47. Rettungsaktion

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„Nein Mom, werde ich definitiv nicht!"

„Weißt du eigentlich wie widerborstig du geworden bist, seitdem ich dich ein Mal mit diesem Hubert gesehen habe?"

„Mom, er heißt Hunter! Und außerdem hat das alles nichts mit ihm zu tun.", genervt strich ich mir über die Stirn. "Wir sind ja noch nicht einmal Freunde!", wies ich ihren Vorwurf zurück. Anschließend sah kurz zu Ali, die an einem kleinen Stand auf der Promenade Carenage auf mich wartete.

Meine Mutter konnte und wollte es einfach nicht lassen. Ich würde für exakt zwei Tage mit Ali und Hunter in Grenada verbringen, in der Stadt an der das Schiff gestoppt hatte. Dabei hatte ich meine Mutter einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Auf ihre Meinung vertraute ich absolut nicht mehr. Hätte ich sie um Erlaubnis gebeten, dann wäre ihre Antwort zu fünfundneunzig Prozent ‚Nein' gewesen. Seit dem letzten Streit, am Abend der Gala, widerstrebte sich mein Inneres weiterhin ihre beschissenen Regeln zu befolgen. Allein aus dem Grund, dass sie nicht einmal versucht hatte mich zu verstehen. Außerdem hatte sie sich bis dato nicht mit einem Wort bei mir entschuldigt oder das, für mich sehr wohl noch offene Thema, angesprochen. Ich hatte es schlicht und ergreifend satt mich und meine Vorstellungen für meine Mutter aufzugeben.

„Mein Fräulein, komme sofort wieder auf das Schiff. Wir wollen heute Abend essen gehen!", zischte sie kommandierend ins Telefon.

„Mom, ich will etwas von den Städten sehen an denen wir anhalten. Ich will deren Kulturen kennenlernen, typische Örtlichkeiten erkunden und die Mentalität der verschiedenen Menschen spüren. Das Geld, welches man in diesen ganzen Nobelrestaurants des Schiffs förmlich serviert bekommt, interessiert mich nicht."

Wie konnte sie das nicht verstehen? Warum wollte sie das nicht verstehen? Es war verdammt noch mal mein Leben. Ich konnte bestimmen, was ich damit machen und wo ich es verleben wollte. Auch wenn ich momentan wirklich noch keine Ahnung hatte wie sich meine Zukunft gestalten würde. Das musste ich auch noch nicht, die Gegenwart so zu gestalten, dass ich glücklich und stolz darauf sein konnte war zum gegenwärtigen Zeitpunkt wichtiger. Nur eins stand fest: Ich würde definitiv nicht so leben wie meine Mom. Das würde ich mit allen Mitteln zu verhindern wissen. Außerdem dachte ich, sei es Sinn und Sache einer Kreuzfahrt viele neue Städte in kurzer Zeit zu bereisen und Spaß zu haben.

„Katelynn Cabell, du wirst jetzt deine Sachen packen und sofort hier her kommen. Ich bin es langsam leid jedes Mal mit dir zu diskutieren!", fauchte sie bestimmend.

Wann hatten wir uns derart entfremdet? Ich wusste ja schon immer, dass meine Mutter eine sehr heroische Person und noch nie vom Reichtum abgeneigt war. Doch wir hatten uns zumindest immer verstanden. Sie war sogar diejenige, der ich mein Herz nach meinem ersten Liebeskummer ausgeschüttet hatte. Damals nahm sie mich in den Arm und sprach mir Mut zu. Sagte mir, es würde irgendwann der Richtige kommen, der mein Herz im Sturm erobern und es nicht unachtsam wegwerfen würde. Anschließend hatten wir einen riesigen Becher Eis verschlungen. An diesen Moment erinnerte ich mich gern zurück. Zu dem Zeitpunkt war sie nicht meine perfektionistische, bestimmende Mutter, die darauf pochte, dass alles im Leben geordnet ablief. Sie war einfach eine Mutter, die mich beschützt und verstanden hatte. 

„Katelynn!", riss mich Moms herrische Stimme aus meiner Gedankenwelt. "Was auch immer dir dieser Hunter für Absurditäten in den Kopf gesetzt hat, vergiss sie und begebe dich auf der Stelle wieder hier her!"

Dass sie Hunter bei jeder Gelegenheit für meine Autonomie verantwortlich machte, ließ Wut in mir aufsteigen: "Mom, lass Hunter aus dem Spiel. Du kennst ihn nicht und hast nicht das Recht so über einen fremden Menschen zu urteilen.", meine Finger bohrten sich vor Wut in meine Handfläche: "Außerdem kannst du ihm nicht die Schuld daran geben, dass ich eine eigenständige Persönlichkeit besitze!", verteidigte ich Hunter.

All we have is NowWhere stories live. Discover now