Handy, bevor er seiner Mutter etwas auf spanisch sagte.
Die anderen waren alle leise und hingen alle in ihren eigenen Gedanken.

Besonders ich.
Nicht weit weg von mir lag das silberne Küchenmesser.
Es wäre einfach, wieder zu Damián zu kommen.

Ein Stich und es wäre vorbei.
Ich müsste nur danach greifen.
In meiner nähe saß eh niemand, der mich aufhalten könnte, es zu tun.
Und sie waren sowieso alle abgelenkt.

Im Unterbewusstsein nahm ich wahr, wie jemand durch die Küchentür herein kam.

Ich jedoch hing völlig in meinen Gedanken.

Bis ich ihn ansah.

In sein Gesicht sah.

Mir wurde kalt.

Verdammt kalt.

Ich zitterte.

Das war nicht möglich.

Erschrocken sprang ich auf, sodass mein Stuhl umfiel und ich darüber Stolperte.

Ich gab ein entsetztes geräusch von mir, als ich mir die Hände vor den Mund schlug und einige Schritte zurück stolperte, bis ich das kühle Glas der bodentiefen Fensterscheibe in meinem Rücken spürte.

Er kam um den Tisch.

Direkt auf mich zu.

Tränen rannten in meine Augen und meine Knie gaben nach, während ich langsam zu Boden sank.

Sein perfekt sitzender Anzug.
Seine Augen.
Sogar sein Geruch stieg mir in die Nase, als er sich vor mir hinkniete.

"Hey" hauchte er und mir wurde schlecht.

Ich zitterte, schluchzte und dachte an das Messer vorhin.

Hatte ich es durchgezogen?

Ohne ihn aus den Augen zu lassen tastete ich meine Handgelenke ab.
Meinen Hals und mein Dekolleté.

Nirgends spürte ich Blut.

"Ich... hab ich mich umgebracht?" Wollte ich mit leiser Stimme wissen und er sah etwas erschrocken aus, als er den Kopf schüttelte.
"No, Mi caracol. Du lebst. Und ich lebe auch." Er wollte nach mir greifen, doch ich sprang erschrocken auf und rannte aus dem Raum.

Call me "Mi Amor" Where stories live. Discover now