Kapitel 20

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"Was ist denn mit euch los?", fragte plötzlich Jayden, der an der Wohnzimmertür stand und uns verwirrt beobachtete.

"Wir wissen nicht einmal, ob es wirklich er ist!", regte ich mich weiter auf und ignorierte ihn vollkommen, denn meine ganze Aufmerksamkeit galt gerade meinem Freund.

"Ich weiß, dass es er ist", war sich Liam sicher.

"Woher willst du das wissen?", verstand ich ihn nicht.

"Leute?", kam Jayden wieder dazwischen.

"Nicht jetzt!", brüllten wir beide und blickten ihn leicht wütend an, worauf er erschrocken zusammenzuckte, da es unerwartet kam.

"Sorry", entschuldigte er sich und hob unschuldig die Hände in die Höhe, wobei er anschließend verschwand und uns alleine ließ.

"Ich werde dich nicht zu ihm gehen lassen", machte ich es ihm klar.

"Aria-", wollte er anfangen zu reden und ich wusste, dass er mich versuchen würde zu überreden, jedoch schüttelte ich direkt den Kopf.

"Vergiss es", unterbrach ich ihn.

Seine blauen Augen blieben nachdenklich auf mir liegen und anscheinend hatte er keine Ahnung, was er nun machen sollte, denn ihm war bewusst, dass ich meine Meinung nicht ändern würde.

Als ich ihn genauso anschaute, konnte ich deutlich feststellen, wie erschöpft er im Moment aussah. Sein Anblick machte mich weich, doch das bedeutete nicht, dass ich ihn einfach gehen ließ. Er handelte falsch, aber konnte es nicht einsehen. Niemand würde ihn an meiner Stelle gehenlassen, denn es würde nichts bringen. Was wollte er ihm denn sagen, falls es sich wirklich um Ace handelte, der diese Nachrichten hinterließ?

Die beiden hatten keine Angst voreinander und sie würden alles dafür tun, um den anderen zu verletzen und der Gedanke, das ich an all dem Schuld war, machte es nicht besser.

"Einfach so kann ich dich nicht aufhalten", begann ich nun, weshalb er fraglich die Augenbrauen verengte.

"Was meinst du?", wollte er wissen.

"Es tut mir Leid, aber es ist besser so", versicherte ich ihm und mit meinen Worten verwirrte ich ihn nur noch mehr, denn er schaute mich planlos an.

Auf der rechten Seite von der Haustür, wo ich direkt daneben stand, befand sich die Garderobe. Neben den Schuhen war in der Ecke ein alter Metalleimer, den Liam schon lange wegschmeißen wollte, aber es höchstwahrscheinlich vergessen hatte. Für eine kurze Weile blickte ich es einfach nur an, denn mir ging etwas durch den Kopf, das ich lieber nicht tun sollte, aber mir blieb auch keine andere Wahl.

Ohne länger darüber nachzudenken griff ich schließlich nach dem Eimer und holte einmal tief Luft, denn ich traute mich nicht und zögerte.

"Aria?", ertönte seine Stimme.

"Verzeih mir", flüsterte ich.

Bevor mein unschuldiger Freund irgendwas verstand, haute ich ihm mit Schwung den Eimer gegen den Kopf, worauf dieser einige Schritte nach hinten stolperte und zuletzt rückwärts auf den Boden fiel.

Regungslos blieb ich mit leicht geöffnetem Mund an derselben Stelle stehen, dabei starrte ich zuerst mit aufgerissenen Augen den Gegenstand in meiner Hand an und anschließend zu Liam. Ich konnte nämlich nicht fassen, dass ich das gerade ernsthaft getan hatte. Wer schlug denn schon seinen eigenen Freund bewusstlos? Zumindest hoffte ich, dass er nur das Bewusstsein verloren hatte.

Wenige Sekunden später versammelten sich alle im Flur, denn als Liam gefallen war, hatte dies einen lauten Lärm verursacht.

"Aria?", schaffte es Katy etwas zu sagen, wobei die anderen noch immer geschockt aussahen.

"Hilft ihr mir ihn in sein Zimmer zu tragen?", lächelte ich unschuldig und aufgewühlt, worauf alle mich nur sprachlos und überfordert anschauten.

•••

Nachdem die Jungs Liam in sein Schlafzimmer getragen hatten und der Schock etwas vorüber war, hatte ich allen erklärt, warum ich so gehandelt hatte. Levin hatte nichts dagegen, da er dasselbe getan hätte und die anderen hatten genauso nichts gesagt, denn sie verstanden mich. Nur Jayden hatte die Lage etwas zu ernst genommen, da er aus Angst vor mir den Eimer irgendwo versteckt hatte.

Liam ging es aber gut.

Er schlief tief und fest. In ein paar Stunden würde er wieder aufwachen, was für mich natürlich nicht so gut war. Ich wollte mir nämlich nicht einmal vorstellen, wie sehr er sich aufregen würde, weil ich ihn mit einem Eimer bewusstlos geschlagen hatte.

Diesen Gedanken blendete ich aber aus und fokussierte mich auf meinen Ziel, der im Augenblick mehr als nur wichtig war. Vor ungefähr einer Stunde hatte ich es geschafft mich aus dem Haus zu schleichen, denn wenn ich es den anderen gesagt hätte, wäre irgendeiner mitgekommen. Das wollte ich nicht, weswegen ich nun alleine im Taxi saß und angespannt aus dem Fenster schaute.

Meine Gefühle waren in einem Chaos und ich wusste nicht, wie ich mich daraus befreien musste.

Vor ein paar Wochen war ich noch ein glückliches Mädchen gewesen und hatte nicht solche komplizierten Probleme. Ich hatte keinen wichtigen Menschen in meinem Leben verloren und ich hatte keine komischen Nachrichten von jemanden bekommen. In dieser Zeit gab es nur die Freude, das ich meinen Abschluss hatte, das ich mit meinen Freunden zusammen war mit denen ich einen Ausflug plante und das ich Liam an meiner Seite hatte.

"Wir sind da", sagte plötzlich der Fahrer und mir war gar nicht aufgefallen, dass der Wagen stehen geblieben war.

"Entschuldigung, hier bitte", murmelte ich und reichte dem Mann sein Geld.

Somit stieg ich aus dem Auto aus und das Taxi fuhr mit hoher Geschwindigkeit davon. Ich ließ mich schließlich nicht weiter ablenken und näherte mich zu dem großen Gebäude, wo mir direkt das große Tor geöffnet wurde. Sie nickten mir nur freundlich am Eingang zu, was ich erwiderte und das Innere betrat. Meine Augen wanderten sofort in jede einzelne Ecke, denn es machte mich teilweise neugierig.

Dieser Ort war ganz neu für mich und es war ein beängstigendes Gefühl hier zu sein.

Ohne weiter darüber nachzudenken ging ich meinen Weg weiter und wurde nach einer Sicherheitskontrolle in einen Raum geschickt, der wie ein Büro ausschaute und wo es sehr stinkig und alt war. Allgemein fand ich es hier etwas ekelhaft, aber es gab jetzt kein zurück mehr.

"Für wen sind Sie da?", fragte mich der alte Mann in einem etwas unhöflichen Ton und bei seiner Frage schwieg ich für einige Sekunden.

"Ich möchte Ace Allen besuchen", antwortete ich.

Der VerstandWhere stories live. Discover now