Kapitel 25

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Mein ganzer Körper begann unkontrolliert zu zittern und mein Herz schlug so schnell gegen meine Brust, das es schon wehtat. Ich hatte das Bedürfnis zu schreien, aber mein Mund war wie zugeschnürt und mein Blick war nur auf diesen Mann gerichtet, der sich weiterhin nicht von der Stelle rührte. So langsam ging meine Atmung sogar unregelmäßig und ich hatte das Gefühl zu ersticken.

Augenblicklich wurden meine Hände zu Fäusten und meine Augen begannen nach etwas zu suchen bis sie an dem Brotmesser hängen blieben.

Ohne länger darüber nachzudenken schnappte ich mir das Messer in die Hand und rannte mit eiligen Schritten aus der Küche raus. Die Stimme von Hope und Daniel waren im Hintergrund zuhören, jedoch blendete ich sie komplett aus und verließ das Haus. Draußen vor der Tür blieb ich für einen Moment stehen, denn der fremde Mann war verschwunden.

Verwirrt verengte ich die Augenbrauen und ging zum Gehweg, wo er noch vor einigen Sekunden stand und mich ununterbrochen beobachtet hatte.

"Das ist unmöglich", murmelte ich und begann ungläubig den Kopf darüber zu schütteln.

"I-Ich habe ihn doch gesehen. E-Er...Er war genau hier", konnte ich es nicht fassen.

"Aria", sagte plötzlich jemand, weswegen ich erschrocken den Kopf hob und anschließend in das Gesicht von Liam blickte.

"Ich bin es nur", sprach er ruhig auf mich ein, aber ich begann erneut den Kopf zu schütteln.

"Er war genau hier. Er stand hier", erklärte ich verzweifelt und er nickte nur, dabei kam er vorsichtigen einen Schritt auf mich zu.

"Aria gib mir das Messer", verlangte er, aber ich ignorierte ihn komplett.

"Warum glaubst du mir nicht? Er stand hier! Genau hier! Er hat mich beobachtet!", schrie ich schon fast weinerlich und er blieb kurz stehen.

"Ich glaube dir, aber gib mir bitte zuerst das Messer", wiederholte er sich.

"Du glaubst mir nicht", flüsterte ich.

Die ganze Situation wurde mir langsam zu viel und ich verlor einige Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte. Am Ende begann ich ängstlich zu weinen und bekam noch mit wie mir jemand das Messer aus meiner zittrigen Hand nahm, bevor ich schließlich von Liam in eine Umarmung gezogen wurde.

Er hielt mich fest in seinen Armen, als ob er Angst hatte, dass ich zusammenbrechen würde.

Länger blieben wir nicht so stehen und er hob mich in Brautstyle hoch, um mich wieder ins Haus zu tragen. Auf der Couch ließ er mich runter und setzte sich neben mich, dabei ließ er mich keine Sekunde aus den Augen. Nebenbei reichte mir Hope ein Glas Wasser und ich trank einen Schluck davon, denn mehr ging nicht. Jack, Katy und Daniel saßen auf der anderen Couch und blieben zuerst still.

Ich schloss erschöpft meine Augen und Liam hielt meine Hand in seiner. Seine Berührung beruhigte mich und seine Anwesenheit schenkte mir Sicherheit.

"Wen hast du gesehen?", wollte er nun wissen und ich schwieg für einen Augenblick.

"Einen Mann", antwortete ich.

"Falls ich natürlich nicht verrückt geworden bin und es mir doch nur eingebildet habe", fügte ich hinzu und lachte darüber bitter, denn es würde mich nicht sehr überraschen, wenn ich es wirklich war.

"Welcher Mann?", hackte er nun nach.

"Als wir beim Holzhaus waren und einkaufen gegangen sind, bin ich mit einem Mann zusammengestoßen. An der Kasse hatte ich ihn wieder gesehen und er starrte mich an. Eigentlich war ich mir nicht einmal sicher, ob sein Blick wirklich auf mich gerichtet war, a-aber...als er heute...dort stand und mich vom F-Fenster beobachtet hatte, bestätigte es sich", erzählte ich und drückte Liam's Hand, was er beruhigend erwiderte und still blieb.

