Kapitel 55

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"Wohin fahren wir überhaupt?", interessierte es Hope und lehnte sich vom Rücksitz zu ihnen vor.

"Ja, wohin fahren wir eigentlich?", erkundigte sich Jayden bei Hunter und runzelte verwirrt die Stirn.

"Dale Allen", antwortete dieser.

"Ihr hattet also mit eurer Vermutung Recht gehabt?", hakte die Blondine neugierig nach, obwohl ich nicht glaubte, dass es sich um eine Vermutung handelte.

"Oder ihr wusstest es bereits", stellte ich fest.

"Ernsthaft?", fasste sie es nicht, als beide schwiegen und zur Feststellung nichts erwiderten.

"Also ich hatte keine Ahnung", gestand Jayden und hob unschuldig beide Hände in die Höhe.

"Hunter!", regte sich schließlich Hope auf.

"Jetzt wisst ihr es ja", zuckte er desinteressiert mit den Schultern und konzentrierte sich auf die Fahrt.

Die Arme verschränkte ich vor der Brust und starrte schweigend aus dem Fenster. Ein schlechtes Gefühl herrschte in mir. Es handelte sich um nichts Neues, denn es verschwand nie. Immer war es da. In jeder Situation. Mein Leben steckte in einem Chaos fest. Ich konnte nicht nach vorne blicken, ohne mit der Angst zu leben, dass ich jederzeit hinter meinem Rücken angegriffen werden könnte. Immer musste ich aufpassen, aber das wollte ich nicht mehr. So sehr vermisste ich die Zeit, wo alles in Ordnung war. Der Gedanke, dass es nie mehr wie früher werden würde, riss mein Herz auseinander. Nichts gab es aber, dass mir auch nur annähernd das Gefühl gab, dass es bald endete.

Schon lange hatte ich aufgehört auf mein Herz zu hören, denn ich musste meinem Verstand folgen. Ich wusste nicht, ob ich damit das Richtige tat, aber die Gefühle mussten beiseite, denn sie machten mich schwach und das durfte ich jetzt nicht sein.

Für einen kleinen Augenblick schlossen sich meine Augenlieder und meine Hand wanderte zu meinem Hals. Meine Finger suchten nach der Engelskette und ich begann automatisch damit zu spielen. Es beruhigte mich auf einer komischen Weise und ließ mich Liam's Nähe bei mir spüren. Ich wusste nicht, woran es lag. Vielleicht, weil er sie mir geschenkt hatte, aber trotzdem bildete ich mir dieses Gefühl nicht ein. Aus diesem Grund trug ich es immer und nahm es nie ab. Ohne die Halskette fühlte ich mich leer. Ob es eine Angewohnheit war, konnte ich nicht sagen, jedoch gehörte sie zu mir. Irgendwie war es komisch, aber irgendwie auch nicht.

Ich öffnete meine Augen wieder und blickte zu Hope. Sie unterhielt sich mit Jayden und lachte manchmal, da er öfters einen Witz machte. Wie immer. Leicht schüttelte ich den Kopf darüber und wanderte weiter zu Hunter. Schweigsam fuhr er den Wagen, dabei verlor er kein Wort und versuchte nicht einmal mit in das Gespräch zu tauchen. Er hatte eine komische Art, die mir schon bei unserer ersten Begegnung auffiel. Dieser Kerl war eine sehr stille Person, aber dafür eine sehr aufmerksame Person. Ihm entging nichts. Am Anfang wirkte er noch zurückhaltend und misstrauisch. Seine provozierende Art und wie er versuchte mich loszuwerden mit seinen Aussagen oder Blicken scheiterte, denn am Ende mochte auch er mich. Was ich an Hunter aber bewunderte, war seine Freundschaft. Ihm bedeuteten Liam und Jayden alles. Vielleicht zeigte er es nicht, aber er würde ohne darüber nachzudenken sein Leben für die beiden aufgeben, sowie sie es für ihn tun würden.

"Aria", sagte jemand, weswegen ich mich verwirrt umschaute und bei Hope hängen blieb.

"Wir sind da", teilte sie mir mit.

Aufgelöst über meine Gedanken nickte ich stumm und stieg ebenso wie die anderen aus dem Auto aus. Wir waren auf dem Parkplatz und näherten uns nun zu einem großen Gebäude zu. Die Firma von Dale Allen prangte vor uns und man konnte wirklich über diesen Anblick staunen. Jetzt verstand ich zu was er alles fähig war. Mich würde es nicht einmal wundern, wenn er in Geld badete. Die Vorstellung blendete ich aber aus und konzentrierte mich auf eine bestimmte Person, die auf uns aufmerksam wurde und nicht erfreut darüber ausschaute.

Der VerstandWhere stories live. Discover now