74. Kapitel

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Wundert euch nicht, ich habe mal ein Lied in den Text selbst eingefügt, hört es euch beim lesen an oder nicht, ich höre es jedenfalls oft beim Schreiben xD.

18. Juli 2023

Hatte ich schon erwähnt, dass sich inzwischen so ziemlich jedes Land an dem Krieg beteiligt hat? Ich glaube nicht, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, bin aber zu faul um nachzusehen. Ist ja eigentlich sowieso egal, das hier wird eh nie jemand zu Gesicht bekommen.
Jedenfalls scheint jetzt jeder der Meinung zu sein, etwas von den neuen Technologien abbekommen zu müssen und mischt sich in diesen Krieg ein. Ich weiß schon gar nicht mehr, wer für und wer gegen Amerika ist. Ständig wechselt eine der anderen Nationen die Seite, je nach dem welche im Moment vielversprechender ist.
Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Weltkrieg.
Dabei erinnert sich niemand von den ganzen verdammten Politikern an die Vergangenheit. Wir hatten schon zwei dieser Kriege und mittlerweile sollte wohl auch der letzte Idiot verstanden haben, dass sich das alles wiederholt. Aber nein, das ist kein Grund, einen Waffenstillstand auszuhandeln und Frieden zu schließen. Wir werden vernichtet werden, alle miteinander, wenn dieser Wahnsinn nicht gestoppt wird.
Vor einer Woche ist die Stromzufuhr im ganzen Land unterbrochen worden, die meisten größeren Städte sind bereits zerstört. Jeden Tag fallen mehr Bomben, es ist ein Wunder, dass noch keine Atombomben dabei waren. Sobald sie die einsetzen, ist alles zu spät. Selbst wenn wir das überleben, wird es Folgen haben, die niemand abschätzen kann.
Ich habe Angst.
Aber es gibt Hoffnung. Denke ich zumindest. Eine Gruppe von Aufständischen plant, etwas zu unternehmen. Ich weiß nicht was, aber ich bete, dass es hilft, den Krieg zu beenden. Morgen gehe ich zu einem der geheimen Treffen. Ich will mir anhören, was sie zu sagen haben.

