47. Kapitel

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"Und, Ratsmitglied, was verschafft mir die Ehre?", grinsend wich Zoey meinem genervten Tritt aus.
"Sehr witzig. Übrigens ist diese Entscheidung mal wieder über meinen Kopf hinweg getroffen worden. Ich verstehe einfach nicht, warum er mich nicht mal vorher fragen kann, ob ich diesen ganzen Kram überhaupt mitmachen will." Meine schlechte Laune von gestern hatte sich inzwischen alles andere als gebessert. Dass jetzt auch noch ständig irgendjemand der Meinung war, mich aufgrund einer Frage, die ich nicht beantworten, einer Bitte, die ich nicht erfüllen oder einer Information, mit der ich nichts anfangen konnte, anquatschen zu müssen, machte die Sache auch nicht gerade angenehmer.
Zoey zuckte nur mit den Schultern und vergrub die Hände in ihren Jackentaschen. "Damon eben, so ist er nun einmal. Pass bloß auf, sonst entscheidet er irgendwann auch noch, dass du ihn heiratest, ohne dich vorher zu fragen."
"Ich glaube in diesem Fall würde ich mich weigern", missmutig drängelte ich mich durch die uns entgegenkommenden Menschen, ehe ich wieder neben meiner Freundin ankam. "Aber mal was anderes, hast du diese ganzen Regeln und Protokolle auswendig gelernt?" Ich für meinen Teil hatte schlussendlich gestern Abend aufgegeben und die Dokumente gegen die Wand geworfen.
"Ich hab's versucht, bin aber kläglich gescheitert. Glaubst du, Alaric will das alles wissen? Falls ja, haben wir vermutlich alle ein Problem, ich bezweifle, dass Kevin gelernt hat." Dann war ich wenigstens nicht die Einzige. "Ich hoffe es nicht, aber...", ich brach unsicher ab, als sich unser Gesprächsgegenstand näherte. Eigentlich sollten wir uns doch wieder in dem Raum von vorgestern treffen, oder? Zoey schien jedoch genauso verwirrt über Alarics Auftauchen zu sein, also hatten wir entweder beide nicht zugehört oder es gab eine Planänderung.
"Ihr zwei wisst aber schon, dass ihr es in dem Tempo niemals pünktlich zur Besprechung geschafft hättet", kopfschüttelnd blieb er vor uns stehen und musterte uns missbilligend.
"Ähm...", setzte Zoey zu einer Erklärung an, wurde aber sofort wieder unterbrochen.
"Ich gehe mal davon aus, dass ihr ebenfalls zu beschäftigt wart, um zu lernen?" Unser betretenes Schweigen dürfte wohl als Antwort genügen.
"Dann hoffe ich für euch, dass ihr das tatsächlich nicht nötig hattet. Zoey, du überwachst heute das Training der Scharfschützen, Jackson hat etwas anderes zu erledigen. Lola, du wirst Mr. Hamilton herumführen. Er ist gestern erst angekommen und, nebenbei gesagt, einer unserer wichtigsten Geldgeber, also verhalte dich angemessen."
Toll, das hieß dann wohl, dass ich so ziemlich die langweiligste Aufgabe die es gab erledigen durfte. Großartig. "Und was genau bedeutet 'angemessen'?", fragte ich augenverdrehend und dachte insgeheim darüber nach, wie ich diese Führung schnellstmöglich und ohne großen Aufwand hinter mich bringen konnte.
"Beispielsweise nicht die Augen zu verdrehen", murmelte jemand dicht neben meinem Ohr, sodass ich ertappt zusammenzuckte. Das konnte er unmöglich gesehen haben. "Abgesehen davon solltest du generell höflich und respektvoll sein und das tun, was er dir sagt. Keine Widerworte geben, zuhören und ihn nicht verärgern könnte auch hilfreich sein. Im Großen und Ganzen solltest du dich also genau so verhalten, wie du es bei mir nicht tust." Schmunzelnd trat Damon etwas näher vor mich. "Es wäre doch sehr schade, wenn ich dir die Schuld am Verlust unserer größten Geldquelle geben müsste."
"Ich glaube nicht, dass das passieren würde", entgegnete ich und unterdrückte den Drang erneut die Augen zu verdrehen. "Aber wenn das so wichtig ist, solltest du diese Führung vielleicht lieber selbst erledigen." Und mich aus dem Spiel lassen. Unglücklicherweise schien ich jedoch die Einzige zu sein, der diese Idee gefiel. Anstatt einzuwilligen lachte Damon nur.
"Das hättest du wohl gerne. Aber abgesehen davon, dass ich genau für solche Aufgaben Unteroffiziere habe, kann ich den Kerl nicht leiden. Also halte ihn gefälligst von mir fern und sorge dafür, dass er mich nicht belästigt."
"Ja, Sir", murmelte ich genervt, während er bereits um die nächste Ecke verschwand. Eigentlich müsste ich ja schon aus Prinzip dafür sorgen, dass dieser komische Hamilton die Gelegenheit bekam, Damon zu stören. Mit ein bisschen Glück könnte ich es sogar so aussehen lassen, als wäre das eine rein zufällige Begegnung.
"Tja, wir sehen uns dann wohl später. Viel Spaß noch." Zoey zwinkerte mir unauffällig zu und drehte sich wieder in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Bevor sie jedoch endgültig gehen konnte, stoppte Alaric sie. "Bevor ich's wieder vergesse....", er drückte uns jeweils ein Funkgerät in die Hand. Ungläubig sah ich das kleine Kommunikationsmittel an.
"Wir bekommen ernsthaft ein eigenes Funkgerät?" Irgendwie konnte ich mir nicht so recht vorstellen, was ich damit anfangen sollte. Immerhin bestand hier doch keine Notwendigkeit, ständig erreichbar zu sein, solange wir nicht angegriffen wurden. Dachte ich jedenfalls.
"Glaubst du, irgendjemand hat Lust, das ganze Lager nach euch zu durchsuchen, wenn ihr mal irgendwo anders gebraucht werdet?" Nein, vermutlich nicht. Schade, also würde ich mich nicht damit herausreden können, dass mich niemand von einer neuen Aufgabe in Kenntnis gesetzt hatte.

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt