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Ich folgte seinem Blick, der geradeaus auf eine schwarz glänzende Glasscheibe gerichtet war.

Ich sah unser Spiegelbild darin und sofort verfluchte ich mich innerlich.
Er war viel zu aufmerksam.

"Gefällt es dir, wie sie tanzt?" Fragte ich ihn, meiner Stimme hörte man deutlich an, wie verletzt, aber trotzdem wütend ich war.

"Was machst du hier?" Stellte er eine Gegenfrage.
Ich zuckte die Schultern, während wir uns über das leicht verschwommene Spiegelbild in die Augen sahen.
Beide unsere Gesichter waren vor Wut angespannt.

"Ich habe dich etwas gefragt." Knurrte er.
"Ich dich auch." Gab ich mit ebenso wütendem Unterton zurück.
Er führte sein Glas an seine Lippen, während er meine Hand immernoch nicht los ließ.
"Wie bist du hierher gekommen?"
"Wieso bist du hier?" Stellte ich nun meine Gegenfrage.

Ich bemerkte deutlich, wie er sein Kiefer anspannte.
"Provozier mich nicht, Lorena." Brummte er.
"Oh doch." Ich sah mit diesem provokanten lächeln in seine Augen.
Plötzlich sprang er auf.
Sein Glas fiel klirrend zu Boden, doch komischerweise bekam ich keine Angst vor ihm.

Bei meinem Vater und jedem anderen Mann wäre ich jetzt zitternd in die Knie gegangen, doch ich wusste, dass er mir nicht wehtun würde.

Er packte meine Hand und riss mich hinter sich her, durch den Stickigen Raum hinaus, durch diesen Empfangsraum und direkt gegenüber durch eine Tür.

Die Lichter flackerten und nur schwer konnte ich etwas sehen.
Er jedoch verlangsamte seine Schritte nicht, bis er vor einer Tür ankam, sie Aufriss und mich hineinschleuderte.

Er kam nach mir herein und knallte die Tür laut zu, sodass ich zuckte.
Doch ich würde aus diesem Streit nicht als Verlierer hinaus gehen.

"Was verdammt nochmal fällt dir ein?!" Brüllte er los.
Ich verschränkte meine Arme und wartete ab, was er zu sagen hatte.
"Wie kommst du auf diese bescheuerte Idee, hierher zu kommen?! Weißt du eigentlich, wieviele Vergewaltiger und Waffen in diesem Raum sind?!" Seine Stimme war so laut und donnernd, so hatte ich ihn noch nie erlebt.

Doch irgendwann war immer das erste Mal.

Er stand breitbeinig vor mir und fuchtelte aufgebracht mit den Händen in der Luft herum.
"Eine verfickte Kugel reicht um dir das Leben zu nehmen, falls das bei dir noch nicht da oben angekommen ist!" Er deutete auf seine Schläfe und machte einen Schritt auf mich zu, doch ich bewegte mich nicht.

"Sag verdammt nochmal was!" Verlangte er, ich holte Luft.

"Weißt du, wie sich das anfühlt?" Sagte ich, meine Stimme war um einiges ruhiger als seine.
"Ich sitze jeden verfickten Tag lang Zuhause und tue nichts! Und von dir höre ich immer nur, ich soll abends nicht  auf dich warten, weil es wieder länger dauert! Und dann komme ich hier her und vor dir tanzt eine verfickte Schlampe?!" Ich redete mich in rage.

"Es ist mein Job, Lorena!"
"Das ist mir Egal!" Schrie ich endlich genauso laut zurück.
Ich sah stur in seine Augen, die mich voller Wut ansahen.
"Dann Teil dir diese beschissene Arbeit besser ein aber vernachlässige uns nicht!" Auch, wenn ich ihm noch so viel an den Kopf werfen könnte begannen meine Augen vor Wut zu tränen.

"Ich vernachlässige uns doch nicht!" Er sah verwirrt zu mir herab, doch ich lachte nur gehässig auf.
"Achja? Und wie nennst du dann das, dass wir genau eine verdammte Stunde am Tag gemeinsam haben? Du kommst um Mitternacht zurück, und gehst um fünf wieder. Das sind fünf Stunden, die du Zuhause bist! Und vier davon schläfst du! Somit bleibt?" Fragend sah ich ihn an.
"Richtig gerechnet! Eine verfickte Stunde bleibt für uns, in der du nur ans ficken denkst!" Langsam verschwamm meine Sicht.
"Das sind sieben Stunden in der Woche und nicht Mal zwei Tage im Monat!"
Es herrschte eine kurze Stille.

Call me "Mi Amor" Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt