Kapitel 60

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•Rowan•

Gelangweilt schob ich eine weitere Tostpackung über den Scanner.

Dann Käse.

Dann Wurst.

Butter.

Eier.

Milch.

Zucker.

Nudeln.

Mein Gott, konnte es noch langweiliger werden?

Ich sah zu der Frau mitte vierzig, die wohl einen Familieneinkauf machte, lächelte nett und zog weiter die Lebensmittel übers Band.
Das hier war sowas von öde.

Die Frau bezahlte mit Karte, die Kasse öffnete sich, ich schloss sie wieder, sie ging, der nächste Kunde kam.
So ging das hier immer und immer wieder, jeden Tag.

Jeden. Verdammten. Tag.

Der junge Herr kaufte Rosen, Pralinen, Wein, Kondome, Müllbeutel, Kabelbinder und Klebeband.
Sah mir nach Plan A und B gleichzeitig aus.

In dieser eintönigen Hölle war es mein Hobby geworden zu erraten, was die Leute so machten und wofür ihr Einkauf gebraucht wurde. Wenn ich mir den Kerl vor mir so ansah, er war so Ende zwanzig, war klar, dass er ein Date hatte.

Er bezahlte, kurz dachte ich daran ihm viel Spaß zu wünschen, aber nein, das wäre schamlos.

Der nächste Kunde, älterer Herr, kaufte bloß eine Packung Eier.
Als er mir einen Hunderter reichte sah ich verdutzt hoch.

"Haben Sie es nicht vielleicht etwas kleiner?" fragte ich freundlich. Klar konnte er wenig dafür was der Geldautomat so ausspuckte, aber konnte er das nicht wechseln, wenn er mehr kaufte?

Als er verneinte seufzte ich und nahm die hundert Euro wegen einer Packung Eier entgegen, gab ihm das Rückgeld und jubelte innerlich, weil gerade kein anderer Kunde in Sicht war.

Okay, das war eher doof, denn so beschissen dieser Kassenjob auch war, er lenkte mich von meinen Problemen und Gedanken ab und half mir, nicht komplett durchzudrehen.

Und ich brauchte ihn, seit ich bei ... ihm, rausgeflogen war musste ich Geld verdienen, zwar war noch viel von dem Geld übrig, das ich von Herr Greyson bekommen hatte, aber das war auf meinem Sparbuch gelandet und sollte in wirklich schlimmen Zeiten helfen.

Klar war es viel, aber es würde nicht ewig halten und nicht zum ausruhen dienen.

Deshalb arbeitete ich jetzt hier. Es war nicht schwer oder zeitraubend, was anderes hatte ich eh nicht zutun, aber ich merkte wie sehr mir mein aufregendes Leben als Bodyguard fehlte.

Aber ich vermied jegliche Erinnerung an ihn, an unseren Streit und was das alles erst ausgelöst hatte, hoffte zu vergessen was alles passiert war und wie ich es versaut hatte.

Nur ihn konnte ich nicht vergessen.

Nachts, wenn ich nicht schlafen konnte, dachte ich an all meine Fehler, wo es schief gegangen war und ab welchem Punkt die Katastrophe ihren Lauf genommen hatte.

Darauf wusste ich nur eine Antwort: Ab dem Zeitpunkt, als ich Kade das erste Mal gesehen hatte.

Da war ich ihm schon verfallen. Er war stark, selbstbewusst, wusste was er wollte und kannte kein Nein ... aber vielleicht war dieser Bund zwischen uns und unsere Gefühle nicht stark genug um auszuhalten was kommen sollte.
Was durch meine Fehler passieren musste.

Die Zukunft mit ihm, die ich mir ausgemalt hatte wie ein verträumter Teenager, unser gemeinsames Leben und alles was uns verband war verpufft.

Meine Träume waren geplatzt wie eine Seifenblase in dem Moment, als er mich verlassen hatte.

Es ist aus zwischen uns. Ich will nicht, dass du jemals wieder mein Haus betrittst.

Ja, das hatte er zu mir gesagt. Die Unterhaltung hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt, seine Worte pochten in meinem Kopf wie ein unkontrollierter Herzschlag.

Immer und immer wieder.

 Es tat weh. Einfach alles.

Sein Gesicht in den Nachichten zu sehen, von ihm in der Zeitung zu lesen, seine Musik im Radio des Ladens zu hören, seine CD's im Verkauf zu sehen.

Als würde mich alles absichtlich an ihn erinnern wollen und den schier ewigen, unendlichen Schmerz in meinem Herzen nur noch schlimmer werden zu lassen.

Ich bekam ihn nicht aus meinem Kopf.

Das sollte ich, wirklich.

Trotzdem fragte ich mich immer was er wohl gerade tat, wen er traf oder mit wem er zusammen war.

Dachte er manchmal an mich?

Vermisste er mich vielleicht sogar?

Oder war ich bloß jemand mit dem er ein bisschen Spaß hatte. Jemand, den man einfach wegwarf, sobald es schwierig wurde.

Jedenfalls fühlte ich mich so.

Weggeworfen.
Wie Müll.

Scheiße, Kade ich konnte nicht aufhören an dich zu denken.

Ich würde niemals damit aufhören.

•••

Bodyguard || BoyxBoy [Beendet]Where stories live. Discover now