Kapitel 39

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P.O.V. Riley

Ich weiß nicht, wie lange der Kampf schon andauert, doch es wird langsam Zeit, dass ich ihn beende. Schon als wir in die Kirche gekracht sind, wollte ich Patrick ausschalten. Doch er ist ein guter Kämpfer und ich bin selbst nur ein bisschen besser.

Gerade landet Patrick einen guten Angriff, der mich auf den Rücken schleudert, da sehe ich es. Der Turm ist direkt über uns und ich rechne jeden Augenblick damit gleich tot zu sein, während ich Patrick gleichzeitig noch auf Abstand halte. Doch entgegen meiner Erwartungen bleibt der Turm an Ort und Stelle, ohne uns unter sich zu zerquetschen.

Automatisch wandert mein Blick zu der Stelle, wo ich Elli zurück gelassen habe. Doch dort steht die kleine Hexe nicht mehr. Sie hockt wenige Meter weiter vorne auf dem Boden, eine Hand in die Erde vergraben und die andere Richtung Kirche ausgestreckt. Ihre Augen sind starr auf den Turm gerichtet, während aus ihrer Nase ein stetiger Strom von Blut tropft. Und würde Luise sie nicht von hinten stützen, dann wäre sie wahrscheinlich schon zusammen gebrochen.

Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen richte ich mich schließlich auf und werfe den Wolf von mir runter. Wenn Elli alles für mich gibt, dann kann ich das auch für sie tun. Denn auch wenn sich Patrick mit allem wehrt was er hat, kann er mir doch nicht mehr lange Stand halten. Ich bin motiviert diesen Kampf schnell zu Ende zu bringen und davon wird Patrick mich nicht abhalten!

Meine Angriffe werden nun immer schneller, bis ich endlich durch die Verteidigung meines Gegners breche. Und dann dauert es nur noch Sekunden. In einen Moment kämpfen wir noch, dann habe ich meine Reiszähne in seiner Kehle vergraben und sie heraus gerissen. Gleich darauf erlischt aller Widerstand. Doch das interessiert mich kein bisschen. Genauso wenig wie mich meine vielen Verletzungen interessieren.

Ohne überhaupt darauf zu achten das der Körper von Patrick noch nicht mal richtig den Boden berührt hat laufe ich auch schon zu Elli und verwandele mich währenddessen zurück. Nur am Rande bekomme ich mit, dass meine Mutter mir einen Bademantel umhängt und wie kalt es eigentlich ohne Klamotten oder Schuhen im Schnee ist. Doch das ist alles nebensächlich. Meine Aufmerksamkeit gilt Elli, welche noch immer den Kirchturm an Ort und Stelle hält.

"Komm schon, Hexe. Lass deine Magie los! Ich bin hier! Keiner wird zu Schaden kommen!", gebe ich leise von mir uns lege meine Hand über ihre in die Erde gegrabene. Kurz glaube ich ein Zucken ihrer Mundwinkel zu sehen, doch dann folgt ein leichtes Kopfschütteln. "Holt die Leiche! Er braucht eine Beerdigung.", bringt Elli leise heraus und mit vor Anstrengung ganz rauer Stimme.

Glücklicher Weise rennt Luise direkt los und ist keine Minute später wieder aus der Gefahrenzone raus. Schnell wende ich mich wieder Elli zu, die inzwischen so blass ist, dass sie beinahe tot aussieht, während noch immer ein stetiger Strom Blut aus ihrer Nase fließt. "Du kannst den Turm jetzt fallen lassen. Es sind alle in Sicherheit.", flüstere ich ihr nun eindringlich zu.

Blinzelnd lenkt sie ihren Blick von der Kirche zu mir. Ihre grauen Augen geben keine Gefühle Preis, doch ihr kleines Lächeln sagt alles. Sie ist froh, dass es mir gut geht. Doch bevor ich Elli anschreien kann, dass sie so etwas nie wieder tun soll, bricht sie einfach zusammen. In einem Moment sehen wir uns noch in die Augen, dann verliert sie das Bewusstsein und kippt seitlich in den Schnee.

Schnell überprüfe ich ihren Puls, welchen ich nach kurzem suchen unter ihren ganzen Wintersachen endlich gefunden habe. Erleichtert atme ich einmal tief durch. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn sie wegen mir ernsthaft verletzt wäre.

"Geht es ihr gut?", flüstert Luise leise neben mir und sieht ängstlich und besorgt zu Elli. "Du kennst doch die sture Hexe. Spätestens morgen wird sie uns allen schon wieder auf die Nerven gehen.", beruhige ich sie und muss bei dem Gedanken auch lächeln. Sowas traue ich Elli nämlich durchaus zu.

"Sie ist wirklich unglaublich.", meint mein Vater und mustert Elli respektvoll. "Das ist sie definitiv.", stimme ich ohne darüber nachzudenken zu und betrachte sie mit einem Lächeln, welches ich nicht unterdrücken kann. "Wir sollten sie rein bringen. Soweit ich weiß sind Hexen nicht sonderlich robust und es ist wirklich kalt.", wirft meine Mutter ein und ich stimme ihr mit einem Nicken zu.

Vorsichtig hebe ich Elli auf meine Arme und laufe langsam mit ihr zu unserem Haus. Besorgt beobachte ich, wie noch immer Blut aus ihrer Nase läuft, doch ihre gleichmäßige Atmung und ihr starker Herzschlag beruhigen mich dann doch.

Meine Mutter und Luise begleiten mich, während meine Vater zurück bleibt und sich um Patricks Leiche kümmert. Es tut mir zwar leid, dass ich ihn habe töten müssen, doch er hatte es heraus gefordert. Bei Werwölfen sind Rangkämpfe normal und sehr viele von ihnen enden tödlich. Daher hat auch niemand aus dem Rudel verstanden, warum Elli so nett zu Luise gewesen ist. Doch Hexen scheinen das anders zu regeln, deshalb habe ich mich dort damals auch nicht eingemischt.

Vorsichtig lege ich Elli auf ihrem Bett ab und beginne ihr ihre Wintersachen auszuziehen. Den Rest kann sie ja anbehalten, auch wenn ich sie ja bereits in Unterwäsche gesehen habe. Wer weiß, wie die kleine Hexe mich verflucht, wenn ich das ohne ihre Zustimmung mache.

Nachdem ich Elli auf ihrem Bett abgelegt und mit Luises Hilfe ihre Wintersachen ausgezogen habe, scheucht mich meine Schwester aus dem Zimmer. Und widerwillig stimme ich ihr zu. Ich bin dreckig, blutig und einfach völlig zerschlagen. Also gönne ich mir erstmal eine warme Dusche, nach der ich mich schließlich wieder wie ein Mensch fühle. Glücklicher Weise bin ich bei dem Kampf recht glimpflich davon gekommen. Einige Prellungen und blaue Flecken sind zu sehen, aber gebrochen ist nichts. Auch meine Kratzer sind nicht so tief, dass meine Heilungskräfte diese nicht innerhalb einiger Tage von alleine schaffen würden. Also muss ich zumindest meine Mutter nicht bitten das ein oder andere zu nähen.

Mit einer lockeren Jogginghose und einem größeren Pullover gehe ich schließlich in die Küche, um dort meine Eltern vorzufinden. Luise wird bei Elli geblieben sein und so wie ich sie einschätze auch nicht mehr von ihrer Seite weichen, bis sie wieder bei Bewusstsein ist. Was gut ist, denn ich will nicht, dass die kleine Hexe aufwacht und Panik bekommt, wenn sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht und vielleicht nicht gleich weiß, wo sie sich befindet.

Müde setze ich mich an den Küchentisch, wo mir meine Mutter direkt einen Teller Bratkartoffeln vor die Nase stellt. Ohne zu zögern greife ich nach der Gabel und schaufel mir das Essen in den Mund. Bis mir die Blicke meiner Eltern bewusst werden und ich mitten in der Bewegung stoppe. "Was?", will ich irritiert wissen, da Beide einen wirklich merkwürdigen und undeutbaren Blick drauf haben. "Hast du verpasst uns etwas mitzuteilen?", fragt meine Mutter direkt nach, weshalb ich sie jedoch nur weiterhin fragend ansehen kann. "Seid ihr Gefährten? Du und Elisabeth?", drückt sich mein Vater schließlich etwas deutlicher aus und endlich verstehe auch ich, was sie von mir wollen.

"Ich hoffe es. Aber ich weiß es noch nicht mit Sicherheit.", gebe ich leise zurück und zucke nichtssagend mit den Schultern. "Dann gib dir mal Mühe, mein Junge! Ich mag das Mädchen und würde es gerne sehen, wenn sie hier bleibt.", meint mein Vater und klopft mir auf die Schulter, ehe er den Raum verlässt. Überrascht schauen meine Mutter und ich ihm hinterher.

Na, wenn das mal keine Ansage ist! 

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWhere stories live. Discover now