50. Hunters Geschichte

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Den ganzen darauffolgenden Tag hatte ich nichts von Hunter gehört, was meine Sorgen um ihn in keinster Weiße verschmälerte. Ich dachte dadurch nur noch mehr an ihn. An sein Gesicht von gestern und das setzte mir immer noch mächtig zu. 

Bis ich es nicht mehr ausgehalten hatte mich in Unwissenheit auf meinem Bett hin und her zu wälzen. Also war ich aufgesprungen und zu Hunters Tür gegangen, vor der ich jetzt schon geschlagene fünf Minuten stand und darüber grübelte, ob es nicht doch eine absurde Idee war nach ihm sehen zu wollen. Merkte er dann nicht, dass da mehr Gefühle für ihn existierten als es sollten? Ich zögerte noch ob ich wirklich klopfen sollte. 

Einerseits wollte ich unbedingt zu ihm und einfach bei ihm sein, weil ich mich wahnsinnig sorgte. Auf der anderen Seite hatte ich die Befürchtung, dass es leicht merkwürdig und klammernd rüber kommen würde. Sowas nannte man dann wohl ein klassisches Dilemma. Zwei Möglichkeiten, wobei beide negative und positive Seiten bargen. Wie sollte ich mich da für eine entscheiden ohne die falsche Entscheidung zu treffen? 

Ich raufte mir ein Mal durch die wüsten Haarsträhnen, da wurde mir meine Entscheidung abgenommen. Die Tür vor meiner Nase öffnete sich und Hunter rannte volle Kanne gegen mich, so dass ich- wie sollte es auch anders sein- mein Gleichgewicht verlor und nach hinten absackte, bis ich schlussendlich auf dem Boden aufklatschte. Autsch!

Wieso musste mir immer so etwas peinliches passieren? Ich schien, seitdem ich auf diesem Schiff war, von peinlichen Momenten heimgesucht zu werden. Und wirklich jedes Mal musste Hunter dabei sein. Langsam fragte ich mich, ob es das Schicksal darauf abgesehen hatte mich permanent zu demütigen, indem es mich bei jeder Gelegenheit in eine wandelnde Tomate verwandelte. 

Nach dem ersten ärgerlichen Gedanken, nahm ich den stechenden Schmerz in meinem linken Arm wahr. Schmerzverzerrt rieb ich über die Stelle, an der sich mit Sicherheit ein blauer Fleck bilden würde.

„Scheiße Kate!", murmelte Hunter entsetzt. Geschockt sah er, mit weit aufgerissenen Augen, auf mich herab. Verdammt!", fluchte er. Er kniete sich neben mich und umfasste sorgsam meine Schultern. Sofort geriet mein Blut in Wallungen und schoss, wie von selbst, rechts und links in meine Wangen, die sich leicht rötlich einfärbten und warm wurden. Nicht nur aufgrund der Peinlichkeit, sondern auch, weil seine Berührungen meinen ganzen Körper beeinflussten. Mögen sie noch so unscheinbar sein. 

„Mist, tut mir leid. Ich habe dich gar nicht gesehen oder überhaupt mit dir gerechnet.", flüsterte er entschuldigend, während er mir wieder auf die Beine half, um sich vor mich zu stellen und besorgt zu mustern.

„Macht nichts. Ist ja nichts passiert. DU konntest ja nicht ahnen, dass ich vor deiner Tür stehe, immerhin waren wir nicht verabredet.", stammelte ich unbeholfen und strich mir durch meine Haare.

„Sicher, dass du dir nicht weh getan hast?", skeptisch zog er die Stirn kraus. Er glaubte mir eindeutig nicht. Na gut, war ja jetzt auch nicht gerade ein sanfter Fall gewesen. 

„Sicher.", antwortete ich ihm wie selbstverständlich. Auch, wenn mein Arm noch immer leicht pochend schmerzte. Das Pochen war allerdings nichts im Vergleich zu meinem Herzschlag, der schwer an mittelstarke Herzrhythmusstörungen erinnerte. 

Daraufhin blieb es eine Weile still. Keiner sagte etwas. Jeder sah vor sich hin, immer darauf bedacht die Stille nicht zu unterbrechen. Obwohl ich eigentlich genaustens wusste, was ich von ihm wollte. Doch irgendwie wollten mir die Worte nicht über die Lippen kommen. Wenngleich die Stille um uns herum von Sekunde zu Sekunde unangenehmer wurde. 

Bis ich es nicht mehr aushielt. Ein letztes Mal schloss ich die Augen und atmete leise durch, ehe ich den Blick hob und direkt auf seinen traf, der mich beäugte. 

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