Kapitel 70.

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Kapitel 70.

"Alle sagen immer man muss funktionieren können. Doch die Welt stellt manchmal Sachen auf den Kopf, die das ganze nicht wirklich leicht machen. Ich bin wohl kaum eine Maschine, welche mit einem Klick angeschaltet ist. Die Menschheit lebt im Stress, unter Zeitdruck und keiner weiß genau was abgeht. Wenn man Menschen in die Augen schaut, erkennt man Leere oder Traurigkeit in ihnen. Niemand hilft diesen Menschen, manchen ist es egal wie es anderen geht. Ich bin nicht so, wenn ich weiß, es geht wem schlecht, dann helfe ich dieser Person. Einfach aus Zuneigung, sogar wenn sie mir noch unbekannt ist. Mein sozialer Instinkt drängt mich dazu und ich mache es auf jeden Fall gerne. Deswegen möchte ich es auch beantragen, einen Tag früher gehen zu dürfen. Ich möchte Rosalia Green besuchen, ich weiß das sie überlebt hat nach ihrer Augenoperation und sie mich unbedingt treffen möchte. Sie ist in Dublin im Break Dublin Hospital und sehnt sich danach mich zu treffen. Wenn sie mir das ermöglichen würden, wäre dass das größte für mich." sagte ich zu meinem behandelnden Arzt Dr. Graves.

"Ich kann sie verstehen Mr. Styles. Aber hier geht es vor allem um ihre Gesundheit. Diese ist im Moment viel wichtiger. Es war schon schlimm genug das Dr. Miles mir erzählt hat, das sie zwei äußerst wichtige Termine bei ihm abgesagt hatten. Das schadet ihnen. Das wissen sie hoffentlich?"

Ich nickte.

"Ebenso sind sie hier drei Tage zu spät in unsere Einrichtung gekommen, mit einem Blut verschmierten Gesicht und nicht ausreichend Tabletten. Das hat ihnen nicht gut getan, wie sie gestern erfahren haben. Ich meine, ich möchte ihnen nicht zu nahe treten, aber sie sehen zerstört und fertig mit der Welt aus. Ich kann mir denken das es davon kommt, das sich ihr Krebs fortgebildet hat und ihr allgemeiner Zustand schlechter geworden ist. Das heißt eine noch anstrengendere Therapie und lange Krankenhausaufenthalte. Ab jetzt können sie sich nicht mehr in der Öffentlichkeit aufhalten und auch ihre Lebenschancen sind niedriger geworden, und das alles liegt so gesehen in ihrer eigenen Schuld. Ich weiß vor allem nicht woher der ganze Stress in letzter Zeit her kam. Deswegen bin ich der Meinung das sie mir etwas grundlegend wichtiges verschweigen, was einiges aufklären wird." sagte er und schaute mich eindringlich an.

Ich zögerte natürlich erst mit meiner Antwort. Ich kann ihm wohl schlecht erzählen, das mein Freund mich geschlagen hat.

"Mein Freund und ich, Louis und ich haben uns in letzter Zeit oft gestritten. Er ist der Auffassung das ich eine Essstörung habe, da vor allem er nicht wissen soll wie schlecht es mir wirklich geht. Er wollte halt immer wissen wo meine Arzttermine sind oder ob er mal mit konnte. Ich habe ihm das verwehrt und alles ist im Streit geendet." sagte ich und schaute weg. "Außerdem habe ich es versucht. Ich habe versucht ihm klar zu machen das ich Krebs habe, aber er hat mich nie ausreden lassen oder hat mir auch keine Aufmerksamkeit geschenkt. Das hat sich dann nie ergeben und ich konnte mich einfach nicht durchsetzen." sagte ich und ließ meinen Kopf gesenkt.

"Ich verstehe aber Durchsetzungsvermögen wird jetzt wichtig sein. Sie müssen Louis dazu bekommen ihnen zu zu hören. Das Problem ist, wie sie wissen, ihnen geht es schlecht."

"Ja da haben sie Recht. Mir geht es scheußlich." sagte ich und putze kurz meine Nase.

"Ich darf sie jetzt nicht gehen lassen. Ich werde mich mal erkundigen, ob wir das mit Rosalia geklärt bekommen. Es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten, wie es zu einem Treffen kommen kann. Erstmal ist es wichtig, das sie nun täglich dieses Band tragen. Das zeigt uns Ärzten, das sie Krebs haben. Ich weiß, es ist pink, doch es ist notwendig."

Wieder einmal nickte ich und nahm das Armband in die Hand. Ich band es mir um.

"Ich würde sie bitten auf ihr Zimmer zurück zu gehen. Frau Dr. Petterson wird gleich kommen und sie auf die nächste Bestrahlung vorbereiten. Weiteres klären wir später." sagte der Doktor und schickte mich hinaus. Ich nahm meinen Tropf in die Hand und schob ihn hinter mir hinterher in mein Zimmer. Ich trottete den Gang entlang. Ich trug einen dunkel blauen Pullover, eine weiche graue Jogginghose und passend dazu schwarze flauschige Hausschuhe. Überall in diesem Gang wurden Zimmer geräumt. Mir war klar das ich schon in den offiziellen "Totengang" versetzt worden war, denn immerhin hatte sich mein Zustand so stark verschlechtert, das ich einmal zusammen gebrochen war. Natürlich hatte Dr. Graves Recht. Ich bin drei Tage draußen gewesen, vor allem in meinem Auto. Ich wollte und konnte nicht mehr, weshalb ich weder viel gegessen noch getrunken hatte. Das war schlecht weil meine Tabletten nicht richtig wirkten und ich notgedrungen dann doch hier her bin, da ich ohne meine Tabletten wahrscheinlich schon längst tot wäre. Ich habe mir alles selbst eingebrockt. Auch wenn Louis der Grund für mein Vergehen war, ich hätte mich selbst stoppen müssen. Doch ich konnte nicht.

Nobody sees, nobody knows (Larry Stylinson FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt