Kapitel 40

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Als ich aufwache fühle ich mich einfach zerschlagen. Irgendwie tut mir jeder Muskel weh und auch meine Magie scheint erschöpft zu sein. Mühsam denke ich darüber nach, wie ich denn in diese Situation gekommen bin. Doch mein Kopf fühlt sich an, als wäre nur Watte drin. Schließlich zwinge ich mich dazu meine Augen zu öffnen. Verwirrt muss ich mich erstmal umsehen, da mir auf Anhieb nichts bekannt vorkommt.

Doch dann sehe ich Luise und Riley auf dem Boden neben mir liegen und es ist, als hätte jemand die Seifenblase, in der ich mich gerade noch befunden habe, zum Platzen gebracht. Alles ist wieder da. Der Streit zwischen Riley und Clair, dieser Wolf und der darauf folgende Kampf. Die Kirche und meine Magieanwendung, um Riley vor dem sicheren Tod zu bewahren. Verschwommene Erinnerungen an den Moment, wo Riley den anderen Wolf getötet hat. Und dann, wie Riley auf mich eingeredet hat.

Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie mein Blut bereits den Boden bedeckt, da mein Nasenbluten so stark ist. Und dann, wie sich Riley vor mich hockt und sein Blut ebenfalls auf den Boden tropft und sich mit meinem vermischt. Mit einem Ruck setze ich mich auf und schaue auf meine Hände, die noch teilweise mit Blut bedeckt sind, doch das ist nicht mein eigentliches Problem.

Mein Blut und das eines Anführers dieser Gegend haben den Boden bedeckt. Es hat sich damit verbunden und mich damit hier verankert. In meinem Hinterkopf spüre ich die Gefühle, die von den hier lebenden Menschen ausgestrahlt werden. Das leise Flüstern des Ortes, der mich willkommen heißt und an den ich jetzt mit meinem Blut gebunden bin.

Das geht alles viel zu schnell! Man sollte sich eigentlich erst eingewöhnen und dann in einer Zeremonie sein Blut mit dem des Alphas verbinden und in den Boden mischen. Das ganze sollte nicht so plötzlich erfolgen! Und schon gar nicht ohne die eigentliche Zustimmung des Oberhauptes, welches ja momentan noch Rileys Vater ist. Das ist einfach entgegen allem, was mir beigebracht worden ist!

"Beth? Ist alles in Ordnung bei dir?", fragt Luise leise und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Überrascht sehe ich auf und bemerke, dass mich die beiden Geschwister besorgt mustern. "Ich...", versuche ich zu erklären, breche aber sofort wieder ab. Ich weiß nicht wie ich erklären soll, was in mir vorgeht. Ich kann es ja selbst kaum glauben. Aber ich bin mit der Situation einfach komplett überfordert.

"Entschuldigt mich.", murmel ich daher nur, springe im nächsten Moment aus dem Bett und laufe so wie ich bin nach draußen. Ich brauche kurz meine Ruhe, um meine Gedanken zu sortieren. Das es schneit und ich Barfuß bin interessiert mich überhaupt nicht. Und auch, das ich nur meine normalen Klamotten trage ist mir total egal. Gezielt laufe ich zu der Stelle, wo sich mein komplettes Leben auf den Kopf gestellt hat.

Die Kirche ist eine Ruine. Nur noch die Wände des Hauptteils stehen zum Großteil. Der Turm ist komplett in sich zusammen gefallen. Die Erde rund herum ist vom Kampf gezeichnet und im Schnee ist noch immer Blut zu sehen. Genau an der Stelle, wo noch mein Blut zu sehen ist, lasse ich mich in den Schnee fallen. Gedankenverloren streiche ich über den Boden und versuche zu verarbeiten, dass ich nun für immer hier her gehöre. Das ich den Ort gefunden habe, wo ich gebraucht werde.

"Elli?", reißt mich die vorsichtige Stimme von Riley aus den Gedanken. Überrascht werfe ich einen Blick über die Schulter. In seinen Händen hält der Wolf meine Jacke und meine Schuhe, sieht jedoch ansonsten sehr unsicher aus. Langsam stehe ich auf und nehme die Sachen an, die Riley mir netter Weise mitgebracht hat. "Danke.", gebe ich leise von mir und reibe mir einmal über das Gesicht. Erst jetzt bemerke ich, dass ich wohl geweint habe. Deswegen war der Wolf sicherlich so besorgt. Das letzte Mal hat er mich so erlebt, als ich mit dem Gedanken gespielt habe mein Leben zu beenden.

