Kapitel 12

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Müde lasse ich mich auf mein Bett fallen. Es ist Freitagnachmittag und endlich habe ich auch mal Zeit für mich. Der Unterricht war anstrengend und besonders Frau Werniger hat mich sehr unter Druck gesetzt. Jetzt weiß ich erstmal, was eine gute Hexe alles machen kann. Aber ich bin auch völlig erschöpft. Nicht unbedingt körperlich, sondern eher geistig. Das Anwenden von Magie erfordert eine Menge Konzentration. Die Handbewegungen müssen sitzen und man darf sich nicht von anderen Gedanken ablenken lassen.

Am liebsten würde ich jetzt einfach den Kopf abschalten und irgendwohin laufen. Da fällt mir das Angebot von Riley wieder ein. Wenn ich keine Angst habe, dann könnte ich ihn ja mal in den Wald begleiten. Es war eine Herausforderung und denen kann ich einfach nicht wiederstehen. Diese Woche hatte ich einfach zu viel um die Ohren, doch jetzt habe ich Zeit.

Bevor ich es mir wieder anders überlegen kann stehe ich von meinem gemütlichen Bett auf und gehe ans Fenster. Ich habe keinen Plan wo sich dieser Wolf um diese Uhrzeit rum treibt, doch ich werde ihn schon finden. Draußen tummeln sich eine Menge Schüler, besonders Walküren, Gestaltwandler und Hexen. Nur wenige Vampire sind zu sehen. Sie verbrennen zwar nicht bei Sonnenlicht, doch durch ihre empfindliche und blasse Haut bekommen sie meist schnell einen Sonnenbrand. Mit Abigail an den Strand zu gehen ist die dümmste Idee, die man haben kann.

Wenn Riley nicht draußen zu sehen ist, dann ist er vielleicht drin. Wenn ich jetzt noch wüsste, wo sein Zimmer ist! Aber jemanden zu fragen wäre zu auffällig. Nachdenklich streife ich durch das Internat. Dieser Kasten ist viereckig aufgebaut, weshalb man einmal im Kreis gehen kann. Im ersten und zweiten Stock liegen die Zimmer der Schüler, während im Erdgeschoss und Keller die Klassen- und Trainingsräume sind.

Die Jungs sind in der zweiten Etage während die Mädchen die erste bekommen haben. Eine Abgrenzung zwischen den einzelnen Arten gibt es nicht. Deswegen sind ja auch Victoria, Abigail und Luise in einem Zimmer. Wobei ich froh bin, dass ich nur ein Doppelzimmer erwischt habe. Es ist schon schlimm genug sich mit einer anderen Person ein Bad zu teilen. Aber gleich mit zweien? Nein, danke!

Sonst sieht eigentlich immer alles gleich aus. Die Klassenzimmer, die Gänge, die Badezimmer und die Wohnzimmer. Nur das die Räume für drei Personen etwas größer sind als die für zwei. Was ja auch logisch ist. Selena und ich sind trotzdem beide glücklich damit wie es ist. Wir haben zwei Betten, zwei Schränke, einen gigantischen Schreibtisch mit zwei Stühlen vor einer riesigen Fensterfront und eine Leseecke direkt hinter der Tür. So richtig mit Bücherregal und zwei Sesseln. Sehr schick, aber wir benutzen es kaum. Bücher sind eher die Leidenschaft von Abigail.

Langsam schlendere ich durch die Gänge, die alle in weiß gehalten sind und nur Bilder und Fotografien für ein bisschen Abwechslung sorgen. Unser Schulleiter ist ein Langweiler und Snob, der wahrscheinlich am liebsten alles weiß und steril gelassen hätte. Doch glücklicherweise sind wir hier in einer Schule und nicht in einem Gefängnis, auch wenn es einem manchmal so vorkommt. Daher haben sich die Schüler und Lehrer durchgesetzt und wenigstens für ein wenig Wohlbefinden gesorgt.

Langsam gehe ich die Treppe hinunter und komme in der Eingangshalle heraus. Niemand ist zu sehen, also mache ich mich auf den Weg nach draußen. Bis ich aufgehalten werde. "Wenn das nicht die mächtige kleine Hexe Elisabeth ist!" Diese grässlich hohe Stimme gepaart mit dem Klackern hoher Schuhe lassen mich nur die Augen verdrehen. "Was willst du von mir, Cindy?", will ich gelangweilt wissen und drehe mich zu ihr um.

Die blonde Walküre steht nur einen Meter von mir entfernt und es stört mich jetzt schon, dass sie einen halben Kopf größer ist und ich deshalb zu ihr aufsehen muss. Ich hasse nicht alle Walküren, einige können sogar ganz nett sein, doch diese hier ist einfach unterste Schublade. Wenn die einen Tag lang nicht an den Lippen irgendeines Jungen hängt, mache ich ein Kreuz im Kalender.

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWhere stories live. Discover now