Kapitel 3

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P.O.V. Riley

"Bist du stolz auf dich ein kleines verletztes Mädchen zu tyrannisieren? Macht dich das an? Dann mach ruhig weiter. Und nur damit du es weißt, vor dir steht das letzte Mitglied der Familie Snow. Alle anderen sind von diesem beschissenen Lastwagen überfahren worden!" Diese Worte gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.

Und ihr Blick aus diesen grau-grünen Augen. So verletzt und voller Schmerzen, aber mit der Arroganz und dem gleichen Stolz wie früher. Das hat mich schon immer wahnsinnig gemacht! Das sie sich von mir nicht einschüchtern lässt, dass sie sich nichts sagen lässt und dass sie es schafft alle gegen mich aufzuhetzen. Allen voran meine kleine Schwester, die mit großer Freude in diesem 'Hexen-Zirkel' unterwegs ist. Was daran besser als an unserem Rudel sein soll entzieht sich meiner Kenntnis.

Doch in diesem Fall könnten ihre Arroganz und ihr Stolz eine Waffe gegen die Trauer sein, die sie unweigerlich verspüren muss. Sie ist als einzige ihrer Familie übrig geblieben. Ich will mir gar nicht vorstellen wie es ist auf einmal keine Eltern oder sonstigen Verwandten mehr zu haben. Ganz alleine auf der Welt zu sein. Für diese Tatsache hält sie sich wirklich wacker. Abgesehen von ihrer bodenlosen Dummheit sich selbst zu früh aus dem Krankenhaus zu entlassen. Einen Monat eher als die Ärzte es für angebracht hielten!

Ich bin selbst kein Freund von allem was mit Ärzten zu tun hat. Aber das ist nicht das gleiche. Als Werwolf hat man einfach ein anderes Schmerzempfinden. Und wir heilen auch viel schneller. Die Verletzungen der Hexe wären nach spätestens zwei Wochen Geschichte gewesen. Doch auf ihrem kleinen Körper, der mit Sicherheit maximal einen Meter sechzig misst, wirkt das alles viel Schlimmer, als es wahrscheinlich der Fall ist. Zumindest aus meiner Sicht.

Die Gedanken an die kleine Nervensäge, die sich eine Hexe nennt, mit einem Kopfschütteln verscheuchend laufe ich den breiten Gang entlang. Schon wieder im Internat. Das ist bereits das zweite Jahr, das ich hier wiederholen muss. Ich hasse die Schule! Warum braucht man auch unbedingt zu wissen wie die tektonischen Platten verlaufen, was ein Integral ist oder was Beethoven für Musik komponiert hat. Alles Schwachsinn! Und übermorgen geht es von vorne los.

Glücklicherweise sind meine Kumpels Dean, Shawn und Benjamin auch noch hier. Dean, weil er wirklich genauso wenig vom Unterricht hält wie ich und die anderen beiden wahrscheinlich einfach aus Loyalität. Oder weil sie hier leichter an die Mädels ran kommen.

Schon von weitem kann ich erkennen das Shawn Cindy, einer Walküre, die Zunge in den Hals steckt. Keine zwei Stunden sind wir wieder hier und schon legt er wieder eine der leichten Mädchen flach. Dabei ist es bei denen doch viel zu einfach. Ohne die gewisse Herausforderung macht es einfach keinen Spaß.

Vor zwei Jahren oder auch noch teilweise letztes Jahr bin ich nicht besser gewesen, doch für mich ist der Reiz verflogen. Es macht einfach keinen Spaß mehr. Ich liebe nun mal die Herausforderung und eine Walküre bietet diese nun einmal nicht.

Kaum bin ich wieder bei den anderen angekommen mustert mich Dean auch schon skeptisch. "Dir scheint es gut zu gehen." Eine überraschte Feststellung, die wir nach Zusammenstößen mit Elisabeth Snow eher selten treffen. Meistens lassen irgendwelche Flüche oder Verwünschungen nicht lange auf sich warten.

"Haben einen Waffenstillstand getroffen.", gebe ich mit einer Grimasse zurück, was die anderen dazu bringt mich entsetzt anzustarren. Sogar Shawn hört mit seinem widerlichen rumgelecke auf. "Ihr habt was?" "Wieso?" "Wie kam es denn dazu?"

"Ich habe ihre Verletzungen gesehen. Das Weib ist echt lebensmüde so hier aufzutauchen. Aber ich bin kein Sadist. Sobald es ihr wieder gut geht begraben wir das Friedensbeil wieder." Selbst nach dieser Erklärung scheinen die Jungs zu glauben, dass ich sie einfach verarschen will. Aber da kein erster April ist sage ich ausnahmsweise mal die Wahrheit.

"Was wollen wir jetzt machen?", frage ich schließlich genervt, um das Thema zu wechseln und die drei ein bisschen abzulenken. "Wir haben ja heute und morgen noch ziemlich viel Zeit. Da könnten wir mal wieder weiter weg jagen gehen.", schlägt Ben vor, der eher der Ruhigere von uns ist.

Ben ist der kleinste von uns. Wobei man mit bei einem Meter fünfundsiebzig auch nicht wirklich von klein sprechen kann. Eher von normal groß. Zudem wirkt er mit seinen braunen Augen, den braunen Haaren und dem sportlichen Körperbau netter als wir anderen. Gerade die Hexen und die Werwölfe stehen auf ihn. Die Walküren stehen auf alles was ihnen Vergnügen bereitet. Die zählen also nicht.

Shawn, Dean und ich sind hingegen mit unseren eins achtzig etwa gleich groß. Wobei Shawn mit seinen blauen Augen, den blonden kurzen Haaren und den gut definierten Muskeln die meisten Mädchen abschleppt. Zumindest wenn er seinen Charme spielen lässt kann ihm niemand widerstehen. Außer unserem 'geliebten' Hexen-Zirkel. Die scheinen alle fünf immun zu sein und ich weiß, dass das an Shawns Stolz kratzt. Doch da kann er nichts machen.

Dean hingegen ist eine Mischung aus beiden. Hellbraune Haare, dunkelblaue Augen und ein Lächeln, das Shawns Charme in den Schatten stellen kann. Auch wenn Dean das nicht so oft einsetzt. Zudem hat er gewisse Ansprüche an seine Frauen, weshalb ihm Walküren aus Prinzip schon zuwider sind. Eine Einstellung die ich ja auch erst seit kurzem teile.

Zu mir kommen die Meisten nur, wenn sie Lust auf etwas Gefährliches haben. Ich kenne das Raubtier in mir und mir ist auch bewusst, dass ich eine gewisse Dominanz ausstrahle, die eigentlich alle dazu bringt sich von mir fern zu halten. In den ersten beiden Jahren habe ich hart daran gearbeitet alle in Angst und Schrecken zu versetzen. Niemand sollte sich mir in den Weg stellen.

Doch dann kam eine kleine Hexe mit einem losen Mundwerk und hat das alles zerstört. Dieses kleine Ding mit ihren knapp eins sechzig und den damals noch langen schwarzen Haaren. Und mit diesem herausfordernden Blick in ihren graugrünen Augen.

Obwohl ich zugeben muss, dass mir ihre Kurzhaarfrisur beinahe besser gefällt als ihre langen Haare zuvor. Auch wenn sie ein bisschen länger sein könnten. Aber das ist wahrscheinlich auch eher ein Resultat des Unfalls als eine freiwillige Entscheidung. Aber wieso denke ich eigentlich an diesen kleinen Quälgeist? Tut sie mir einfach Leid? Unzufrieden mit meinen eigenen Gedanken wende ich mich wieder meinen Kumpels zu, welche bereits dabei sind zu streiten in welchem Gebiet in der Umgebung wir jagen gehen.

Hauptsache so weit weg, dass ich mich mal wieder richtig abreagieren kann. Vielleicht wo es das ein oder andere Wildschwein gibt. Fiese Biester. Die können eine ganz schön fertig machen, besonders wenn man einmal unaufmerksam ist. Deshalb kommt nur ein Gebiet in Frage und als ist es vorschlage sind alle einverstanden.

"Dann auf geht's. Lasst uns fette Beute machen!"

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt