Kapitel 28

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Nachdem wir die ersten Stunden der Qual hinter uns gebracht haben, werden wir nach dem Mittagessen alle zusammen in der Trainingshalle im Keller der Schule zusammen gerufen. Also entweder hat jemand etwas unglaublich Dummes angestellt oder die Lehrer haben sich für unsere Abschlussklasse etwas Besonderes überlegt. Beides klingt nicht sonderlich angenehm.

Zu fünft stehen wir Mädchen hier zusammen, da Destiny dieses Schuljahr gerade erst hergekommen ist und damit nicht in unseren Jahrgang geht, und warten auf unsere Lehrer. Das Rudel der vier Jungs steht unweit neben uns, doch das interessiert mich gerade nicht. Viel mehr bin ich auf meine beste Freundin fixiert, die einen der Vampire beobachtet.

Wenn ich mich recht entsinne, dann heißt er Charles und steht in der Hierarchie der Vampire in etwa auf der gleichen Stufe wie Victoria bei uns. Zumindest hat sie Geschmack! Denn der Vampir sieht mit seinen etwas längeren braunen Haaren und den dunkelbraunen Augen gleichzeitig heiß und gefährlich aus. Zudem schaut er auch immer wieder hier rüber, was mich für Victoria Hoffnung schöpfen lässt.

Wenige Augenblicke nach unserem Eintreffen, betreten auch Frau Werniger und drei weitere Lehrer den Raum. Wahrscheinlich die der Werwölfe, Vampire und Walküren. Damit sie besser zu sehen sind, lässt Frau Werniger alle ein Stück über dem Boden schweben, während die anderen Drei für Ruhe sorgen. Still warten sie ab, bis auch der letzte seine Aufmerksamkeit auf sie gerichtet hat.

"Guten Tag, lieber Abschlussjahrgang.", beginnt der Vampir, welcher eine extrem blasse Haut, hellblaue Augen und lange braunen Haaren besitzt, die ihm bis über die Schultern reichen. Irgendwie sieht er sehr alt aus, auch wenn Vampire ab einem gewissen Alter ihre Gestalt nicht mehr verändern. Trotzdem wirkt er unfassbar weise. Als hätte er schon Jahrhunderte erlebt. Gruselige Vorstellung.

"Wir haben euch heute hier zusammengerufen, weil wir, inspiriert von kürzlichen Mischungen unter den Schülergruppen,", dabei wandert der Blick des nun sprechenden Werwolfs zu Riley und unserem beisammen stehenden Grüppchen, "ein Experiment mit euch machen wollen. Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Arten fördern."

"Daher wird von heute an bis zu eurem Abschluss der Nachmittagsunterricht gemeinsam stattfinden. Ihr werdet euch in Zweiergruppen zusammen finden und euch gegenseitig bei verschiedenen Aufgaben unterstützen.", führt die Lehrerin der Walküren fort, was sofort für Getuschel und leise Absprachen sorgt.

"Bei der Gruppenbildung ist darauf zu achten, dass die Arten gemischt werden!", übertönt Frau Werniger das aufkommende Gemurmel. Immer wieder frage ich mich, wie eine so kleine Frau nur eine so laute Stimme haben kann. "Außerdem solltet ihr darauf achten, dass ihr in etwa gleich stark seid. Wer mit der Suche nach einem Partner Probleme hat, der sollte sich an uns wenden und wir schauen, wie wir euch aufteilen können."

Nun bricht wirklich Unruhe aus. Doch wie es aussieht sind die Lehrer mit ihrer Ansprache auch fertig. Neugierig beobachte ich, wie die ersten artenübergreifende Gruppen bilden. Das Abigail und Shane sich sofort an den Händen greifen wundert mich überhaupt nicht. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Victoria unschlüssig zu Charles schaut, der auch ziemlich eingeschüchtert aussieht. Oh man, alles muss man selber machen!

"Jetzt geh schon da rüber oder muss ich dich mit Gewalt dorthin zwingen?", lache ich betont fröhlich und boxe Victoria in die Schulter. "Du bist so doof.", meint sie beleidigt, streckt mir die Zunge heraus und geht dann zögerlich auf Charles zu. Dieser wird von seinen Freunden ebenfalls Richtung meiner Freundin gedrängt. Mit einem scheuen Grinsen bleiben die Zwei in einigem Abstand voreinander stehen und schaffen es kaum sich in die Augen zu schauen.

