58. Kapitel

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Ausnahmsweise habe ich mal ein Lied zu dem Kapitel hinzugefügt. Im Original ist es von Adele, aber man kann hier ja nur Covers einfügen. Diese Version ist aber auch großartig ^^ hörts euch einfach mal an, ich war sehr berührt und jetzt ist es fürs erste mein Lieblingslied. (Und wenn ihr mal die Version von Adele hört, am Besten mit Kopfhörern auf voller Lautstärke *-*)
Oh, und Wattpad hat anscheinend mal wieder seine Tage, also wundert euch nicht, wenn manchmal ein Buchstabe einzeln und das dazugehörige Wort erst in der nächsten Zeile kommt xD

"Du musst aufstehen, Lola. Jetzt!"
Mit einem Ruck fuhr ich hoch und starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Den armdicken Ast, der meine provisorische Waffe darstellte, fest umklammernd richtete ich mich langsam auf, während ich mich wachsam umsah.
Inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt, im Dunkeln der Nacht ohne jegliche weitere Lichtquelle meine Umgebung zu erkennen.
Alles schien so zu sein, wie bei meiner Ankunft gestern Morgen. Die Schatten der knochigen Bäume ragten bedrohlich über mir auf, und auch die dichten Büsche waren unverändert.
Nichts wies darauf hin, dass ich nicht der einzige Mensch in diesem alten Wald war und doch fühlte ich mich unwohl.
Ich hätte schwören können, Damons Stimme gehört zu haben. Viel zu nah für meinen Geschmack, als wäre er direkt neben mir gewesen.
Misstrauisch umrundete ich einmal den Baum, der mir als Schlafplatz gedient hatte, ehe ich lauschend stehen blieb.
Der Wind frischte auf und ließ die wenigen verbliebenen Blätter leise rauschen, eine einsame Eule flog mit einem durchdringenden Schrei über mich hinweg, um sich einige Meter weiter auf ihre Beute zu stürzen. Ein beinahe lautloses Rascheln neben mir verriet einen Igel auf Nahrungssuche und in der Nähe huschte eine Spitzmaus über den unebenen Boden.
Alles vollkommen normale Geräusche des nächtlichen Waldes.
Ich musste mich getäuscht haben, hier war niemand. Und schon gar nicht Damon. Vielleicht wurde ich tatsächlich schon verrückt.
Oder, was mir deutlich besser gefiel, ich hatte nur geträumt.
Je länger ich darüber nachdachte, desto logischer erschien mir diese Antwort. Die Temperatur war auf gefühlte fünf Grad gesunken und vermutlich hatte mein Unterbewusstsein geahnt, dass ich bei dieser Kälte nicht einfach liegen bleiben konnte und mich deswegen indirekt aufgeweckt. Warum es dafür jedoch ausgerechnet Damon benutzen musste, war mir schleierhaft.
Zumindest war ich jetzt wach, es wurde Zeit, meine Reise fortzusetzen.
Seufzend schob ich eine verfilzte Haarsträhne wieder zurück in meinen unordentlichen Zopf und legte den Kopf in den Nacken.
In den letzten paar Tagen hatte ich begonnen, meine fehlende Schulbildung zu verfluchen. Möglicherweise hätte ich genau gewusst, welchen Sternen ich folgen musste, um nach Westen zu kommen, wenn ich etwas besser in Astronomie aufgepasst hätte.
Stattdessen hatte ich meistens mit offenen Augen geschlafen und mich gefragt, wofür ich dieses ganze Zeug mal brauchen könnte. Nun, jetzt hatte ich meine Antwort.
Anstatt also gezielt einem speziellen 'Weststern', falls es sowas überhaupt gab, zu folgen, orientierte ich mich seit dem Beginn meiner Flucht an einem strahlend hellem Stern und hoffte, dass ich auf diese Weise wenigstens nicht im Kreis lief.
Das laute Grummeln meines Magens riss mich aus meiner verträumten Betrachtung des funkelnden Nachthimmels.
Seit ich vor vier Tagen den Wald erreicht hatte, hatte ich größtenteils von essbaren Pflanzen gelebt. Jedenfalls ging ich davon aus, dass sie essbar waren, andererseits wäre ich wohl schon tot oder hätte irgendwelche Anzeichen einer Vergiftung.
Wasser hatte ich in einem Bach gefunden, an Nahrungsmangel würde ich also vorerst nicht sterben.
Viel mehr Sorgen machte ich mir wegen der Kälte. Bis jetzt hatte meine Taktik, tagsüber zu schlafen und nachts zu laufen, funktioniert, doch irgendwann würde der erste Schnee fallen.
Wenn ich bis dahin keine Unterkunft oder wenigstens wärmere Sachen gefunden hatte, würde ich ziemlich schnell erfrieren.
Zu meinem Unbehagen schien ich jedoch genau auf diese Situation zuzusteuern. Bis jetzt war ich auf keinerlei weitere Zivilisation getroffen, ganz im Gegenteil, je weiter ich lief, desto verwilderter wurde der Wald. Als wäre hier seit Jahren niemand gewesen.
Ich stieß einen leisen Fluch aus, als ich zum wiederholten Mal über eine Wurzel stolperte. Man sollte meinen, dass ich inzwischen eine Meisterin im Durch-den-dunklen-Wald-joggen war, doch davon merkte ich nicht viel. Ständig fiel ich hin, lief gegen einen plötzlich auftauchenden Baum oder blieb an dornigen Sträuchern hängen.
Früher hatte ich immer gedacht, dass es großartig sein musste, ununterbrochen im Wald zu leben. Wie auch immer ich auf diese Idee gekommen war, ich hatte definitiv einige Dinge nicht berücksichtigt. Dass ich es hasste, auf Steinen und Stöcken zu schlafen, zum Beispiel. Oder meine Angst vor der Undurchdringlichkeit der Dunkelheit und die völlige Unwissenheit bezüglich Überlebenstipps. Eigentlich hätte schon die Tatsache, dass ich absolut kein Naturmensch war gereicht.
Tja, im Nachhinein war man immer schlauer.
Aber hey, ich konnte zum zweiten Mal der Regierung entkommen und war noch immer frei. Wenn das kein Grund zum Feiern war, wusste ich auch nicht.
Entgegen meines sonstigen Verhaltens begann ich eine fröhliche Melodie zu summen. Mich konnte hier eh niemand hören, wenn man von den Tieren absah. Ich hoffte einfach mal, dass ich sie damit nicht störte, aber falls doch, würden sie es schon sagen.
Bei dem Gedanken, wie sich eine Gruppe Rehe vor mir aufbauen und sich über die Störung beschweren würde, musste ich unwillkürlich grinsen.
Wer weiß, vielleicht gab es irgendwo in den Tiefen der Wälder tatsächlich genmutierte Tiere, die Sprechen konnten. So wie in Narnia, ich müsste nur ein Hilfsbereites finden und dann würde ich endlich etwas Richtiges zu essen und eine Decke bekommen. Ich könnte mit ihnen reden und wenn ich Glück hatte, auch bei ihnen bleiben und alles vergessen.
Vergessen...
Meine gute Laune verflog so schnell, wie sie gekommen war, als meine Gedanken gegen meinen Willen wieder zur Vergangenheit wanderten.
Würde ich wirklich einmal vergessen können? Vergessen, was passiert war? Vergessen, wie mein Vertrauen gebrochen wurde? Vergessen, dass ich am Boden zerstört war? Vollkommen verängstigt, ununterbrochen darauf wartend, dass ich erneut verletzt wurde. Würde ich diese Zeit hinter mir lassen können? Oder doch bei jedem noch so kleinem Geräusch zusammenzucken und schreiend aus Albträumen erwachen?
Im Moment zweifelte ich noch daran, doch vielleicht würde sich das in ein paar Jahren ändern. Dann würde ich hoffentlich endgültig mit dem Geschehenen abgeschlossen haben. Ob ich jedoch irgendwann einmal jemanden so vollkommen vertrauen können würde, wie ich es bei Damon getan hatte, stand in den Sternen. Was auch immer passieren würde, ich würde meine Angst verletzt zu werden, wohl nie vollständig loswerden. Dafür saß der Schmerz zu tief.

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Where stories live. Discover now