10.Kapitel

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Oh nein, das konnte ja nichts gutes bedeuten. Ängstlich versuchte ich zumindest einigermaßen ruhig zu bleiben und eine Verteidigungshaltung einzunehmen. Nicht, dass mir das gegen Damon viel helfen würde, aber ich fühlte mich so irgendwie besser. Tatsächlich schaffte ich es seinem ersten Angriff auszuweichen, auch, als er versuchte mir die Beine wegzutreten konnte ich mich mit einem Sprung zur Seite retten.
"Hör verdammt nochmal auf vor mir wegzurennen", knurrte er mich an und machte einen weiteren Schritt auf mich zu. Das würde ich ganz bestimmt nicht tun, ich war doch nicht lebensmüde und blieb stehen um mich seelenruhig verprügeln zu lassen. Und angreifen konnte ich sowieso vergessen, selbst wenn ich einen Treffer landen würde, würde ich mich auf diese Art wieder in seine Reichweite begeben. Erneut duckte ich mich unter einem Schlag weg, musste dafür aber einen Treffer in die Seite einbüßen. Zischend zog ich die Luft ein, wollte er mir eine Rippe brechen oder was sollte das werden?
Kurz entschlossen entschied ich mich schließlich doch einen Angriff zu wagen, dann würde er mich vielleicht irgendwann in Ruhe lassen bevor ich einen gebrochenen Knochen zu beklagen hatte oder ohnmächtig wurde. Meine Technik war so simpel, dass sie schon wieder schwierig war: ich täuschte einen angetäuschten Schlag vor, schlug also zu obwohl dieser eigentlich nur als Ablenkung dienen sollte. Zu meiner eigenen Überraschung traf ich sogar, auch wenn ich bezweifelte, dass er davon überhaupt länger als ein paar Stunden etwas spüren würde, war ich ziemlich stolz auf mich. Und wurde unaufmerksam; ein gezielter Schlag gegen mein Schlüsselbein ließ mich keuchend zu Boden gehen.
"Ernsthaft, Prinzessin, hörst du mir überhaupt zu? Du sollst deine Kräfte benutzen!" Drohend kam Damon erneut auf mich zu, während ich versuchte so schnell wie möglich wegzukrabbeln. Irgendwie wollte ich keine Telekinese benutzen. Nicht, weil ich Angst hatte ihn zu verletzen, sondern weil ich ahnte, dass er dann etwas tun würde, was schlimmer war als das gerade.
"Scheiße." Mit einer schnellen Rolle hatte ich gerade noch verhindern können, dass mich ein Tritt genau in den Bauch traf; so langsam bekam ich Panik, eigentlich hatte ich nicht vor die nächsten paar Tage auf der Krankenstation zu verbringen.
Wahrscheinlich rettete mich genau dieser Überlebensinstinkt, denn als Damon zum nächsten Schlag ausholte ließ ich ihn plötzlich auf mehreren Metern Höhe gegen die Wand krachen. Erschrocken über mich selbst sprang ich auf, so eine heftige Wirkung hatte ich nicht erzielen wollen. "Damon?", fragte ich mit zitternder Stimme; er lag noch immer da, doch das konnte auch ein Trick sein um mich dazu zu bringen in seine Reichweite zu kommen, also bewegte ich mich keinen Schritt.
"Es geht doch, warum nicht gleich so?" Mir entwich ein kleiner Schrei, als mein Ausbilder urplötzlich grinsend vor mir stand. Er konnte doch unmöglich in einer Sekunde diese Strecke zurückgelegt haben, außer....Ungläubig weiteten sich meine Augen, ich konnte ihm überhaupt nicht davonlaufen.
"Du hast es echt früh mitbekommen und weißt du noch etwas? Das ist nicht die einzige übernatürliche Fähigkeit die ich besitze." Viel zu schnell, als das ich mich irgendwie hätte wehren können, packte er meinen rechten Fußknöchel mit einer Hand und schleuderte mich lässig gegen die zehn Meter entfernte Wand. Geistesgegenwärtig versuchte ich den Aufprall irgendwie abzufangen, was jedoch gründlich misslang. Mit einem unschönen Knacken schlug ich auf; ein qualvoller Schmerz durchzuckte mich, bunte Sterne flackerten vor meinen Augen und ich fiel zurück auf den Boden, wo ich ein paar Zentimeter weiter rollte und schließlich stöhnend liegen blieb. Wenn ich mich nicht täuschte, hatte ich mir jetzt wirklich mindestens eine Rippe angeknackst, vermutlich eher gebrochen. Aus den Augenwinkeln sah ich Damon auf mich zu kommen, irgendetwas in mir ließ mich bei diesem Anblick so schnell wie möglich aufspringen, wobei ich die Schmerzen in meiner Seite möglichst ausblendete. "Extreme Geschwindigkeit und übermenschliche Kraft? Das ist ja schon fast unfair." Ich gab mir Mühe sehr locker zu wirken, meine einzige Chance waren Überraschungsangriffe.
"Nicht wahr? Aber das Leben ist nun mal nicht fair..." Anscheinend dauerte ihm das zu lange, denn er griff mich erneut mit gefühlten 100 Metern pro Sekunde an. Doch diesmal war ich vorbereitet und ließ mich rechtzeitig auf den Boden fallen. Damit hatte er tatsächlich nicht gerechnet und lief erstmal an mir vorbei; ich wollte mir schon selbst für diesen genialen Einfall auf die Schulter klopfen, als ich erkannte, in welche ungünstige Lage ich mich gebracht hatte. Bevor ich mich aufrappeln konnte, spürte ich schon, wie ich am Handgelenk hochgezogen, einmal durch die Luft gewirbelt und schließlich auf den Boden geknallt wurde. Wenn ichs nicht besser wüsste, würde ich glatt sagen, dass er mich umbringen wollte. Inzwischen hatten auch die anderen unseren Kampf mitbekommen, war ja auch schwer zu überhören. Neugierig beobachteten die meisten uns, offenbar war es ihnen egal, ob sie dafür Ärger bekommen würden, aber das wäre es mir wohl auch.
"Lola, Vorsicht!" Annes aufgeregte Stimme ließ mich aus meiner Lethargie erwachen und ich schaffte es gerade noch im letzten Moment meine Arme nach oben zureißen um Damons Faust abzuwehren. Wenn ich schonmal dabei war, konnte ich mich genauso gut von ihm hochziehen lassen, also klammerte ich mich an seinem Arm fest, bis wir uns erneut dicht gegenüber standen. "Dir macht das Spaß...", verwirrt sah ich in seine Augen und versuchte den Grund dafür zu finden.
"Ja. Es ist ganz angenehm mal gegen jemanden zu kämpfen, der das Potenzial hat mir ebenbürtig zu werden." Jegliches Grinsen war aus seinem Gesicht erloschen, doch ich bildete mir ein, für einen winzigen Moment ein leichtes Lächeln gesehen zu haben. Meine Augen wurden immer größer, sollte das jetzt sowas wie ein Lob sein?
"Wie gesagt, du hast das Potenzial, aber bis du das voll ausgeschöpft hast, kann es noch ewig dauern." Der ernste Tonfall war wieder dem spöttischen gewichen und von einer Sekunde zur nächsten lag ich wieder auf dem Boden. Jetzt reichts, wie du mir, so ich dir, dachte ich wütend und blieb mit geschlossenen Augen liegen. Wenn mein Plan aufging, würde er sich für einen Moment Sorgen machen und dann... "Mach keinen Scheiß, Prinzessin, ich weiß, dass du nicht ohnmächtig bist." Als ich seine Gegenwart direkt über mir spürte, erkannte ich meine Gelegenheit. Jetzt oder nie, dachte ich grimmig, schlug die Augen auf und schleuderte Damon quer durch die ganze Halle. Ein paar der anderen Rekruten liefen hastig einige Schritte zurück, da er kurz vor ihnen aufkam.
Schnell stand ich auf und versuchte mir einen Plan zu überlegen, wie ich hier mit möglichst wenigen stärken Blessuren davonkam ohne abzuhauen. Etwa 300 Meter von mir kam mein Ausbilder wieder auf die Beine; selbst von dieser Entfernung aus konnte ich das mörderische Funkeln in seinen Augen erkennen. Typisch, da sollte ich schon meine Fähigkeiten einsetzen und dann machte ihn das auch wieder wütend. Zitternd wich ich bis zur Wand zurück, auch wenn ich viel zu langsam war, wollte ich einen größeren Abstand zwischen uns bringen.
"Ich gebe zu, damit hast du mich überrascht." Betont langsam näherte er sich mir, das wirkte auf mich jedoch alles andere als beruhigend. "Das fasse ich jetzt mal als Kompliment auf." Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren, ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen. Damon hatte eine kleine Platzwunde an der linken Augenbraue, ließ sich davon jedoch nicht irritieren. Ich wagte noch einen letzten Versuch. "Unentschieden?" Meine zaghafte Frage ließ ihn in leises Gelächter ausbrechen. "Kommt gar nicht in Frage, wir haben doch gerade mal angefangen." Gut, er hatte es nicht anders gewollt. Während ich weiter entlang der Wand zurückwich, entstand allmählich eine Idee in meinem Kopf. "Und wann hat einer von uns gewonnen?" Ich ließ nicht locker, wenn dann sollte ich zumindest eine Chance haben. Amüsiert schüttelte Damon den Kopf. "Wenn ich eine Bedingung zum Sieg festlege, hörst du dann auf abzuhauen?" Zögerlich nickte ich, er sollte ruhig denken, dass ich nur auf Zeit spielte. In Wirklichkeit hoffte ich, dass er eine Bedingung, die in meinen Plan passte, nennen würde.
"Also meinetwegen, wer den anderen 30 Sekunden ununterbrochen zu 90% auf dem Boden hält hat gewonnen." Siegessicher schlenderte er auf mich zu; 90% würde bedeuten, dass sich höchstens der Kopf oder so nicht auf dem Boden befinden durfte. Zugegebenermaßen, unter normalen Umständen hätte ich nicht den Hauch einer Chance, aber inzwischen herrschten hier immerhin alles andere als normale Umstände. Ich rührte mich wie versprochen nicht von der Stelle und versuchte mich zu konzentrieren, indem ich die Augen schloss.
"Was denn, gibst du etwa schon auf? Nicht, dass das möglich wäre, aber einfach nur dastehen und nichts zu tun kommt schon ziemlich nah dran." Seine spöttische Stimme verriet mir, wie nah er bereits war und ich öffnete mit einem kleinen Lächeln die Augen. "Wer sagt denn, dass ich nichts tue?" Stirnrunzelnd hielt er für einen Moment inne, mit dieser Reaktion hatte er offenbar nicht gerechnet. Das war mein Stichwort und ich ließ ihn mit einer winzigen Handbewegung rückwärts auf den Boden fallen und setzte meine gesamte Kraft dafür ein ihn durch Telekinese auch dort zu behalten. Ungläubig sah er mich an und versuchte aufzustehen, doch eine Art unsichtbare Fesseln hinderten ihn daran und noch konnte ich sie halten. Trotzdem spürte ich wie er dagegen aufbegehrte, denn es wurde immer schwieriger die Position zu halten. Zitternd ging ich in die Knie, als die Kraft in meinen Beinen nachließ; diese blöden 30 Sekunden mussten doch bald mal um sein, hatte überhaupt jemand auf die Uhr geschaut? Ich spürte noch, dass ich keine Sekunde länger durchhalten würde und war dabei das ganze abzubrechen, als ich ein begeistertertes Klatschen hörte; kraftlos ließ ich meine Hand fallen, wodurch der Druck auf Damon verschwand und er sich wieder bewegen konnte. Mein Blick wanderte zu meinen Freunden, Sarah war es gewesen, die geklatscht hatte. Alle vier strahlten mich an, was auch mich zum lächeln brachte. Erneut applaudierte jemand, doch diesmal war es ein langsames, ziemlich schnell endendes Geräusch. Erschöpft sah ich in die blauen Augen meines Ausbilders.
"Gut gemacht, ich bin ehrlich gesagt wirklich beeindruckt." Er lächelte anerkennend und hielt mir seine Hand hin. Heute morgen hätte ich mich noch strikt geweigert mir aufhelfen zu lassen, aber da ich mir im Moment nicht einmal sicher war, ob meine Beine mich trugen, ergriff ich sie dankbar und ließ mich hochziehen. Sofort schwankte ich und krallte mich in Damons T-shirt fest. Zum ersten Mal schien er wirklich besorgt zu sein, denn er legte schnell einen Arm fest um mich um zu verhindern, dass ich umkippte und brachte mich zu einem Stuhl an der Seite, auf den er mich vorsichtig drückte. "Holt ihr mal etwas zu trinken", befahl er meinen Freunden und wandte sich dann wieder mir zu. "Hey, Lola, nicht ohnmächtig werden, okay?" Leichter gesagt als getan, mir wurde langsam echt schwummrig. "Ey, du kennst ja doch meinen Namen..." Ich brachte ein klägliches Lächeln zu stande.
"Hier, wir haben gleich Liz mitgebracht...", atemlos drückte Sarah mir eine Flasche Wasser in die Hand. Dankbar nahm ich einen Schluck, während Liz sich besorgt vor mich kniete. "Lola, was ist los? Tut dir irgendetwas weh?"
"Ich hab mir glaube n paar Rippen angeknackst, sonst is alles gut. Kann ich jetzt schlafen?", nuschelte ich während mir immer wieder die Augen zu fielen. Warum war ich denn plötzlich so müde? "Ich sollte ihre Rippen mal röntgen, dass sie nicht wach bleibt macht mir auch Sorgen. Was hast du denn mit ihr angestellt, Damon?" Ich konnte mir ihren vorwurfsvollen Blick bildlich vorstellen und fing aus irgendeinem Grund an zu grinsen. "Ich hab gewonnen, Liz, ich hab gewonnen."
"Gut, das reicht. Bring sie auf die Krankenstation, ich werde nicht das Risiko eingehen, dass hier noch sonstwas passiert." Mit letzter Kraft blinzelte ich Liz wütend an. "Ich muss nicht auf die Krankenstation, ich bin einfach nur müde."
"Und genau deswegen musst du mindestens in ein Bett, Prinzessin." Das letzte, was ich mitbekam war, wie ich sanft hochgehoben und weggetragen wurde.

Ich muss zugeben, dass ich ziemlich stolz auf mich bin :D. Eigentlich hatte ich für das Kampftraining nur ein halbes Kapitel eingeplant und bei einem viertel wollte ich schon aufgeben, doch ich habs tatsächlich geschafft damit ein komplettes Kapitel zu füllen und es ist mir gar nicht mal so schlecht gelungen, wie ich finde. ;) Ich hoffe euch hats auch gefallen. Für alle, die sichs noch nicht denken konnten, auf dem Bild sieht man Luke Mitchell, den ich als Besetzung für Damon ausgewählt habe. Ist leider nicht die beste Qualität, aber das Bild hat mir einfach am besten gefallen :D.

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Where stories live. Discover now