Kapitel 38

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Ich laufe gerade unsichtbar zwischen den niedlichen kleinen Hütten entlang, da kann ich die Stimme von Riley und Clair vernehmen. Schon an dem Tonfall kann ich heraus hören, dass Riley mehr als nur genervt ist, auch wenn er versucht es zu verbergen. Aber dafür kenne ich ihn vielleicht auch einfach zu gut. Clair dagegen klingt direkt hysterisch. Neugierig schleiche ich weiter, auch wenn der Alphawolf mich wahrscheinlich schon aus hundert Metern Entfernung hören kann.

"Wieso lässt du es zu, dass diese kleine Hexe sich an dich ran schmeißt?" Bei diesem hysterischen Ton muss ich mir einen bösen Kommentar verkneifen. "Weil sie meine Freundin ist?", höre ich Riley genervt sagen, was mein Herz direkt schneller schlagen lässt. "Diese Person bezeichnest du als deine Freundin? Hat sie dich verhext?"

Noch immer unsichtbar balle ich meine Hände zu Fäusten und versuche mein Zähneknirschen in den Griff zu bekommen. So, wie ein türkisfarbener Blick sofort in meine Richtung schießt, hat Riley es jedoch trotzdem gehört. Blödes Wolfsgehör!

Doch entgegen meiner Erwartungen, dass Riley sauer wird, weil ich ihn und Clair belauscht habe, steht er auf einmal vor mir. Bevor ich überhaupt reagieren kann, hat er mich schon in seine Arme gezogen, obwohl ich noch immer unsichtbar bin. Augenblicklich ziehe ich meine Magie zurück. Und sehe in türkisfarbene Augen.

"Du belauschst uns also, Hexe?" "Ach quatsch. Würde ich doch nie machen. Ich bin nur zufällig hier vorbei gekommen.", gebe ich grinsend zurück und sehe in seine vor Schalk funkelnden Augen. Doch bevor wir uns weiter gegenseitig necken können, mischt sich Clair ein. Diese Wölfin ist wirklich ausgesprochen nervig! "Du bist hier nicht erwünscht, Hexe! Geh wieder dahin zurück wo du hergekommen bist! Wieso bist du eigentlich hier?"

"Weißt du was, Clair? Ich zeige dir, weshalb ich hier bin!", gebe ich zischend zurück, ziehe Riley am Nacken zu mir herunter und drücke meine Lippen auf seine. Es wird Zeit, dass ich nach den Regeln der Wölfe spiele und allen zeige, dass Riley mir gehört. Ich habe mich entschlossen dem Wolf eine Chance zu geben und das soll er auch wissen.

Doch bevor ich ihm meine Entscheidung mitteilen kann, lenkt mich ein tippen auf meiner Schulter ab. Und als ich mich in diese Richtung wende, sehe ich Luise direkt neben mir stehen. Clair ist dagegen nirgends zu sehen. "Ich hab dich!", ruft sie kichernd und zwinkert mir zu. "Du hast mich als erste erwischt. Was hättest du denn gerne?", grinse ich sie an und löse mich komplett von Riley. "Ich hätte gerne einen kleinen Fluch für eine ganz bestimmte Person."

Lachend umarme ich Luise. "Na endlich bittest du mich darum! Ich warte schon eine ganze Weile darauf, dass wir unsere Rache planen können, wie in der guten alten Zeit! Lass uns Abigail suchen und loslegen!" Doch bevor wir uns in Bewegung setzen können, kommt ein stink wütend aussehender Wolf auf uns zugestürmt. Mir wirft er einen bitterbösen Blick zu, dann baut er sich vor Riley auf. Beide sind etwa gleich groß und ähnlich muskulös. Doch das Erschreckende ist eigentlich der Killerblick dieses Typen, der vielleicht gerade mal zehn Jahre älter ist als ich.

"Erst verseuchst du unser Rudel mit einer Vampirin, dann lädst du einfach eine Hexe zu uns ein und jetzt ziehst du diese auch noch meiner Cousine vor? Ich habe lange genug akzeptiert, dass deine Eltern das Rudel lockerer leiten, doch dich werde ich nicht einfach widerstandslos akzeptieren! Ich fordere dich heraus um deinen Platz im Rudel zu kämpfen!"

Erschrocken zieht Luise neben mir die Luft ein und umklammert haltsuchend meinen Arm, während ich nur verwirrt die Stirn runzeln kann. Um was geht es denn hier genau? Wenn er ein Problem mit mir hat, dann soll er das gefälligst mit mir klären! Doch gerade als ich den Mund öffnen will, um genau das zu sagen, hält mich Rileys warnender Blick auf.

Verkniffen halte ich den Mund und folge den beiden Wölfen an einen Ort, wo ihr komischer Kampf stattfinden soll. Luise ist inzwischen zu ihren Eltern gelaufen, um denen zu sagen, was hier los ist. Einige Minuten später halten wir auf einer größeren Lichtung, wo nur eine verlassene, baufällige Kirche steht. Fasziniert will ich mich gerade umsehen, als Riley mich beiseite nimmt.

"Du darfst unter keinen Umständen in diesen Kampf eingreifen! Egal was passiert, wir dürfen nicht gestört werden!", gibt er von sich und sieht mir dabei so ernst in die Augen, wie ich es bei ihm noch nie erlebt habe. Ich wusste gar nicht, dass der Wolf zu einer solchen Ernsthaftigkeit im Stande ist. Aber da kommt wohl das Alphatier in ihm durch.

"Und wieso sollte ich das tun? Wenn ich das wöllte, dann würde er auf der Stelle tot umkippen oder einfach in Flammen aufgehen.", gebe ich kalt zurück und verschränke die Arme vor meinem Körper. Wieso muss ich dabei zusehen, wie Riley verletzt wird, wenn ich es doch einfach verhindern kann? "Weil er eine offizielle Herausforderung ausgesprochen hat. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod, um die Position des nächsten Alphatiers."

Erschrocken schaue ich zu ihm auf. Auf Leben und Tod? Dann wandert mein Blick zu dem grimmig schauenden Wolf in der Mitte der Lichtung. Andererseits sieht er nicht so aus, als würde er klein bei geben. Und Riley würde niemals aufgeben. "Aber warum darf ich nichts machen? Schließlich greift er dich an, weil ich hier bin!", grummele ich wütend, doch eine Stimme hinter mir nimmt Riley die Antwort ab.

"Weil bei so etwas lediglich die eigenen Gefährten erlaubt sind. Und das seid ihr schließlich nicht." "Noch nicht.", meine ich Riley leise auf die Antwort seines Vaters sagen zu hören, doch der fremde Wolf schaltet sich in diesem Moment ein. "Da die ganze Familie nun bei deiner Niederlage zusehen kann, können wir ja endlich anfangen."

Am liebsten würde ich dem Typen ja jetzt einfach den Hals umdrehen. "Als würde es jemand erfahren, wenn der einfach verschwindet.", knurre ich leise und verschränke die Arme vor der Brust. Meine gegrummelten Worte bringen Riley nun doch zum Lachen. "Du bist einfach unglaublich!", gibt er von sich und küsst mich einfach vor den Augen seinen Eltern. Doch der Kuss dauert viel zu kurz und dann ist Riley auch schon verschwunden.

Mitten im gehen verwandelt er sich in seinen dunkelbraunen Wolf und alle Klamotten fliegen in Fetzen davon. Sein Gegner tut es ihm gleich. Keine Sekunde später sind sie auch schon in einander verkeilt. Gebannt schaue ich den beiden Wölfen zu und versuche dabei nicht mal zu blinzeln. Doch als die Beiden während ihres Kampfes in die alte Kirche krachen kann ich ein zusammenzucken und kurzes Augen zusammenkneifen nicht verhindern.

Aber keine Sekunde später schaue ich auch schon wieder hin. Zu hören sind nur laute Geräusche, krachen und kaputt gehende Gegenstände. Am liebsten würde ich hinterher, aber ausnahmsweise halte ich mich zurück. Riley hat mich darum gebeten und daher werde ich mich möglichst nichts unternehmen.

Im nächsten Moment fliegen die Zwei durch die Wand der Kirche und landen knapp daneben auf dem Boden. Beide bluten bereits aus etlichen Wunden, doch ich kann nicht sagen, wer von den Zweien schlimmer verletzt ist. Meine Aufmerksamkeit wird jedoch plötzlich abgelenkt, als die Kirche ein bedrohliches Knirschen von sich gibt, welches mir die Haare zu Berge stehen lässt.

Erschrocken muss ich dabei zusehen, wie der etwa vierzig Meter hohe Turm langsam zur Seite kippt. Und das genau in die Richtung, wo Riley noch immer mit dem anderen Wolf kämpft. "Ach scheiß drauf!", zische ich und treffe mit Absicht die Entscheidung gegen Rileys Anweisung zu verstoßen.

Mit all meiner Magie greife ich nach dem Turm und lasse ihn erstarren. Jeder einzelne Stein bleibt an der Stelle, wo er sich in diesem Moment befindet. Das der Turm dabei beinahe waagerecht ist, spielt keine Rolle. Alles was zählt ist Riley zu beschützen. Und wenn es mich all meine Magie kostet. Wegen mir wird dieser nervige, sture Wolf nicht sterben! 

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWhere stories live. Discover now