21.Kapitel

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Von einer Sekunde zur nächsten hatte er die Strecke überwunden und mich mit einem gezielten Faustschlag zu Boden geschickt, ich hatte gerade noch die überraschte Kim zur Seite schubsen können.
"Hast du heute morgen dein Gehirn verloren, oder was soll der Scheiß?!" Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt, allmählich bekam ich echt Angst. Schnell rollte ich zur Seite, um einem Tritt in die Rippen auszuweichen und wurde im selben Moment unsanft an den Haaren hochgerissen.
"Hast du jetzt auch noch deine Zunge verschluckt? Ich rede mit dir!" Damon zog mich weiter hoch, obwohl ich mich auf die Zehenspitzen stellte, konnte ich den Schmerz nicht vermindern. Mir traten die Tränen in die Augen, es fühlte sich an, als würde er mir gleich einen Haufen Haare rausreißen.
"Ich weiß nicht....was ich...dazu sagen soll", brachte ich wimmernd hervor.
"Ja, mir geht es ähnlich", knurrte er wütend. "Hast du eigentlich eine Ahnung, was alles hätte passieren können?! Du könntest tot sein, verdammt nochmal!" Mit einem Ruck schleuderte er mich zu Boden.
"Bin ich aber nicht, es ist doch alles...." Diesmal konnte ich dem Tritt in den Magen nicht ausweichen; schlagartig wurde mir übel und ich würgte, doch ich konnte gerade noch verhindern, dass ich wirklich  kotzte.
"Lola!" Ich sah auf; inzwischen hatte sich ein ansehnlicher Halbkreis um uns gebildet, ich wusste zwar nicht, was daran so toll war zuzusehen, wie ich verprügelt wurde, aber vielleicht war es einfach diese eigenartige Faszination, die immer entstand, wenn jemandem Schmerzen zugefügt wurden. Wenigstens hielten meine Freunde Kim davon ab zu mir zu stürzen.
Hustetend richtete ich mich auf, auch wenn ich nicht daran glaubte, dass ich sonderlich lange auf den Beinen stehen würde. Hey Gott, falls du gerade Zeit hast, könnte ich deine Hilfe gebrauchen, dachte ich. Vielleicht hörte er mich ja.
"Sag mir, was hält mich davon ab, dich vor den nächsten Zug zu werfen?" Drohend kam Damon weiter auf mich zu, doch ich wich nicht zurück; irgendwie ahnte ich, dass ihn das noch wütender machen würde. Stattdessen sah ich ihm fest in die Augen. "Nichts." Es war eine einfache Feststellung und im selben Moment, in dem ich sie aussprach, wusste ich, dass ich die Wahrheit gesagt hatte. Niemand würde ihn aufhalten, nicht meine Freunde, keine anderen Phoenix und auch nicht Christina höchstpersönlich. Ich sollte wohl doch auf Gottes Gnaden hoffen. Meine Antwort ließ Damons Mundwinkel für einen Moment kaum merklich zucken, wahrscheinlich war ich die einzige, die es bemerkte.
"Erinnerst du dich noch daran, was ich an deinem ersten Tag zu dir gesagt habe?" Ich wusste, was er meinte; nicht, dass ich mich seinen Befehlen nicht widersetzen sollte, dass ich das getan hatte, wussten wir beide.
"Man sollte Mut nicht mit Dummheit verwechseln." Allmählich fiel es mir immer schwerer Blickkontakt zu halten. "Und vermutlich habe ich genau das getan...." Ich hörte selbst, dass meine Stimme immer leiser wurde, doch ich konnte nichts dagegen tun.
"Allerdings." Damons Augen glitzerten boshaft. "Weißt du was? Ich lass dir die Wahl; entweder du verschwindest jetzt auf der Stelle und betrittst diesen Ort nie wieder, oder....", er legte eine bedeutungsschwere Pause ein, "....du kannst dich dir schonmal ein Bett auf der Krankenstation reservieren." Es war so still, dass eine auf den Boden fallende Nadel laut geklungen hätte. Ich spürte die Blicke der anderen. Wer von ihnen würde wohl dumm und wer mutig handeln? Wobei ich ja nicht einmal sagen konnte, welche der Möglichkeiten Mut und welche Dummheit bedeutete.
"Ich nehm das Bett." Keine Ahnung warum, aber ich wollte hierbleiben. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht so feige war, vor meiner verdienten Strafe wegzulaufen. Jedenfalls redete ich mir das ein, in Wirklichkeit schrie alles in mir danach die Beine in die Hand zu nehmen und abzuhauen. Ein kurzes, anerkennendes Lächeln huschte über Damons Lippen, ehe er wieder ernst wurde.
"Stell dich dahin." Er nickte zu der Wand rüber und zögernd befolgte ich den Befehl. "Wenn du dich bewegst, überleg ich mir noch einmal, ob ich dich nicht doch noch rausschmeiße, Prinzessin." Erschrocken sah ich, wie er irgendwoher eine Pistole holte und auf mich zielte; ich wusste, dass das diesmal keine Betäubungsmunition war. Der erste Schuss knallte und ich spürte einen stechenden Schmerz im linken Bein. Irgendjemand schrie, doch mir war ziemlich egal wer. Stöhnend biss ich die Zähne zusammen um stehen zu bleiben. Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht damit gerechnet, dass er mich tatsächlich anschießen würde. Dass das ein Versehen gewesen war, bezweifelte ich, ebenso wie ich nicht erwartete, es schon überstanden zu haben. Damon schien zu warten, ob ich den Schmerz aushielt; nachdem ich die schwarzen Punkte vor meinen Augen weggeblinzelt und mich an die Wand gelehnt hatte, nickte ich ihm zu. Ich wollte es einfach hinter mich bringen, desto schneller es vorbei war, desto schneller konnte ich Schmerzmittel nehmen.
"Damon hör auf, das reicht doch jetzt...." Todesmutig war Lukas vorgetreten. Genervt ließ Damon die Pistole sinken und sah ihn an. "Neben ihr ist noch ein Platz frei, falls du dich dazustellen willst." Lukas zuckte zusammen, blieb aber trotzdem wo er war. "Sie hat ihre Lektion gelernt, lass...." Das wurde mir jetzt echt zu viel; ich spürte, wie mir Blut das Bein runterlief, lange würde ich das nicht mehr aushalten.
"Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber ich stehe hier nicht zum Spaß rum. Es ist nicht so witzig mit ner Kugel im Bein drauf zu warten, dass ihr euere Streitigkeiten beendet habt." Damit, dass ich so einen Kommentar abgab, hatte jetzt wohl niemand gerechnet, ich am aller wenigsten.
"Immernoch die große Klappe, was? Wie du willst." Damon schmunzelte und zielte erneut. Ich zuckte zusammen, als eine Kugel direkt neben meinem Kopf einschlug. Diesmal ließ er mir keine Zeit mich zu erholen, im Sekundentakt feuerte er das Magazin der Pistole leer. Mit Todesangst sah ich jedem Schuss entgegen, es war echt ein schreckliches Gefühl nur dazustehen und zuzusehen, wie jemand auf mich schoss. Bis jetzt hatte er mich noch nicht wieder getroffen, was eigentlich ein Wunder war, denn ich spürte wie dicht neben mir die Kugeln einschlugen. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich glauben, dass er den Umriss meines Oberkörpers durch Schusslöcher in der Wand verewigen wollte.
Mit einem leisen Klacken signalisierte die Pistole schließlich, dass die Munition leer war. Ein erleichtertes Seufzen entwich mir, ich bemerkte erst jetzt, wie stark ich zitterte.
"Ich bin sicher, irgendjemand erklärt sich dazu bereit, dich auf die Krankenstation zu bringen." Damon wandte sich ab, doch irgendetwas hielt mich davon ab mich jetzt zu Boden sinken zu lassen.
"Ach ja...", mit einer geschmeidigen Bewegung machte er eine halbe Drehung und ich sah etwas Silbernes aufblitzen. Nur wenige Zentimeter über meinem Kopf schlug ein Messer ein und blieb zitternd stecken. Das war wohl meins.
"Wenn du innerhalb der nächsten sieben Tage hier ohne ärztliche Genehmigung auftauchst, binde ich dich persönlich an deinem Bett fest, verstanden?"
"Ja", sagte ich erschöpft. Mein Bein schmerzte höllisch, die Dunkelheit griff schon wieder nach mir. "Damon?" Er drehte sich stirnrunzelnd wieder um. "Newton weiß von den Rebellen. Er...hat dich verdächtigt...." Langsam rutschte ich an der Wand runter und hatte Mühe die Augen offen zu halten.
"Woher weißt du das?" Damon hatte seine Stimme vollkommen unter Kontrolle, doch ich sah in seinen Augen, wie überrascht er war.
"Is ne lange Geschichte", nuschelte ich, ehe ich dem Drang die Augen zu schließen nachgab.

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt