Kapitel 35

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P.O.V. Riley

Weihnachten! Endlich Ferien und im Kreise des Rudels etwas Ruhe vor den anstehenden Abschlussprüfungen genießen. Das waren zumindest die Gedanken, die mir im letzten Jahr durch den Kopf geschossen sind. Und jetzt dreht sich alles um die kleine Hexe, welche neben uns vor der Schule steht und sich von Victoria, Charles, Selena und Destiny verabschiedet. Die vier brechen als erstes in die Ferien auf, da sie wesentlich weiter weg wohnen als wir.

Da Abigail uns dieses Jahr begleitet werden wir heute nicht in Wolfsform nach Hause laufen, sondern von einem Auto abgeholt. Das dauert zwar länger als würden wir zu Fuß gehen, doch ich kann verstehen das Abigail nicht auf ihre Klamotten verzichten will. Gemeinsam treffen wir uns draußen, kurz bevor das Auto bei uns sein soll.

"Was hast du eigentlich vor, Beth?", höre ich Ben leise fragen und richte augenblicklich meine Aufmerksamkeit auf die Beiden. Elli zuckt auf diese Frage jedoch nur mit den Schultern. "Warum begleitest du uns nicht einfach?", mischt sich Dean in das Gespräch ein, allerdings nicht ohne mir einen kurzen Blick zu zuwerfen. Ich weiß genau was er vorhat, doch ich kann nicht mehr eingreifen.

"Oh ja, bitte, Beth! Dann wäre ich nicht alleine in dem Rudel!", bettelt Abigail sofort und greift nach Ellis behandschuhten Händen. Diese kichert daraufhin jedoch nur und schüttelt den Kopf. "Du bist doch wohl in der Lage es mit den Jungs aufzunehmen!" "Mit den Jungs schon. Ich sehe das Problem eher bei meinen Schwiegereltern.", kann ich die Vampirin antworten hören, was sogar mir ein breites Grinsen entlockt. War klar, dass die Vampirin es schlimmer findet ihre Schwiegereltern kennen zu lernen als in einem Dorf voller Wölfe zu leben.

"Sieh es als Wiedergutmachung.", mischt sich nun auch Shawn mit ein, was mich nun doch überrascht. Normalerweise hält er sich aus solchen Sachen eher raus. "Wofür das denn?", lacht Elli auf und legt ihren Kopf ein wenig schief. "Weil wir dir in den letzten Ferien die Haare vom Kopf gefuttert haben. Da kannst du dich ja jetzt revanchieren.", übernimmt Dean wieder und dieses jugendliche freche Grinsen ist so ansteckend, dass sogar Elli langsam einknickt. Man sollte Deans Charme nicht unterschätzen.

"Was sagt denn der Alpha dazu?", richtet die kleine Hexe sich nun direkt an mich, doch ich bin nicht in der Lage gleich zu antworten. Sie will mit zu meinem Rudel! Sie wird meine Eltern kennen lernen und alle, die mir etwas bedeuten! Zum ersten Mal in meinem Leben werde ich richtig nervös. Doch ich reiße mich gerade noch so zusammen. "Wenn du es dir zutraust die ganzen Ferien in einem Rudel zu überleben!", gebe ich herausfordernd zurück, was ihre Augen zum Funkeln bringt. "Vielleicht solltet ihr lieber hoffen, dass ihr mich überlebt!", kichert sie los, was mein Herz mal wieder aus dem Takt bringt. Ich weiß nicht ob ich eine andere Gefährtin als diese kleine Hexe jemals akzeptieren könnte.

"Dann solltest du dich wohl besser mit packen beeilen. Dort kommt das Auto.", meint Shawn schließlich trocken und zieht Abigail an sich. Vermutlich, um sie vom flüchten abzuhalten. Ihre Nervosität ist beinahe mit den Händen zu greifen. "Fahrt ruhig schon vor. Ich komme mit dem Besen nach.", gibt Elli von sich und drückt Abigail kurz an sich. Dabei flüstert sie ihr etwas ins Ohr, was die Vampirin augenblicklich beruhigt. Leider war es so leise, dass nicht mal ich es verstehen konnte. Doch im nächsten Moment wirkt Abigail schon wesentlich ruhiger, also hat es zumindest funktioniert.

"Steigt ruhig ein, ich komme mit Elli nach, damit sie den Weg auch findet. Sonst bekommt sie vielleicht Schiss und dreht wieder um!", gebe ich neckend von mir und zwinkere der kleinen Hexe zu, die jedoch nur Kopfschüttelnd im Internat verschwindet. In der Zeit, die sie zum packen braucht, helfe ich den Anderen ihre Sachen im Kofferraum zu verstauen. Meine Jungs und sogar Abigail zwinkern mir zu oder klopfen mir aufmunternd auf die Schulter. Bis auf meine Schwester. Luise sieht ziemlich verstimmt aus und scheint überhaupt nicht begeistert, dass ihre Freundinnen diese Weihnachten dabei sind.

Doch dagegen kann ich jetzt nichts machen. Sie muss langsam mal lernen, dass sich nicht immer nur alles um sie dreht. Das hat mich in den letzten Jahren schon genervt und inzwischen ist es zu einem richtigen Problem geworden. Ich werde darüber mal mit meinen Eltern sprechen müssen. Vielleicht können wir etwas dagegen unternehmen, bevor Luise etwas wirklich Dummes anstellt. Etwas, was nicht nur einer Lektion bedarf, sondern schwerwiegende Konsequenzen mit sich zieht.

"Was stehst du denn hier so alleine rum, Riley?", reißt mich eine Stimme aus den Gedanken und als ich mich umwende, sehe ich in blaue Augen, welche von hellblonden Haaren umrahmt sind. Cindy. Heute ist eindeutig nicht mein Tag. "Ich warte.", gebe ich jedoch nur ruhig zurück und versuche eine Spur an Höflichkeit beizubehalten. "Etwa auf mich? Wenn du eine nette Nummer willst bevor ich nach Hause fahre ließe sich das einrichten!", bietet Cindy ohne jegliches Schamgefühl an, was mich jedoch nur angewidert das Gesicht verziehen lässt.

"Er wartet auf mich! Können wir los, Schatz?", höre ich auf einmal Ellis rettende Stimme, auch wenn mich dieser Kosename am Ende ein wenig aus dem Konzept bringt. Was hat die kleine Hexe denn jetzt vor? Trotzdem wende ich mich ihr augenblicklich zu und lege automatisch einen Arm um ihre Schulter, als sie sich direkt neben mich stellt. "Ihr seid zusammen?", höre ich Cindy in einem viel zu hohen Ton fragen und muss mir ein Lachen verkneifen. Die Walküre zu verarschen macht wirklich extrem viel Spaß! Da kann ich verstehen, warum Elli das immer wieder macht.

"Wonach sieht es denn aus?", fragt Elli nun herausfordernd, weshalb uns Cindy aus zusammengekniffenen Augen genau mustert. Selbst bei Minusgraden und Schnee trägt die Walküre Klamotten, die mehr Haut zeigen als gesund sein kann. Selbst für eine Art, die nicht so schnell krank wird. Die Stiefel gehen ihr zwar bis zu den Knien, doch dafür trägt die Walküre nur eine kurze Hotpants und eine bauchfreie Jacke. Ich wusste gar nicht, dass es solche Sachen überhaupt gibt. Das sollte verboten werden!

"Ich glaube euch das nicht!", meint Cindy nun giftig und verschränkt ihre Arme vor dem Körper. "Als würde uns das interessieren.", gebe ich ruhig zurück. Ich habe keine Lust mehr hier rum zu stehen und mit der Walküre zu diskutieren. Das bringt doch sowieso nichts! Doch Elli scheint noch eine Rechnung mit Cindy offen zu haben. "Dann eben ein Beweis." Irritiert sehe ich zu der Hexe nach unten, die sich nun zu mir umgedreht hat und mich mit ihren graugrünen Augen genau mustert. Irgendetwas liegt in ihrem Blick, das ich nicht genau entschlüsseln kann.

Doch bevor ich der Sache auf den Grund gehen kann, hat Elli schon eine Hand in meinen Nacken gelegt, mich zu sich runter gezogen und ihre Lippen auf meine gelegt. Doch dieser Kuss ist anders als all unsere anderen. Diese waren im Geheimen. Geprägt von Wut, Leidenschaft oder aber Trauer. Dieser Kuss jetzt ist ruhig und besitzergreifend, aber nicht weniger intensiv. Automatisch legt sich ein Arm von mir um Ellis Hüfte, um sie näher an mich zu ziehen, während ich die andere in Ellis Nacken lege, um den Kuss noch weiter vertiefen zu können.

Nach mehreren Minuten lösen wir uns schließlich wieder voneinander. Keuchend schnappen wir Beide wieder nach Luft. Bei dieser Aktion ist Ellis Mütze verrutscht, welche sie nun wieder gerade zieht, während ich versuche meine sicherlich zerzausten Haare zu ordnen. "Wir sollten zum Rudel aufbrechen. Sonst fragen sie sich noch, was wir hier so lange treiben." Mit einem Zwinkern meinerseits und einem Kichern von Elli setzen wir Beide uns auf den Besen, während Cindy uns noch immer mit offenem Mund anstarrt. Mit einem provozierenden Winken in ihre Richtung steigen wir in die Luft. Gemeinsam lachend machen wir uns auf den Weg zu meinem Dorf. Ich bin gespannt, was die Feiertage so bringen werden!

Ein Hauch von Magie - SchicksalsschlagWhere stories live. Discover now