Kapitel 58

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"Aria!", beschwerte sich Liam.

"Was?", fragte ich und tat auf ahnungslos.

"Du machst es mit Absicht", erklärte er.

"Meinst du das?", wollte ich genauer wissen und drückte mit purer Absicht fester auf seine Wunde.

"A-Aria", flüsterte er unter zusammengebissenen Zähnen und warf mir einen warnenden Blick zu.

"Oder meinst du doch das?", machte ich weiter und legte meine Hand unsanft an seine schmerzende Schulter, worauf mein Freund das Gesicht verzog.

"G-Gut, das du keine K-Krankenschwester bist", scherzte er und als ich losließ, atmete er erleichtert aus und wagte es nicht etwas Falsches zu sagen.

"Wortwörtlich", hörte ich Jayden murmeln, der auf einem Sessel saß und von seiner Freundin gerade verarztet wurde, aber schmerzfrei und vorsichtig.

"Hope wollen wir die Patienten tauschen?", schlug ich grinsend vor, weshalb Jayden die Augen aufriss.

"Nein!", rief dieser entsetzt.

"Bitte, bleib bei mir", flehte er seine Freundin an.

Die Blondine schüttelte lachend den Kopf und ich musste breit Grinsen. Meine Aufmerksamkeit widmete ich wieder auf den Idioten mit dem ich sanfter, als vorher umging und seine Wunden sorgfältig reinigte, damit sie sich nicht entzündeten. Er blieb ruhig sitzen und zuckte nicht einmal mit der Wimper. Seine Augen lagen auf mir und er beobachtete mich stumm. Dieser Augenblick erinnerte mich an ein Geschehen, wo ich ihn auch verarztete und er mich schweigend anstarrte. Ein Lächeln verfing sich an seine Lippen, worauf ich fragend die Augenbrauen in die Höhe hob. Liam sagte kein Wort und betrachtete mich weiter, als ob es keinen anderen Menschen in diesem Raum gab. So intensiv und voller Emotionen, die ich allein in seinen Augen sehen konnte, denn sie blickten nur zu mir und waren blind für alle anderen. Meine Mundwinkel zuckten ebenfalls hoch, was ihm nicht entging, denn sein Lächeln wurde breiter.

Als ich fertig war, schaute ich erneut in seine Augen und blieb an seinen Lippen hängen, die einen Satz formten, der mich Strahlen ließ. Ich liebe dich sprach er stumm aus, sodass es niemand, außer mir zu sehen bekam, denn diese Worte galten lediglich nur mir. Dasselbe flüsterte ich ihm zu und hinterließ einen flüchtigen Kuss an seinen Lippen.

"Was ist mit euch passiert?", ertönte plötzlich die Stimme meiner Schwester, die gerade mit Levin herein kam und nun verwundert zu uns blickten.

"Eine kleine Schlägerei", antwortete Hunter, der im selben Moment von der Küche zurück zu uns fand.

Er setzte sich auf den leeren Sessel und hielt sich einen Eisbeutel ans Auge, der leicht angeschwollen war und wahrscheinlich schlimmer werden würde. Der ältere Black trat näher an uns und beäugte seinen Bruder genauer. Anschließend schüttelte er den Kopf über ihn und wirkte sehr unzufrieden, aber bestand darauf nichts zu sagen oder zu fragen.

"Was habt ihr diesmal angestellt?", regte sich Katy auf und ich ließ mich erschöpft neben Liam fallen.

"Kurz gefasst: Wir sind zu Dale Allen gegangen, um herauszufinden, wo sich Ace befindet, aber das ist in die Hose gegangen und das Endergebnis sieht ihr ja deutlich genug", erklärte ich kurz und schnell.

"Euch kann man nie allein lassen!", schrie sie uns wütend an, weshalb wir nichts dazu erwiderten.

"Er hat uns aber nicht angezeigt", versuchte Jayden sie zu beruhigen, worauf sie ihm einen bösen Blick zu warf und dieser sich zum Schweigen anschloss.

"Ihr werdet nichts mehr Dummes anstellen!", befahl sie von uns schließlich und setzte sich auch zu uns.

"Du auch, Liam", schloss sich Levin seiner Freundin an und dieser verschränkte die Arme vor der Brust.

"Liam?", fragte er nach, ob er auch zuhörte.

"Ja!", kam es etwas zu laut und aggressiv von ihm zurück, da wir erschrocken zusammenzuckten.

Als ich einen Blick auf mir spürte, schaute ich mich um und blieb bei meiner Schwester stehen, denn sie starrte mich an. Verwirrt zog ich die Augenbrauen darüber zusammen und blickte sie fragend an. Sie machte den Mund leicht auf, als ob sie antworten wollte, aber sie entschied sich wieder dagegen und schwieg mich an. Ein ungutes Gefühl bekam ich durch ihre komische Verhaltensweise, wodurch ich mich etwas aufrichtete und die Hände ineinander verschränkte. Ich hoffte innerlich, dass nichts schlimmes passiert war, aber ihr Ausdruck zeigte mir das Gegenteil davon. Mein Freund schien zu merken, dass etwas nicht stimmte, denn er lehnte sich zu mir vor und betrachtete mich besorgt.

"Ist etwas passiert?", fragte ich in die Stille hinein und dabei waren meine Augen auf Katy gerichtet.

Sie gab mir wieder keine Antwort und blickte lieber auf den Boden, anstatt mir ins Gesicht zu sehen. Ich ging mir nervös durch die Haare und befeuchtete mit der Zunge meine trockenen Lippen. Ungeduldig schaute ich erneut zu ihr hoch, aber keine Reaktion.

"Es ist etwas passiert", stellte ich fest.

"Was ist passiert?", wollte ich wissen und sie brauchte einige Sekunden, um etwas zu sagen.

"Jack", begann sie und spielte nervös mit ihren Fingern, dabei lief ihr eine einsame Träne runter.

Mein Herz blieb mir beinahe stehen und ich krallte meine Hand in Liam's Arm hinein, der ebenfalls unruhig neben mir saß. Leicht begann ich schon zu zittern und hatte Angst, wie ihr Satz enden würde.

"Er ist im Krankenhaus", erzählte sie.

"Was?", verstand ich nicht.

"Warum?", hakte nun Liam nach.

"Sie haben ihn im Gefängnis angegriffen und auf einer brutalen Weise zurückgelassen. Die Wachen haben ihn bewusstlos in einer der Kabinen in der Toilette aufgefunden", erklärte Levin für Katy.

"Wart ihr bei ihm?", fragte ich.

"Nein, weil sie uns nicht zu ihm rein lassen, aber ihm geht es jetzt gut", versicherte er mir mitfühlend.

"Wir müssen in da rausholen", sagte ich.

"Wie sollen wir das anstellen?", war Jayden planlos und ich stand auf und dachte angestrengt nach.

"Ich weiß es nicht, aber wenn er dort länger drinnen bleibt, dann bringen sie ihn noch irgendwann um", meinte ich und hatte davor am meisten Angst.

"Es muss doch irgendeinen Weg geben seine Unschuld zu beweisen", überlegte ich laut.

Ein Weg, der zu einer Person führte.

Ace.

Der Schlüssel zu allen Antworten und Auswegen, aber nirgendwo auffindbar. Ich gab es ungern zu, jedoch brauchten wir ihn alle und das dringend.

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Noch wenige Kapitel, bis zum Ende dieses Buches! Ich habe aber noch eine Überraschung für euch, die ihr bald erfahren werdet.

Eure Autorin E.E.
🖤

Der VerstandWhere stories live. Discover now