51. Kapitel

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"Damon, was soll das?", wiederholte ich leise meine Frage und versuchte die aufkommende Panik zu unterdrücken; irgendetwas stimmte hier nicht. Durch die, noch immer geöffnete, Tür konnte ich drei andere Männer erkennen, die offenbar Wache hielten. War das alles vielleicht einfach nur ein ausgeklügelter Plan, um mich hier rauszuschmuggeln? Aber dafür wären doch wirklich keine Handschellen notwendig gewesen.
"Reine Vorsichtsmaßnahme, Prinzessin", antwortete Damon und schob mich vor sich her aus dem Raum. Unsicher versuchte ich noch einen Blick auf Zita zu erhaschen, doch sie saß nur mit gesenkten Kopf auf dem Boden und beachtete mich nicht. Schlagartig fiel mir wieder ein, dass sie noch etwas sagen wollte, bevor Damon aufgetaucht war. Was auch immer es gewesen war, es musste wichtig gewesen sein, doch warum schwieg sie jetzt? Der Drang, wieder zurück zu gehen und sie zu fragen, wurde immer stärker, doch so sehr ich es auch versuchte, Damon verhinderte, dass ich auch nur annähernd in ihre Nähe kommen konnte. Seufzend gab ich auf und dachte stattdessen über die wirklich greifbaren Probleme nach. Obwohl uns die anderen Männer nicht folgten, wurde ich mein unbehagliches Gefühl nicht los; irgendwie fühlte sich die ganze Situation falsch an - mal ganz davon abgesehen, dass ich gefesselt war. Nicht so vertraut, wie es sonst war, wenn wir allein waren.
"Vorsichtsmaßnahme wofür?", brach ich schließlich das Schweigen. "Und wo sind wir eigentlich? Warum kannst du hier ganz allein herumlaufen, ohne dass es jemanden zu stören scheint?" Mit jedem Schritt fühlte ich mich unwohler, bis ich es nicht mehr aushielt und misstrauisch stehen blieb. Wenn wir hier tatsächlich in einem Gebäude der Regierung waren, und ich wüsste nicht, wo wir sonst sein sollten, müsste Damon eigentlich mindestens unter Bewachung stehen und nicht selbstverständlich durch die Gegend laufen.
"Warum gehst du nicht weiter? Ich habe keine Lust, dich den ganzen Weg hinter mir herzuzerren." Das war mir durchaus klar, deswegen war ich ja überhaupt erst stehen geblieben. "Warum beantwortest du mir meine Fragen nicht?", entgegnete ich und versuchte selbstsicherer auszusehen, als ich es in Wirklichkeit war. Am liebsten würde ich jetzt die Arme verschränken und ein paar Schritte zurück gehen, aber da das nicht möglich war, musste ein entschlossener Blick wohl reichen.
"Wenn ich es tue, kommst du dann freiwillig mit?", knurrte er genervt. Ich verkniff mir den Kommentar, dass ich dafür erstmal gerne wissen würde, wohin wir überhaupt gingen, und nickte. Es war schon ein Erfolg, dass er meiner Forderung überhaupt nachkommen wollte, das sollte ich lieber nicht auf's Spiel setzen.
"Also, was willst du wissen? Und jetzt frag bitte nicht nochmal, wo wir hier sind, wir wissen beide, dass du das bereits erfahren hast." Nachdem ich Damon ohne weiteren Widerstand gefolgt war, erreichten wir eine verschlossene Tür, die den restlichen Gang versperrte. Sprachlos beobachtete ich, wie Damon kurz den Zeigefinger auf einen kleinen Bildschirm an der Wand drückte. Einige Sekunden später leuchtete der Bildschirm grün und die Tür öffnete sich. Wenn ich mich nicht täuschte, reagierte dieses Teil auf Fingerabdrücke und irgendetwas sagte mir, dass die Tür bei meinem nicht aufgehen würde.
"Lola?" Verwirrt löste ich meinen Blick von dem Bildschirm. Damon sah mich mit hochgezogener Augenbraue an und schien zu warten, dass ich etwas sagte.
"Ähm...", ich überlegte kurz, während wir weitergingen, ehe die Frage, die mich am meisten beschäftigte, aus mir herausplatzte. "Was zum Teufel ist passiert? Vollkommen grundlos kannst du dich ja nicht ungehindert in einem Gebäude der Regierung bewegen."
"Eine schwerere Frage ist dir wohl nicht eingefallen?", murmelte er. "Ist ne lange Geschichte, aber kurz gesagt: ich arbeite für die Regierung, besser gesagt für Newton."
"Was?!" Fassungslos hielt ich ruckartig an und versuchte seine Worte zu begreifen. "Du machst Witze."
"Seh' ich so aus?" Augenverdrehend ignorierte er meinen offensichtlichen Protest und zog mich rücksichtslos mit sich. Verwirrt stolperte ich hinter ihm her. Auf eine ausführlichere Erklärung schien ich noch lange warten zu können, doch ich hoffte inständig, dass sich das alles noch aufklären würde. Wahrscheinlich gehörte das zu einem geheimen Plan und hier waren überall Kameras, weswegen Damon mir nicht die Wahrheit sagen konnte. Ja, das war die einzige logische Schlussfolgerung, es konnte gar nicht anders sein.
Trotzdem wollte ich mich nicht mit diesen wenigen Informationen zufrieden geben und holte tief Luft, um mich zu beruhigen. "Das verstehe ich nicht."
"Tatsächlich? Ist mir überhaupt nicht aufgefallen", entgegnete er sarkastisch und verstärkte seinen ohnehin schon schmerzhaften Griff an meinem Arm, als ich versuchte mich loszumachen. "Dann erklär es mir", bat ich. Was war denn so schlimm daran, mir einfach etwas mehr zu sagen? Im Endeffekt hatte sein Verhalten bestimmt vollkommen harmlose Gründe und ich hatte ein Recht darauf, sie zu erfahren.
"Das ist nicht so einfach." "Dann versuche es doch wenigstens, bitte!"
Einige Sekunden lang musterte Damon mich schweigend und schien mit sich zu ringen, ob er das wirklich erzählen sollte. "Du glaubst immer noch, dass ich das nicht ernst meinte, oder? Du hoffst, dass ich nur im Auftrag der Rebellen hier bin. Nun, tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber so ist es nicht. Im Gegenteil, es ist eher andersherum."
"Was?", murmelte ich leise. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit drohte mich zu überwältigen, während ich noch immer nicht verstand, was Damon meinte. Er konnte doch unmöglich die ganze Zeit im Dienst der Regierung gestanden haben, dass hätte doch irgendjemand merken müssen.
"Nicht die ganze Zeit, nein", hatte ich das laut gesagt? Offenbar schon. "Eigentlich erst seit ungefähr vier Monaten. Und bevor du jetzt fragst, warum; es ist einfach deutlich lukrativer. Manchmal muss man sich entscheiden, auf welcher Seite man stehen will und ich gehöre nunmal ungern zu den Verlierern", fuhr Damon fort und beobachtete meine Reaktion.
Verständnislos lehnte ich mich gegen die kühle Wand und schloss die Augen. Das konnte einfach nicht wahr sein, so etwas würde der Damon, den ich kenne, nie tun. Doch was, wenn ich ihn nie wirklich gekannt hatte? Sollte das alles eine einzige Lüge gewesen sein? "Das...das glaube ich nicht", stammelte ich. "Die haben irgendetwas mit dir gemacht, sonst würdest du sowas nicht tun." "Wenn du das sagst." Er sah mich skeptisch an, schien mir jedoch nicht im Geringsten zu glauben. "Aber dass ich mich in dich verliebt habe, hast du geglaubt? Zugegeben, ich habe mich ja schon gewundert, dass du mir das so schnell abgekauft hast..." Damons spöttisches Lächeln ließ mich unwillkürlich zurückweichen, während seine Worte erst allmählich bis zu mir vordrangen und einen Sinn ergaben.
"D-du hast mir die ganze Zeit nur etwas vorgespielt?" Ungläubig erwiderte ich seinen Blick. Sollte das heißen, Sarah hatte von Anfang an Recht gehabt? Ein poetischerer Mensch würde jetzt vielleicht sagen, dass mein Herz in diesem Moment der Erkenntnis brach, doch das Einzige, was ich fühlte, war Leere. Einfach nur eine endlos Leere, als würde das Leben keinerlei Sinn mehr haben. Keine Wut, keine Trauer, keine Verzweiflung, einfach nur Leere.
"Es war der einfachste Weg, dein Vertrauen zu gewinnen. Und das war wiederum die einzige Möglichkeit, dich zu Newton zu bringen, ohne dass jemand mich verdächtigt", schulterzuckend trat Damon einen Schritt auf mich zu, gleichzeitig wich ich weiter zurück - und begriff erneut etwas, was bis heute vollkommen zusammenhanglos für mich gewesen war. "Das warst alles du; du hast Newtons Männer in unserer Hauptquartier gelassen; du hast der Regierung verraten, dass wir damals auf diesem abgelegenen Gelände waren; wahrscheinlich hast du sogar irgendetwas damit zu tun gehabt, dass während meiner Prüfung plötzlich das Licht ausging."
"Ja. Bloß ist jedes Mal etwas schief gegangen. Ursprünglich solltest du vor zwei Wochen endgültig hier landen, aber ich hatte dich wie so oft unterschätzt; anstatt mir in die Militärbasis zu folgen, was ich eigentlich erwartet hatte, bist du mit dem Rest der Gruppe abgehauen. Umso besser, dass du nun durch Zufall gefangen genommen wurdest, das erspart mir die lästige Suche."
Das war also die Erklärung, die ich so dringend hören wollte. Meine ganze Beziehung diente nur dem Zweck, mich zu Newton zu schaffen und ich war so naiv und hatte Damon alles geglaubt. Und was das Schlimmste war: ich konnte die Gefühle für ihn nicht so einfach abstellen. Dieser Mann verkaufte mich ohne mit der Wimper zu zucken an meinen größten Albtraum und ein Teil von mir liebte ihn immer noch.
Ohne, dass ich es bemerkt hatte, stand Damon wieder neben mir und griff erneut nach meinem Arm. Blitzschnell entfernte ich mich aus seiner Reichweite. "Fass mich nicht an", murmelte ich tonlos und starrte auf den Boden. Er hatte mich entweder nicht gehört oder, was wahrscheinlicher war, ignorierte meinen Kommentar einfach.
"Ich sagte: Fass mich nicht an!", zischte ich. Es war schon so schwer genug, nicht von einer Sekunde zur nächsten in Tränen auszubrechen, Damons Anwesenheit machte es da auch nicht gerade besser.

Damit hat niemand gerechnet, absolut niemand. *misstrauisches Hin-und-Her-Sehen* Niemand. Bevor jemand fragt, ja, das Kapitel endet hier. Ich weiß, dass es relativ kurz ist, aber die Stelle hat einfach so schön zum Beenden gepasst. Das Kapitel zählt auch zu denen, bei denen ich mir wünschte, dass es schon vorher geschrieben wäre. Irgendwie ist mir das Schreiben hier echt schwer gefallen...Naja, ich hoffe, dass ich es trotzdem einigermaßen gut rübergebracht habe :).

PS: Ich muss noch etwas loswerden; ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ich 'Rechtschreibung und Grammatik verinnerlichen sollte' , da sich 'unzählige Fehler eingeschlichen haben'. Ich will die entsprechende Person jetzt nicht persönlich angreifen (obwohl ich mich angegriffen fühle) und habe auch schon genauer nachgefragt, möchte aber gerne eure Meinung wissen. Sind hier wirklich unzählige Fehler drin, die ich alle nicht mitbekomme? :O

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt