Kapitel 47

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•Kade•

An die kreischenden Fans gewöhnte man sich mit der Zeit.
Die ganzen Zettel und Bücher, CD's und Körperteile die mir hingehalten wurden waren in den Jahren zu meiner Routine geworden.

Ich hoffte nur mein Stift würde noch durchhalten, es war schon der zweite an diesem Abend und da wartete noch eine Schlange aus Menschen die ich alle nicht missen wollte.

Anfangs war ich immer überrumpelt gewesen, wusste nicht wo ich anfangen und aufhören sollte, doch den Dreh hatte man schnell raus.
Nur nicht das mit den Schmerzen in den Fingern danach, für sowas sollte es Balsam geben.

Jedenfalls war ich voll in meinem Element, signierte routiniert alles was mir vor die Nase kam, beantwortete Fragen, machte Fotos und sorgte dafür, dass meine Fans einen unvergesslichen Abend erlebten.

Rowan war die ganze Zeit an meiner Seite, hielt andere davon ab zu dicht an mich heranzukommen, doch das machte mir wenig.

Ich ging weiter zu einem Mann mit Mikrofon und lächelte professionell. Sofort hielt er mir sein Mikro unter die Nase, der Kameramann hinter ihm hielt direkt auf mich.
"Kade, was sagen Sie zu den Vorwürfen bezüglich des pornografischen Materials?"

Erst dachte ich mich verhört zu haben, mein Lächeln wurde eine Spur irritierter.

"Dem bitte was?" fragte ich nach.

Der Reporter schien meine Unsicherheit zu bemerkten und nutzte das natürlich sofort aus.
"Von Ihnen ist pornografisches Material veröffentlicht worden, waren Sie das nicht selbst?"

Kurz blieb die Welt stehen.

Porno...was? Mein Lächeln verblasste immer mehr, ich beschloss ihn zu ignorieren und lief unkonzentriert weiter, leider sofort in den nächsten Mann mit Mikro in der Hand.
"Kade, Kade!" schrie er. "Stimmt es, dass Sie nun öffentlich zu ihren Neigungen stehen?"

Plötzlich war ich nicht mehr umgeben von Fans, sondern von Aßgeiern in Form von Reportern, die mir allerhand Fragen stellten auf die ich absolut keine Antwort hatte.

Mit einem Mal drehte sich die Welt wieder, aber viel schneller, und die Fragen wurden immer seltsamer.

"Verbringen Sie die Nächte wirklich mit Ihren Fans?"

"Sind die Fotos mit Absicht entstanden?"

"Wie viel verdienen Sie an dem Porno?"

"Wer ist ihr derzeitiger Lover?"

"Mit oder ohne Kondom?"

Ich blinzelte hecktisch, eine Hand hatte ich suchend nach Rowan ausgestreckt, nicht wissend, ob er überhaupt in meiner Nähe war, aber sicher, dass er gleich bei mir sein würde, um diesen Alptraum zu beenden.

Das musste es sein, ein Alptraum.

Wenn nicht, würde das heißen, der Film von Caleb und mir war draußen.
Der Welt bekannt.
Jedem Zugänglich.

Und das...wäre der Weltuntergang.

Nur eine Sekunde später fasste ich eine Hand, von der ich spürte, dass sie Rowans war.

Natürlich musste er die Fragen ebenso mitbekommen, ich hörte nur gedämpft wie er versuchte gegen die Masse zu brüllen, denn in meinen Ohren rauschte es.

Das war zu viel.

Das Kreischen der Fans, die unerklärlichen Fragen der Reporter, die drängen Stimmen und die Massen an Menschen; alles drohte mich zu erdrücken.

Nur schwach konnte ich Rowans Hand drücken. In diesem Moment war er mein Fixpunkt, meine Rettungsleine, ehe ich komplett den Verstand verlor.
Er bemerkte es, ich sah ihn flehend an. Bring mich hier weg, bat ich stumm.

Er verstand es.
Eine Arm um meine Taille geschlungen zog er mich mit sich zum Auto, das uns hier wegbringen sollte.
Hinter uns rauschte das Meer aus Stimmen, doch Rowan beschützte mich davor, überschwemmt zu werden.
Ich lehnte mich an ihn, ließ mich fallen, aus Angst, vor lauter Panik nicht mehr richtig gehen zu können.

Rowan war für mich da, er war mein Retter, das einzige worauf ich mich gerade konzentrieren wollte, um nicht durchzudrehen.

Ich bekam nur halb mit, wie wir ins Auto stiegen und losfuhren; Herr Huntley uns gegenüber, der fragend zwischen uns hin- und hersah.
"Könnte mir jemand erklären, was bitte mit diesen Reportern abgeht?" Nervös fummelte er an seiner Brille herum, schob sie immer wie hoch.

Wie ulkig.

Fragend drehte ich mich zu Rowan.
"Woher wissen die Leute von dem Film?" fragte ich leise, legte aber genug Panik und Dringlichkeit in meine Stimme, um ihn aufhorchen zu lassen.

Rowan sah mir in die Augen, etwas unheilvolles lag darin. "Ich weiß es nicht." antwortete er nur.

Panisch griff ich nach seiner Hand.
"Woher wissen sie von dem Porno?!" fragte ich lauter, Rowan schüttelte aber nur den Kopf.

"Ich weiß es nicht!" antwortete er ebenso laut.

"Porno? Welchem Porno??" erfragte Herr Huntley schockiert, doch ich ignorierte ihn.

In meinem Kopf war zu viel los, als dass ich hätte klar denken können, also drehte ich mich zum Fenster, an dem die Stadt unscharf an mir vorbeizog.

Ich stand kurz vor einem Zusammenbruch, war den Tränen nahe. Das musste ein Witz sein, jemand hatte sich ein neues Gerücht ausgedacht, das zufällig wahr war. Zufall, es musste alles Zufall sein.

Als wir allerdings beim Hotel ankamen und die auflauernden Reporter sofort zu unserem Auto stürmten, wusste ich, das war kein Zufall.

Das passierte wirklich.

Stellte sich nur eine Frage:
Wie, zur Hölle?

•••

Bodyguard || BoyxBoy [Beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt