Kapitel 43

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So schnell und leise wie möglich schleichen wir uns durch den Wald zurück zum Dorf. Schon von Weitem können wir das Schluchzen und Weinen einzelner Rudelmitglieder hören, welches mir eine Gänsehaut über den Körper jagt. Auch Riley versteift sich neben mir immer mehr, während Abigails Gesicht immer finsterer wird. Leise schleichen wir uns an und spitzen die Ohren, als erste Stimmen zu hören sind. Vereinzelt hört man jemanden weinen, doch das ist nicht das, was mich aufmerksam werden lässt. Viel eher die laute Stimme, die durch das ganze Dorf hallt.

"Ich habe euer Alphapaar getötet! Ihr seid vollkommen schutzlos und mir ausgeliefert. Hiermit küre ich mich selbst zum Alpha! Jeder, der eine andere Meinung hat, soll entweder den Mund halten oder sterben!", lacht eine düster klingende Stimme, die ich am liebsten direkt herausgefordert hätte. Doch ich beiße mir auf die Zunge und greife nach Rileys Hand, um ihn zurück zu halten. Jetzt ist noch nicht der optimale Zeitpunkt um sich einzumischen. Abigail deute ich direkt an, dass sie die Anderen zur Unterstützung holen soll, denn so wie es gerade aussieht, werden Riley und ich uns offenbaren müssen, um das Rudel beschützen zu können.

Die Vampirin begreift zum Glück sofort und rennt in einer Geschwindigkeit, die ich noch nie bei ihr gesehen habe, wieder zurück zu den Anderen. Kurz sehe ich Riley in die Augen und deute ihm an, dass er die Aufmerksamkeit auf sich ziehen soll. Währenddessen bleibe ich lieber unsichtbar und gebe ihm und den Anderen Deckung. Gemeinsam gehen wir unsichtbar in die Mitte des Dorfes. Hier wurden alle zusammen getrieben. In der Mitte liegen die Leichen von Rileys Eltern, was er jedoch nur mit einem kurzen Blick registriert. Doch über seine Emotionen muss ich mir später Gedanken machen. Erstmal müssen wir die Leute in Sicherheit bringen.

Der Typ, welcher mit zwei Frauen an seiner Seite mit dem Rücken zum Alphahaus steht, scheint lediglich über ein Dutzend Kämpfer zu verfügen. Fraglich, wie er es geschafft hat, hier alles unter Kontrolle zu bringen. Nachdenklich mustere ich die Dorfbewohner, welche alle ängstlich zum Anführer schauen. Denke ich zumindest. Bis sich eine der Frauen bewegt und alle zusammenzucken. Also geht von den Beiden die eigentliche Gefahr aus!

Interessant! Und gut zu wissen. Die werde ich definitiv genau im Auge behalten.

Doch erstmal gilt meine Aufmerksamkeit Riley. Ich halte ihm drei Finger hin und zähle damit lautlos runter. Drei. Zwei. Eins. Und dann ist er wieder sichtbar, während ich mich unsichtbar schräg hinter ihm platziere, sodass ich alles gut im Blick behalten kann.

"Onkel Garret. Was hast du hier zu suchen? Du wurdest verbannt!", gibt Riley kalt von sich und schafft es scheinbar vollkommen seine Emotionen beiseite zu schieben. Beeindruckend, aber auch notwendig. "Riley! Wo kommst du denn auf einmal her?", gibt offenbar Garret von sich. Um uns herum kann ich einige Wölfe grinsen sehen. Und die Erleichterung ist deutlich zu spüren.

Unser Gegenüber scheint jedoch nicht so glücklich zu sein. Seine grünen Augen blitzen hasserfüllt und ich kann sehen, wie er mit den Zähnen knirscht. Seine grauen Haare stehen zu allen Seiten ab und seine hagere Gestalt sieht eindeutig angriffslustig aus. Wie dieser nicht sonderlich hübsche oder charismatisch wirkende Typ es geschafft hat diese beiden Frauen von seiner Sache zu überzeugen bleibt mir ein Rätsel.

"Das könnte ich dich ebenfalls fragen! Wie kommst du darauf einfach hier aufzutauchen, meine Eltern zu töten und den Alphaposten an dich reißen zu können!", knurrt Riley und wirkt nun doch so, als würde er gleich die Beherrschung verlieren. Besorgt berühre ich ihn an der Schulter, was zu sofortiger Entspannung führt. Meine Berührung, auch wenn ich noch immer unsichtbar bin, scheint besser zu funktionieren als gedacht.

Dem weiteren Gespräch höre ich nun jedoch nur noch mit halben Ohr zu, da ich meine Freunde kommen spüre und aus der Entfernung und mit ein wenig Konzentration ebenfalls unsichtbar werden lasse. Als ich das Gesicht von Abigail sehe bedeute ich ihr leise zu sein und näher zu kommen. Dann deute ich auf die Kinder, die wir als erstes in Sicherheit bringen müssen. Ich wünschte Victoria und Selena wären hier, um uns zu unterstützen. Doch nun müssen wir es ohne die Beiden schaffen.

Und das tun wir sogar recht schnell. Nach und nach mache ich ebenfalls die Kinder unsichtbar und unseren Freunden gelingt ein lautloser Rückzug. Die anderen Wölfe bemerken zwar das verschwinden, decken bei Aufmerksamkeit der Wachen jedoch den Rückzug. Als schließlich nur noch Shawn, Dean und Abigail zurück kommen weiß ich, dass Ben und Luise die Kinder so weit weg bringen wie möglich. Wenigstens eine Aufgabe geschafft. Die drei positionieren sich nun direkt neben einigen Wachen, um diese bei Bedarf ausschalten zu können.

Nun wende ich mich wieder Riley zu, der alle in dieser Zeit großartig abgelenkt hat und klopfe ihm auf die Schulter. Sofort breitet sich ein Grinsen in seinem Gesicht aus und er sieht seinen Onkel herausfordernd an. "Bei all den Sprüchen und Herausforderungen, die du so klopfst, ist dir das größte Problem noch nicht aufgefallen oder?" "Was!"

Garret verzieht verwirrt das Gesicht, weshalb ich ebenfalls lächeln muss. "Ich bin jetzt Alpha. Wenn du ans Rudel willst, musst du erst an mir vorbei!" "Das ist doch ein leichtes lieber Neffe!" Mit einem fingerschnipsen deutet er auf Riley, weshalb die beiden blonden Frauen sofort beginnen ihre Hände zu bewegen. Hexen also! Na sieht mal einer an! Dann ist jetzt also meine Zeit gekommen.

Still positioniere ich mich direkt vor Riley und fange den unsichtbaren Zauber auf, der ihn in eine Statue hätte verwandeln sollen. Wie lächerlich! Dem hätte er auch noch selbst ausweichen können. Doch er hat sich auf mich verlassen und keinen Muskel gerührt! Außer Garret nun spöttisch anzugrinsen. "Sonst habt ihr nichts drauf?", spuckt der Wolf nun große Töne, weshalb ich die Augen verdrehen muss. Wer macht denn hier die ganze Arbeit?

Nun legt die andere Hexe auch los und lässt einen Geschossregen aus spitzen Steinen auf uns los. Welche etwa fünfzig Zentimeter vor mir in der Luft stecken bleiben. "Was soll das?", ruft Garret nun fassungslos, doch die Blondinen tauschen nur einen ratlosen Blick. "Eine Hexe?" Wenn uns nicht die grinsenden Gesichter des Rudels verraten hätten, Rileys Lachen tut es in jedem Fall.

"Dann stimmte das Gerücht also doch. Neben einer Vampirin habt ihr auch noch eine Hexe bei euch aufgenommen.", gibt Garret wütend zurück, was ich jedoch nicht begreife. Wenn er uns nicht leiden kann, warum hat er sich dann mit zwei Hexen zusammen geschlossen? Eine Frage, die ich auf später verschieben muss.

"Geh oder stirb!", droht Riley nun und Unruhe bricht unter den Wölfen aus. Der Kampf ist unabdingbar. Garret wird nicht aufgeben. Soviel kann ich in seinen Augen erkennen. "Du wirst sterben! Wo ist denn deine kleine Freundin? Ist sie so schüchtern oder einfach nur hässlich? Willst du sie mir nicht vorstellen?" "Wenn du das als deinen letzten Wunsch so haben willst!"

Noch einmal nicke ich unseren unsichtbaren Freunden zu und zeige ihnen an abzuwarten, dann mache ich mich direkt vor Riley sichtbar und deute einen formellen Knicks an. Anschließend schnippe ich mit dem Finger und die Steingeschosse landen harmlos auf dem Boden. "Es ist ganz schön unhöflich Magie gegen die einem Ort unterlegenen Lebensformen anzuwenden!", zitiere ich mein Lehrbuch und sehe die Blondinen, welche maximal zehn Jahre älter als ich sein können, mit einer hoch gezogenen Augenbraue an.

"Wer bist du schon uns maßzuregeln?", zischt mich die Linke böse an, was mich zu Grinsen bringt. "Mein Name ist Elisabeth Snow." "Elisabeth. Schöner Name. Komm zu mir, auf meine Seite und du wirst keine Probleme mehr in deinem Leben haben müssen.", bietet Garret mir schleimig an und unterbricht damit meine schöne Vorstellung. Wie gemein!

"Weil ich dann Tod bin oder was? Ich denke ja gar nicht dran!" Hinterrücks werden wir erneut von Steinen attackiert, doch ohne Probleme halte ich sie auf. Die Handbewegung der Blondine habe ich gesehen! "Nun schaltet sie doch endlich aus!", brüllt Garret die Frauen an, was mir jedoch nur ein Lachen entlockt! "Ich bin eine Hexe der Stufe zehn und mit dem Ort verbunden! Wenn du uns besiegen willst, dann braucht es mehr als zwei Hexen auf Stufe sieben und acht!", gebe ich angepisst von mir und meine Stimme wird durch meine Magie noch einmal dröhnend verstärkt.

Während die Wölfe wegen der Lautstärke wütend das Gesicht verziehen, werden die beiden Blondinen direkt blass. "Beweise, dass du so mächtig bist wie du behauptest zu sein!", fordert mich nun die rechte Frau heraus. Lächelnd sehe ich sie an. Es wird Zeit ihnen zu zeigen, dass ihr größter Fehler gewesen ist, einen Fuß auf dieses Land zu setzen! Das ist mein Ort, das sind meine Leute und ich werde sie bis zum Letzten verteidigen! Koste es was es wolle!

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWhere stories live. Discover now