Kapitel 9

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Um fünf Uhr morgens saß ich wach im Wohnzimmer und wartete auf eine Nachricht. Noch etwas schläfrig lehnte ich mich zur Couch zurück und schloss die Augen. Ich machte sie aber direkt wieder auf, da ich sonst einschlafen würde und gerade durfte ich das nicht. Es könnte nämlich jeden Moment Hope kommen, die mich nun mehr als alles andere brauchte.

Vor ungefähr einer halben Stunde rief sie mich an und erzählte, dass sie ihrem Vater alles gebeichtet hätte.

Ich wusste nicht, warum sie das um dieser Uhrzeit getan hatte, aber sie war nicht in der Lage mir etwas genaueres zu erklären. Daher meinte ich, dass sie zu mir kommen sollte, denn wenn sie zu Hause blieb, würde sie nur durchdrehen. Außerdem war Hope die ganze Zeit am Weinen und anscheinend war etwas schief gelaufen. Leider hatte ich eine Befürchtung dafür, aber ich verdrängte diesen Gedanken.

Im selben Augenblick hörte ich ein leises Klopfen an der Haustür, weswegen ich von der Couch auf stand. Ohne einen Lärm zu verursachen, schloss ich die Tür auf und erblickte eine verheulte Hope vor mir. In ihrer rechten Hand hielt sie ein kleines Gepäck, worin sich wahrscheinlich ihre Sachen befanden. Länger konnte sie mich nicht ansehen, denn sie ließ traurig ihren Kopf hängen. Aus diesem Grund dachte ich nicht länger nach und zog meine beste Freundin in meine Arme, denn es verletzte mich sie so zu sehen.

"Er h-hat...mir kein W-Wort geglaubt", schluchzte sie und krallte sich an mich, als ob sie einen Halt suchen würde, um nicht zusammenzubrechen.

Für einige Sekunden ließ ich sie einfach weinen und blieb so mit ihr stehen, denn ich hatte selber gerade keine Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte. Konnte man wirklich so blind vor Liebe sein, sodass ein Vater seiner eigenen Tochter nicht einmal vertraute? Das war vollkommen unverständlich für mich, denn die Kinder mussten immer an erster Stelle stehen und das selbst, wenn man für seine Liebe sterben würde.

"K-Kann ich...für ein paar Tage hier bleiben?", unterbrach sie die Stille und versuchte nicht mehr zu weinen, was aber nicht so gut funktionierte.

"Du kannst so lange bleiben, wie du willst", antwortete ich und löste mich langsam von ihr.

Somit machte ich die Haustür zu und zusammen gingen wir leise die Treppen nach oben. Sie ließ ihre Tasche neben meinem Schrank fallen und legte sich anschließend auf das Bett, dabei starrte sie gedankenverloren auf die Zimmerdecke. Schweigend legte ich mich neben sie und wartete bis sie von selbst redete, denn ich wollte sie nicht bedrängen. Das Gute war gerade, dass sie nicht mehr weinte, aber sie könnte jederzeit ausrasten und das war völlig normal in dieser Situation. Ich selber hätte nämlich nicht anders reagiert, wenn mein Vater mir nicht geglaubt hätte.

"Ich dachte es wäre der perfekte Moment es ihm zu erzählen. Meine...Mutter ist auch nicht da, weil sie anscheinend auf einer kleinen Geschäftsreise ist. Wer's glaubt. Mein Vater vertraut ihr natürlich, aber seiner Tochter nicht!", begann sie und bei dem letzten Satz wurde sie plötzlich lauter, weswegen ich kurz zusammenzuckte.

"Wollte er, dass du gehst?", erkundigte ich mich und ich hoffte, dass es nicht so war, denn sonst wäre alles nur noch schlimmer.

"Nein, ich bin selbst gegangen", sagte sie.

"Aria", fing sie nach einigen Sekunden an, dabei klang sie wieder ruhiger.

"Ja?", fragte ich.

"Glaubst du, dass alles wieder gut wird?", wollte sie wissen, womit ich ehrlich gesagt nicht gerechnet hatte, daher brauchte ich etwas länger, um ihr eine Antwort darauf zu geben.

"Ich weiß es nicht", war ich ehrlich, denn ich wollte sie nicht anlügen.

"Zu viel Drama", meinte sie daraufhin, weswegen ich mich schmunzelnd zu ihr umdrehte und sie es mit einem kleinen Grinsen erwiderte.

•••

"Können wir nicht einfach für ein paar Tage verschwinden?", fragte ich hoffnungsvoll.

Zusammen mit Liam, Jack und Hope saß ich im Garten, dabei genossen wir die Sonne, die auf uns herab schien. Außerdem dachte ich die ganze Zeit darüber nach, ob wir nicht einfach gehen könnten, denn ich brauchte das. Jack und Hope würde es ebenso guttun. Sie brauchte Abstand von ihren Eltern und er brauchte Abstand von Fleur, auch wenn es bei ihm vielleicht etwas unmöglich war.

Seit Tagen machten wir nichts besonderes und Abwechslung würde jedem gefallen. Niemand ging in den Urlaub und da wir alle nichts taten, außer zusammen abzuhängen, wäre es schön, wenn wir eine kleine Reise machten.

"Du willst also verschwinden?", wollte Liam von mir wissen, als ob er sichergehen wollte, ob ich es auch wirklich ernst meinte.

"Ja", antwortete ich.

"Gut, dann pack deine Sachen", meinte er daraufhin und stand von der Wiese auf, was ich ihm verwirrt gleich tat.

"Wie? Warum?", verstand ich ihn nicht.

"Ms Evans möchte einen Ausflug machen und den werden wir machen", erklärte er grinsend, womit er mir ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

"Das pack deine Sachen war auch an euch beide gerichtet", widmete sich mein Freund nun an die anderen zwei, die uns schweigend beobachtet hatten.

"Ich will nicht mitkommen", sagte Hope.

"Ich genauso nicht", lehnte Jack ebenso ab.

"Es wird euch aber guttun", versuchte ich beide zu überreden und schaute sie bittend an.

"An eurer Stelle würde ich ihr nicht nein sagen, denn sonst ist Aria die ganze Zeit traurig, was sie dann an mir rauslassen wird und das bedeutet wiederum, dass ich später meine Wut an euch rauslassen werde", lächelte Liam und das alles hatte er in einem solch ruhigen Ton gesagt, sodass es gar nicht wie eine Bedrohung klang.

Natürlich meinte er seine Worte nicht ernst, obwohl sein Gesichtsausdruck etwas ganz anderes sagte. Er wusste, dass ich mir um Jack und Hope Sorgen machte, daher versuchte er zu helfen, auch wenn seine Methode etwas anders war. Es hatten noch alle ein wenig Angst vor Liam und am meisten, wenn er wütend war und das nutzte er gerade aus.

"Aria hat Recht, das wird uns guttun", überlegte es sich Hope wieder anders.

"Finde ich auch", stimmte mein Cousin mit und ich schüttelte nur grinsend den Kopf darüber.

"Wohin geht die Reise überhaupt?", fragte ich neugierig nach und alle schienen nachzudenken.

"Wie wärs mit Frankreich?", schlug schließlich Liam vor, woraufhin Hope und ich begeistert nickten, doch Jack blickte angespannt auf die Seite und schwieg.

Seine Gedanken schweiften immer wieder zu Fleur und es tat mir so Leid, das ich nichts dagegen tun konnte. Ich hatte ihm eine Versprechen gegeben, dass wir sie finden würden, aber ob dies eine gute Idee war, wusste ich nicht mehr. Er litt vor meinen Augen und dieser Anblick schmerzte. Es war keine Wunde, die ich mit einem einfachen Pflaster heilen konnte, denn es hörte nicht mehr auf zu bluten.

"Dann los und vergessen wir nicht Jayden und Hunter", meinte Jack plötzlich mit einer vollkommen anderen Stimmung, doch als er meinen besorgten Blick bemerkte, lächelte er nur schwach und verschwand im Haus.

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Es tut mir Leid, wenn ich nicht so oft ein Kapitel schreiben kann, aber ich habe bald meine Prüfungen und muss mich deshalb auch auf das Lernen konzentrieren.
Außerdem ist mir selbst bewusst, dass die Kapitel im Moment vielleicht nicht so spannend sind, aber es ist erst der Anfang und es wird noch einiges in diesem Buch passieren. Ich hoffe, dass es euch trotzdem weiterhin gefällt.

Eure Autorin E.E.
🖤

P.S. Passt auf euch auf und bleibt gesund!

Der VerstandWhere stories live. Discover now