"Ist alles in Ordnung bei dir?", will Riley leise wissen und hilft mir in meine Jacke. Meine Schuhe habe ich als erstes angezogen, da es inzwischen wirklich kalt geworden ist. "Ja.", gebe ich zurückhaltend als Antwort. Wer weiß was Riley denkt, wenn er erfährt, dass er mich nun für immer auf dem Hals hat? "Wieso glaube ich dir das nicht?", meint er trocken und sieht mich mit einer hoch gezogenen Augenbraue an. Wir kennen uns halt inzwischen zu gut, um uns gegenseitig anlügen zu können.

Ich öffne schon den Mund, um ihm zu sagen was Sache ist, aber es kommt nichts raus. Ich bin an einen Ort gebunden, wo ich nicht mal weiß, ob die Leute mich hier akzeptieren. Und nach dem Kampf ist das eine berechtigte Frage! Das ist einfach alles falsch gelaufen! Normalerweise akzeptiert einen der Ort auch nicht so schnell. In der Hinsicht hat die Magie eines Ortes ein Eigenleben. Man muss erst beweisen, dass man es gut meint.

"Elli!" Durch Rileys Knurren und ein stärkeres Schütteln werde ich schließlich aus meinen Gedanken gerissen. "Jetzt sag endlich was los ist!" Mit Tränen in den Augen sehe ich nun zu dem Wolf auf, der mir mehr bedeutet, als er es eigentlich sollte. "Ich bin an das Land hier gebunden.", flüstere ich leise und schaffe es nicht mehr, diesem türkisen Blick stand zu halten.

Eine Weile bleibt es ruhig, bis Riley sich räuspert und schließlich nachhakt. "Was meinst du damit?", fragt er heißer nach und hebt mein Kinn an, damit wir uns in die Augen sehen können. "Du hast jetzt den Salat, Wolf. Mich bekommst du hier nicht mehr weg. Ich habe den Ort gefunden, an den ich gehöre und werde nun für immer hier bleiben."

Kaum habe ich zu Ende gesprochen, werde ich in eine Umarmung gezogen, welche mir die Luft aus der Lunge drückt. "Bist du dir sicher damit?" Irritiert muss ich kurz blinzeln, ehe ich etwas schnippischer als beabsichtigt antworte. "Natürlich bin ich sicher! Bist du dir sicher, dass du dich in einen Wolf verwandeln kannst?"

Doch anders als erwartet beginnt Riley zu lachen und wirbelt mich einmal im Kreis herum. "Riley lass mich runter! Mir wird schlecht!", gebe ich nach einigen Runden lachend von mir und überraschender Weise hält Riley auch an. Und sieht mir gleich darauf ernst in die Augen.

"Ich warte schon seit Ewigkeiten darauf.", flüstert er mir zu, nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich gleich darauf. Doch zu meinem Bedauern löst er sich direkt wieder von mir. "Elli. Da ich dich ja jetzt nicht mehr los werde..." Meinen wütenden Schlag gegen seine Brust ignoriert er daraufhin gekonnt. "... Will ich dich fragen ob wird es nicht miteinander versuchen wollen. Ganz offiziell eine Beziehung führen. Nicht heimlich ein paar gestohlene Augenblicke."

Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich Riley an. Ich hätte nie gedacht diese Worte mal aus seinem Mund kommen zu hören. Vor allem nicht, da er ja seine Gefährtin sucht. Und das ist auch der einzige Gedanke, der mich von einer augenblicklichen begeisterten Zustimmung zurück hält. Denn mein Herz gehört schon längst diesem nervigen, sturen Wolf.

"Und was ist mit deiner Gefährtin?", flüstere ich leise und kann nicht verhindern, dass sich mein Herz bei diesen Worten schmerzhaft zusammen zieht. "Du bist meine Gefährtin, kleine Hexe. Dessen bin ich mir ganz sicher.", gibt er zurück und das so ernsthaft, dass ich nicht anders kann als ihm zu glauben.

Sprachlos von seiner Überzeugung nicke ich lediglich zustimmend und drücke ihm einen weiteren Kuss auf die Lippen. Ich hoffe sehr, dass es dieser Wolf ernst mit mir meint. Denn wenn nicht, haben wir Beide ein Problem. 

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Hier wollte ich eigentlich ein fettes 'Ende' drunter schreiben.

Aber irgendwie war mir das zu langweilig. Und außerdem hat sich mir noch eine Idee aufgedrängt, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Also können diejenigen, die das hier tatsächlich lesen, sich noch über ein paar weitere Kapitelchen freuen.

Ein Hauch von Magie - Schicksalsschlagحيث تعيش القصص. اكتشف الآن