Da ich jedoch kein geduldiger Mensch bin, rufe ich meine Magie hervor und schiebe die Zwei noch ein Stück näher zusammen. Ein kleiner Schubs in die richtige Richtung hat noch keinem geschadet! Und auch wenn mir Victoria einen bitterbösen Blick zuwirft, kann ich nicht anders als breit zu Grinsen. Besonders als Charles nun nach ihrer Hand greift und die Finger mit ihren verschränkt. Charles Freunde zeigen mir kurz einen Daumen hoch, was ich mit einem zustimmenden Nicken registriere.

Leider kann ich Victoria nicht weiter beobachten, weil Luise nun auf mich zukommt. "Dann können wir ja zusammen machen.", schlägt sie vor, was mich jedoch nur verwirrt die Stirn runzeln lässt. "Dir ist schon klar, dass die Gruppenmitglieder annähernd gleich stark sein sollen?" "Ja, schon. Aber so ein großer Unterschied ist doch gar nicht zwischen uns." Luise überschätzt sich gerade um Längen und ich habe keine Ahnung, wie ich ihr das schonend beibringen soll.

"Du solltest mit Selena ein Team bilden.", gebe ich daher nur neutral von mir, was Luise das Gesicht einschlafen lässt. "So schwach bin ich nicht.", knurrt sie mich an und wäre sie jetzt in ihrer Wolfsform, würden ihr die Haare zu Berge stehen. "Luise. Ich mag dich als Freundin wirklich gerne, aber du hast noch immer nicht begriffen, wozu ich im Stande bin.", gebe ich kalt zurück und sehe ihr starr in die Augen. Bevor es jedoch ausarten kann greift Riley ein. Noch nie bin ich über seine Einmischung so froh gewesen.

"Elli wird mit mir eine Gruppe bilden.", knurrt er und legt eine Hand auf meine Schulter, als er hinter mich tritt. Sofort knickt Luise unter dem intensiven Blick ihres Bruders ein und verschwindet zu Selena einige Meter entfernt. Diese hat das Ganze genau beobachtet und schüttelt nur ungläubig den Kopf. "Ich verstehe nicht, was Luise für ein Problem hat.", höre ich mich gedankenverloren sagen, bevor ich es verhindern kann.

"Sie kam noch nie mit Konkurrenz und Veränderung klar. Die letzten Jahre hatte sie die Möglichkeit euch und uns immer exklusiv zu haben, wenn ihr danach war. Jetzt mischen wir uns und sie muss sich daran gewöhnen, dass sie nicht mehr zwischen den Gruppen wählen kann, wie es ihr gefällt." "Ich glaube wir haben sie verzogen.", grinse ich breit und schaue zu dem Werwolf neben mir auf.

Riley erwidert mein Lächeln und nickt zustimmend. "Ich habe ihr zu viel durchgehen lassen, weil sie meine kleine Schwester ist. Und du ihr, weil sie deine Freundin ist. Langsam muss sie mal erwachsen werden und sich ihrem Rang entsprechend verhalten." Zustimmend nicke ich. Luise muss aufhören sich wie ein Kind zu benehmen und endlich akzeptieren, dass im Ernstfall Riley und ich das Sagen haben.

"Der Alpha und die Oberhexe. Eine schöne Kombination.", werden wir unterbrochen und wenden uns gleichzeitig zu der Stimme um. Die Lehrer haben scheinbar eine Runde durch die Trainingshalle gedreht, um sich die Gruppen genauer ansehen zu können. Nun stehen alle vier hinter uns und mustern uns eingehend.

"Ich hätte nach all den Jahren des Kampfes nicht mehr damit gerechnet.", murmelt der Werwolf, nickt Riley und mir jedoch kurz zu. Auch wenn er ein Lehrer ist, erkennt er unsere Stärke an. "Ich bin gespannt, was sie zwei von einander lernen können.", mischt sich der Vampir ein und hält seine neutrale Miene bei.

Der Vampir und die Walküre scheinen über diese Entwicklung nicht so begeistert zu sein. Wahrscheinlich, weil Riley und ich die stärksten Schüler an unserer Schule sind. Cindy kann es mit keinem von uns aufnehmen. Das habe ich in den letzten Wochen deutlich gezeigt. Und auch der Vampir, dessen Name ich gerade leider vergessen habe, hat schon mehrere Kämpfe gegen Riley verloren.

"Wenn die Beiden sich nicht gegenseitig umbringen, dann können wir sicherlich Großes erwarten.", meint Frau Werniger trocken, zwinkert uns jedoch aufmunternd zu. "Ich werde dir so den Arsch aufreißen, Wolf.", grinse ich Riley herausfordernd an. Er erwidert es mit einem begeisterten Funkeln in den Augen. "Du kannst es zumindest versuchen, Hexe."

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWhere stories live. Discover now