"Kann es dann sein, dass dieser Mann ins Haus eingebrochen ist und diese Nachricht am Spiegel hinterlassen hat?", fragte sich nun Hope.

"Das kann wirklich sein", stimmte Katy ihr zu.

"Du stehst sozusagen in Beobachtung, aber warum macht dieser Typ es so offensichtlich?", verstand es Jack nicht und schien zu überlegen.

"Vielleicht hat dieser Mann gar nichts mit dieser Sache zutun", dachte Daniel laut nach.

"Aus welchem Grund sollte er sie dann einfach so beobachten?", war Hope nun verwirrt.

"Keine Ahnung, es war nur eine Vermutung", antwortete er.

"Wir müssen all diese neuen Informationen und diesen geheimnisvollen Mann der Polizei melden. Aria weiß, wie er ausschaut, also wird es wohl nicht schwer sein ihn zu finden", bestimmte meine Schwester und schaute sehr aufgewühlt aus.

"Das alles ist ein reines Chaos geworden", kommentierte Hope daraufhin.

"Du bleibst ab sofort an meiner Seite. Ich lasse dich keine Sekunde mehr alleine", murmelte Liam plötzlich und zog mich beschützerisch näher an sich.

"Sagen wir jetzt mal, dass das alles wirklich mit Ace zutun hat. Er hat alles geplant und er meinte, dass Liam auf Aria aufpassen muss. Das bedeutet, dass er ihn vor etwas oder besser gesagt vor jemanden warnt", vermutete Jack.

"Willst du damit sagen, dass es irgendjemand auf Aria abgesehen hat und Ace vermutlich davon Bescheid weiß, weshalb er mich davor warnt?", versuchte Liam seinen Gedanken zu folgen.

"Ganz genau", bestätigte er, worüber mein Freund nachdenklich die Stirn runzelte.

"Das ergibt doch trotzdem keinen Sinn", beteiligte sich Hope erneut an das Gespräch.

"Ich bin der gleichen Meinung, denn wer sollte es auf Aria abgesehen haben?", lachte Daniel etwas unsicher und er hatte eigentlich Recht.

"Vielleicht nicht Aria, aber auf Liam", sagte Jack, worauf sich alle Blicke auf Liam richteten.

Im selben Augenblick klingelte es an der Haustür, wodurch die Stille in der Luft unterbrochen wurde und da es plötzlich kam, zuckte ich zusammen. Jack stand schließlich auf und meine Augen wanderten nebenbei zu Liam, der verwundert die Augenbrauen zusammengezogen hatte.

Bevor ich nachfragen konnte, was los war, spürte ich wie mein Handy vibrierte, jedoch entschied ich mich dagegen, um nach zusehen, denn ich hatte jetzt gerade keine Nerven dazu.

"Wo ist eigentlich Levin?", wollte Liam wissen.

"Arbeiten", antwortete Katy.

"Levin arbeitet Freitags nicht", meinte er daraufhin, worauf sich die Miene meiner Schwester änderte.

"Er hat es mir aber geschrieben", erklärte sie.

"Leute!", schrie auf einmal Jack, worauf wir alle verwirrt aufstanden und zu ihm rannten.

Ich riss die Augen auf, als ich Levin mit Blut verschmiertem Gesicht vor unserer Haustür liegen sah. Meine Schwester ließ erschrocken einen Schrei raus und näherte sich sofort auf ihn zu. Sie flüsterte immer wieder seinen Namen, denn seine Augen waren geschlossen und anscheinend hatte er das Bewusstsein verloren. Liam stand einfach nur da und starrte seinen Bruder regungslos an.

Als mir etwas bewusst wurde, nahm ich sofort mein Handy raus und las mir diese Nachricht durch.

Ich hatte Recht, weshalb ich langsam den Kopf hob und Liam seinen Augen begegnete. Er hatte seine Hand ausgestreckt, weil er die Nachricht sehen wollte. Es würde ihn aber nur provozieren, weswegen ich es ihm nicht gab, jedoch riss er mir es augenblicklich aus der Hand und las es sich durch, dabei verstärkte sich sein Griff um das Handy.

Das Überraschungsgeschenk liegt vor der Tür.

Der VerstandWhere stories live. Discover now