Kapitel 34

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Nach einer kurzen Weile öffnete sich die Küchentür und ein aufgelöster Jack kam herein. Wortlos ließ er sich auf einen Stuhl fallen und wir alle beobachteten ihn leicht verwirrt. Ich runzelte die Stirn darüber und näherte mich schweigsam auf ihn zu. Er senkte daraufhin seinen Blick und schloss müde die Augen, als ob er jeden Moment einschlafen könnte.

Ich musterte ihn besorgt und es zerriss mir das Herz in Stücke, das ich nichts dagegen tun konnte.

Seine Schulter hingen so kraftlos nach unten und meine Besorgnis um ihn wurde nicht weniger, sondern vermehrte sich nur noch mehr. Die dunklen Augenringe waren nicht zu übersehen, die definitiv schlimmer als meine ausschauten. Schon lange hatte er nicht mehr etwas richtiges gegessen, was das ganze Bild nicht besser machte. Ich konnte durchaus verstehen, warum sich Tante Amber um ihren Sohn so sehr sorgte. Dieser Anblick war nämlich nicht zu übersehen und machte einem wirklich Angst.

"Wo ist Fleur?", unterbrach ich die Stille.

"Sie ist gegangen", antwortete er knapp.

"Sie ist gegangen?", hakte ich sichtlich verwirrt nach, worauf er nur stumm nickte.

Verständnislos über seine Antwort warf ich einen kurzen Blick zu den anderen, die ebenfalls nicht verstehen konnten, dass sie einfach weg war.

"Sie hat mit Ace nichts zutun", ertönte seine ruhige Stimme erneut, dabei sah er mich an.

"Warum bist du dir so sicher dabei?", wollte Liam interessiert wissen und ich genauso.

"Sie war krank und litt wirklich unter Krebs. Nachdem sie es überstanden hatte, blieb sie nur für wenige Wochen noch hier in New York und diese wollte sie mit mir verbringen", begann er zu erzählen und machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr.

"Sie konnte mir aber nicht sagen, dass sie danach nach Frankreich zurückmusste, weil sie eigentlich dort lebt", fuhr er fort und lächelte gequält.

"Sich von mir zu verabschieden war ihr so sehr schwergefallen, weswegen sie sich dazu entschied spurlos zu verschwinden ohne mir eine verdammte Nachricht zu hinterlassen, denn das war natürlich einfacher", lachte er zum Schluss etwas verletzt, jedoch war es kein richtiges Lachen, weshalb ich automatisch nach seiner Hand griff.

"Sie war also nur wegen ihrer Krankheit hier gewesen", bemerkte ich und er nickte.

"Warum ist sie zurückgekommen?", stellte Hope nun neugierig eine Frage dazu.

"Um jemanden zu besuchen", entgegnete er.

"Wen?", fragte ich.

"Ihr Mutter", antwortete er.

"Die sich in der Psychiatrie befindet", fügte er noch hinzu und es blieb für einige Sekunden still.

Seine Antwort ließ uns alle für einen Augenblick sprachlos, denn damit hatte niemand gerechnet. Wenn ich ehrlich war, interessierte es mich, warum sich ihre Mutter in einer Psychiatrie befand, jedoch ging es mich nichts an. Aus diesem Grund stellte ich keine Frage zu diesem Thema und beließ es dabei. Man konnte ebenso den anderen im Raum mitansehen, wie sie sich ebenfalls zurückhielten.

Trotzdem ließ mich etwas Bestimmtes nicht los und brachte mich sehr intensiv zum Nachdenken. Daher richtete ich meinen Blick automatisch auf Jack.

"Warum stand dann kein Name in der Besucherliste?", wurde ich skeptisch.

"Ich weiß es nicht, aber es kann manchmal vorkommen, dass die Krankenschwester etwas vergessen einzutragen", erwiderte er darauf und zuckte unwissend mit den Schultern.

"Das kann wirklich sein", stimmte Daniel zu.

"Ja, aber warum taucht Ace's Bruder am nächsten Tag hier auf und warnt uns von der Psychiatrie fernzubleiben? Das kann doch kein Zufall sein", glaubte es Jayden nicht.

"Irgendjemand ist in dieser Psychiatrie", dachte ich laut nach und blickte augenblicklich ins Leere.

"Wie meinst du das?", wollte Hope wissen.

"Er möchte nicht, dass wir dorthin gehen und warum?", ließ ich sie alle überlegen.

"Warum?", hakte sie nach.

"Weil sich höchstwahrscheinlich eine unbekannte Person in dieser Psychiatrie befindet, dem wir nicht begegnen dürfen", erklärte ich meine Gedanken.

"Ich denke genauso nicht wie Jack, dass Fleur damit etwas zutun hat. Das würde nämlich keinen Sinn ergeben. Sie ist nur ihre Mutter besuchen gegangen und warum sollte Dale uns dann versuchen von der Psychiatrie fernzuhalten? Die Puzzleteile passen da nicht mehr zusammen", sprach ich weiter.

"Okay", begann Jack und fuhr sich einmal erschöpft durch das Gesicht, dabei richtete er sich auf.

"Dein Gedankengang ist gar nicht so falsch. Es kann sein, dass dieser Dale jemanden dort versteckt. Das Problem ist nur, das wir nicht wissen, ob diese Person eine Gefahr für uns ist oder nicht", meinte er.

"Wir müssen dringend mit Ace reden", flüsterte ich, denn nur er konnte dieses Chaos biegen.

"Vielleicht sollte ihm Liam einen Besuch abstatten", schlug Jayden vor, der mich gehört hatte.

"Was? Nein!", widersprach ich fassungslos.

"Aria-", setzte Liam zum Sprechen an, doch ich warf ihm einen solchen Blick zu, wodurch er schwieg.

"Jetzt beruhig dich. Eigentlich ist es gar keine schlechte Idee", kam Hope dazwischen.

"Klar", verdrehte ich die Augen.

"Dieser Typ möchte doch, dass dich Liam beschützt, also würde er seinen Besuch annehmen und mit ihm reden", schätzte meine beste Freundin.

"Wir sprechen hier über Liam und Ace. Beide in einem Raum? Tolle Idee", lachte ich humorlos.

"Mit genügend Wachen", erinnerte mich Jack.

"Da passiert schon nichts", war sich Daniel sicher, weswegen ich nur genervt vor mich hinschaute.

"Jayden", ertönte Liam's Stimme.

"Ja?", fragte dieser.

"Wo ist der Eimer?", erkundigte er sich.

"An einem guten versteckten Ort", grinste Jayden.

"Gut", schmunzelte mein Freund und ich konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken.

Es verschwand in wenigen Sekunden wieder, als ich plötzlich eine Nachricht erhielt. Etwas verwirrt nahm ich das Handy aus meiner Hosentasche raus und blickte angespannt auf das Bildschirm. Meine Augen weiteten sich und die Nervosität bereitete sich in mir aus, wodurch ich das Gerät ängstlich umgriff.

Ich hob den Kopf und schaute zu den anderen, die mich ein wenig besorgt betrachteten. Als mein hilfloser Blick zu meiner besten Freundin wanderte, änderte sich direkt ihr Gesichtsausdruck.

"Der Psycho hat geschrieben", verstand es Hope.

"Was steht in der Nachricht?", fragte Jack.

"Ihr werdet Ace nicht besuchen, ansonsten wird einer von euch leiden", las ich laut vor.

"Hört der uns etwa?", konnte es die Blondine nicht fassen und schien panisch zu werden.

"Hope", sagte Jack und signalisierte ihr still zu sein, dabei zeigte er auf mein Handy, wodurch er uns allen mitteilte, dass man uns von dort aus belauschte.

"Spannender als ein Film, wirklich", murmelte Jayden vor sich hin, weshalb wir alle die Augen verdrehten.

"Und jetzt?", flüsterte Hope, aber niemand wusste nun weiter, außer abzuwarten.

Der VerstandWhere stories live. Discover now