"Ja?", ich schlug das alte Tagebuch im selben Moment zu, als Anne den Raum betrat. "Ist irgendwas passiert?"
"Nein, nicht direkt. Du sollst bloß mit zu einem super-geheimen Einsatz und ich sollte dich holen." Noch bevor ich begriff, was genau sie da gerade gesagt hatte, zog Anne mich mit sich aus dem Raum.
"Aber...kannst du mir vielleicht etwas mehr sagen? Ich weiß weder, was, wie, wann, wo oder warum ich dahin soll, noch ob ich irgendetwas mitnehmen muss oder...", begann ich perplex. Konnte mir denn nicht einmal jemand ein oder zwei Tage vor einem Einsatz Bescheid geben, dass ich mitkommen sollte? Diese Überraschungskommandos waren alles andere als witzig. Wenn ich schon mein Leben oder zumindest irgendwelche Verletzungen riskieren musste, würde ich mich gerne länger als drei Minuten darauf vorbereiten.
"Tut mir Leid, ich sollte dich wie gesagt nur holen, mehr hat mir niemand gesagt. Ich weiß, dass Christina das angeordnet hat und Damon auch mitkommt, falls dir das was hilft." Anne zuckte entschuldigend mit den Schultern. Großartig, wenn Christina darauf bestand, dass ich wohin auch immer ging, konnte es ja nichts Gutes bedeuten. Ich würde meinen gesamten Besitz darauf verwetten, dass das irgendetwas Politisches werden würde. Vielleicht wollte sie mich ja jetzt endgültig an die Regierung verkaufen, um eine bessere Verhandlungsbasis zu schaffen.
Somit war es nicht verwunderlich, dass meine Laune mit jedem Schritt weiter sank und ihren Nullpunkt erreicht hatte, als wir einen mir unbekannten Raum erreichten und Anne sich verabschiedete.
Seufzend und gleichzeitig fest entschlossen, dem nächsten, der mir begegnete und etwas mit der ganzen Aktion zu tun haben könnte, die Meinung zu sagen, riss ich die Tür auf - und traf auf eine ziemlich überrascht aussehenden Damon.
War das Zufall oder schien das Schicksal tatsächlich alles dafür zu tun, meinen Vorsatz, nicht mit Damon allein in einem Raum zu sein, zu zerstören? Wie auch auch immer, dann hatte ich zumindest einen Grund mehr, wütend auf ihn zu sein.
"Das hier hast du wohl auch nicht für wichtig genug gehalten, um mir davon zu erzählen?", fauchte ich und knallte die Tür hinter mir zu, ehe ich mich kurz umsah.
Der Raum beinhaltete nicht mehr als ein paar verschlossene Schränke, mehrere Stühle und eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite. Gemütlich. Jedenfalls wenn man sich nicht länger als zehn Minuten hier aufhalten wollte.
"Auch wenn du mir das wahrscheinlich wieder nicht glauben wirst, ich wusste nicht, dass du mitkommen würdest. Was ich übrigens für eine ziemlich beschissene Idee halte, wer hat das angeordnet?", erwiderte Damon stirnrunzelnd.
"Na ich jedenfalls nicht", entgegnete ich und verdrehte die Augen. Was dachte er denn, von wem die Idee kommen könnte? Vom Osterhasen vielleicht? "Und jetzt wüsste ich gerne mal, was genau das alles zu bedeuten hat. Ich bin es langsam echt Leid, dass es niemand für nötig hält, mich aufzuklären."
Damon sah mich einige Sekunden lang nachdenklich an und machte keine Anstalten, irgendetwas anderes zu tun.
"Was?", fragte ich genervt.
"Nichts. Ich finde es nur merkwürdig, dass du mir ununterbrochen ausweichst, nur um mich bei der nächstbesten Gelegenheit für etwas, mit dem ich nichts tun habe, verantwortlich zu machen. Ich sagte dir schon, dass du mich alles fragen kannst, ehrlich gesagt bist du also selbst Schuld, dass du so wenig von dem, was hier passiert, weißt." Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte mich weiterhin. Während ich noch herauszufinden versuchte, was genau er damit bezweckte, musste ich mir zähneknirschend eingestehen, dass er Recht hatte. Wahrscheinlich war er sogar der Einzige, der mir wirklich umfangreiche Antworten geben konnte und wollte.
Und zu meinem Leidwesen schien er sich dieser Tatsache mehr als bewusst zu sein.
"Wohin gehen wir? Und warum hälst du es für eine schlechte Idee, dass ich mitkommen soll?", fragte ich schließlich.
Das zufriedene Lächeln, welches Damons Lippen umspielte, ließ es mich beinahe bereuen, nachgegeben zu haben. Wie gesagt, beinahe. Ich brauchte diese Antworten, wenn ich nicht völlig unwissend bleiben wollte.
"Sofern sich die Pläne nicht plötzlich geändert haben, werden wir zu einer Verhandlung, um die Anthony Stewart Christina gebeten hat, gehen", sagte er und fügte angesichts meines verwirrten Gesichtsausdruck eine nähere Erklärung hinzu. "Anthony Stewart ist sozusagen das Staatsoberhaupt von Caeth. Auch wenn es diese Position offiziell nicht gibt, kann man ihn aufgrund seiner unzähligen politischen Bündnisse als solches bezeichnen. Er hat mehr als drei viertel der Regierungsmitglieder durch Bestechung oder Drohungen auf seiner Seite, weswegen kein Beschluss ohne seine Zustimmung erfolgt. Ich weiß nicht, was sich Christina dabei denkt, dich mitzunehmen. So wie ich diesen Mann einschätze, würde er die Tatsache, dass solche Verhandlungen normalerweise ohne jegliche Auseinandersetzungen ablaufen sollten, ignorieren und dich gefangen nehmen lassen."
Das machte ja Hoffnung. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, warum ein offensichtlich so mächtiger Mann mit den Rebellen verhandeln wollte, doch etwas Gutes konnte nicht dahinter stecken. "Vielleicht ist ja genau das Christinas Plan; indem sie mich an ihn übergibt, könnten sich die Verhandlungen zu ihrem Gunsten auswirken", murmelte ich entmutigt. Falls sie das wirklich plante, konnte ich nichts dagegen tun. Ich könnte mich zwar weigern, mitzukommen, doch dann bestand immer noch die Gefahr, dass sie mich einfach irgendwann betäuben ließ und so wegbrachte. Nein, dann würde ich lieber mit vollem Bewusstsein in mein Verderben laufen und mir die Chance erhalten, fliehen zu können.
"Wenn sie das wirklich vorhat, was ich wahrscheinlich wüsste, muss sie erstmal an mir vorbei", sagte Damon und strich mir sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich lasse nicht zu, dass du diesen Typen nochmal in die Hände fällst."
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er zu mir gekommen war. Im ersten Moment wollte ich zurückweichen, doch zu meinem Erstaunen hatte seine Nähe etwas Tröstendes, also blieb ich stehen, ließ zu, dass er unsere Hände miteinander verschränkte. Und verrückterweise glaubte ich ihm sogar.
"Und ich hatte tatsächlich gewettet, euch beide nicht mehr näher als in einem Abstand von zwei Metern zu sehen." Colins Stimme war sein Grinsen deutlich anzuhören und sorgte dafür, dass ich mich blitzschnell von Damon entfernte. Ich war unendlich erleichtert, dass er ausgerechnet jetzt hereingekommen war, bevor ich etwas tun konnte, was ich später definitiv bereut hätte. Zulassen, dass Damon mich küsste zum Beispiel.
"Wie immer perfektes Timing, Colin", knurrte Damon frustriert und setzte sich seufzend wieder.
"Du wirst mir nochmal dankbar sein", erwiderte Colin lachend, ehe er sich mir zuwandte und mir mit einem "ich habe dir was mitgebracht" eine Schutzweste und mehrere Waffen in die Arme drückte.
"Klar, in achtzig Jahren sage ich dann zu dir: Ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt habe, aber danke, dass du mir damals diesen perfekten Moment zerstört hast. Zum ersten Mal hat Lola nicht die Flucht vor mir ergriffen und du kommst rein und erinnerst sie daran, dass sie eigentlich nichts mehr mit mir zu tun haben wollte", antwortete Damon kopfschüttelnd, während er gleichzeitig grinste. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich die beiden nie verstehen würde.
Abgesehen davon gefiel mir das Thema nicht sonderlich. "Ich dachte, das wird eine friedliche Verhandlung?", fragte ich mit einem vielsagendem Blick auf die Waffen.
"Wird es hoffentlich auch, aber wir müssen ihnen ja nicht das Gefühl geben, dass sie uns aufgrund fehlender Bewaffnung doch angreifen sollten."

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt