Des Menschen unheilbringende Suche nach dem Bösen (1)

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Der Mensch hat das Bestreben, das Böse auf der Erde zu identifizieren und zu beseitigen. Das ist lobenswert, doch ist dem Menschen nicht bewusst, dass seine Befähigung hierfür nicht ausreicht. Er wird dabei oft selbst zum Spielball des Bösen.

So brachte das menschliche Streben, das Böse zu vernichten, unheilige Machenschaften wie die Inquisition hervor. Mit dieser Instanz wollte die Kirche alle Gruppen ausrotten, die nach ihrer Meinung dem Bösen und den Dämonen verfallen waren. Dabei merkte man nicht, dass man mit diesem Vorhaben letztlich selbst dem Bösen erlegen war.

In erster Linie hatten die Inquisitoren Menschen, die sie für Hexen oder Zauberer hielten, und religiöse Gruppierungen im Auge. Die Katharer und Waldenser etwa, die nach kirchlicher Ansicht Irrlehren verbreiteten. Auch die Juden bekamen die Willkür der Inquisition zu spüren. Tausende unschuldiger und oft gläubiger Menschen starben unter der Folter oder auf dem Scheiterhaufen. Als Grund reichte schon, wenn jemand einen vermeintlichen Ketzer beherbergt hatte. Die Inquisition ist neben den Kreuzzügen, dem Antisemitismus und dem sexuellen Missbrauch eines der dunkelsten Kapitel der Kirchengeschichte.

Die Inquisition wurde 1231 von Papst Gregor IX. als Werkzeug gegen die Ketzer begründet. Er war ein streitsüchtiger Mensch und stand im Dauerkonflikt mit dem deutschen Kaiser Friedrich II., dem Enkel des legendären Kaisers Barbarossa (Friedrich I.). Mit der Aufgabe der Inquisition beauftragte Papst Gregor den Dominikanerorden. Er war erst 15 Jahre vorher von Dominikus gegründet worden, doch schon jetzt das Paradepferd des Vatikans mit der größten Ansammlung intellektueller Mönche. Die Dominikaner nahmen zahlreiche Lehrstühle an den europäischen Universitäten ein. Dem Dominikanerorden gehörten bedeutende Gestalten der Kirchengeschichte wie Thomas von Aquin und der Mystiker Meister Eckhart an. Auch die Franziskaner, die im Volk aufgrund ihrer Frömmigkeit ohne Fanatismus beliebt waren, beteiligten sich an der Inquisition. Den ersten wichtigen Einsatz hatte sie vier Jahre nach ihrer Beauftragung. In Fulda wurde die jüdische Bevölkerung des Ritualmords beschuldigt. Die Inquisitoren griffen mit aller Härte durch. Es kam zu einem Massaker an den Juden.

Das Strafmaß der Inquisition war je nach Vergehen unterschiedlich. Neben kirchlichen Strafen wie Exkommunikation standen Gütereinziehung, Gefängnisstrafe und in schweren Fällen der Feuertod. Das Verhängnisvolle an den Prozessen der Inquisition war, dass die gleiche Instanz Anklage erhob, die Untersuchung führte und das Urteil sprach. Eine Trennung zwischen Richteramt und Staatsanwaltschaft (oder damals Kirchenanwaltschaft) war unbekannt. Um den eigenen Kopf zu retten, denunzierten manche sogar ihre Nachbarn, Freunde oder Familienangehörige. Außerdem nutzten manche die Inquisition, um durch Anschwärzen alte Rivalen loszuwerden.

Wichtige Förderer der Inquisition waren die Päpste Pius IV. aus dem Hause Medici und Pius V., der acht Jahre lang bis zu seiner Papstwahl Großinquisitor war. Als besonders fanatischer Großinquisitor galt Kardinal Giulio Santorio, der Berater von sieben Päpsten.

Bedeutende Opfer der Inquisition wurden Jeanne d'Arc, die ihre Heimat Frankreich im Hundertjährigen Krieg gegen England gerettet hatte, der tschechische Kirchenreformer Jan Hus und Giordano Bruno, ein Dominikanermönch, der mit seinen astronomischen Forschungen der gültigen katholischen Lehre widersprochen hatte. Bruno war Anhänger des Weltbildes des Nikolaus Kopernikus, nach dem sich die Erde und die übrigen Planeten um die Sonne drehten.

Je nach Land hatten die Inquisitoren verschiedene ketzerische Gruppen im Visier. In den deutschen Staaten, der Schweiz und Österreich stand das Hexenwesen im Vordergrund. Ebenso in England, aber hier in weit geringerem Maß, da die Folter verboten und somit der Inquisition die wichtigste Waffe für ein Schuldeingeständnis verwehrt war. In Frankreich bekämpfte die Inquisition zunächst die religiösen Gruppierungen der Waldenser und Katharer und schaltete anschließend den Templerorden aus. Danach wandte man sich auch hier den Hexen zu. In Spanien richtete die Inquisition ihre Aufmerksamkeit auf Juden und Moslems im Zusammenhang mit der Reconquista, dem Kampf gegen die arabische Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel. Massive Hexenverfolgungen fanden in Spanien lediglich im Baskenland statt, da man in dieser Region ein Zentrum des Hexenwesens vermutete. Die Basken waren der katholischen Kirche als Volk mit eigener Sprache und Kultur von jeher verdächtig. In Italien ging man ebenfalls gegen vermeintliche Hexen und den vielen Wahrsagern vor, die sich ihren kargen Lebensunterhalt damit verdienten, in größeren Städten den Reichen die Zukunft vorherzusagen. Auch die Fraticellen, eine Glaubensgemeinschaft innerhalb des Franziskanerordens, bekamen die Härte der Inquisition voll zu spüren, weil sie die Missstände innerhalb der Papstkirche scharf kritisierten.

Die oben erwähnten Katharer, die im 12. Jahrhundert aufkamen und vor allem in Südfrankreich wirkten, wurden von der Inquisition vollkommen ausgerottet. Diese religiöse Gruppierung bekämpfte mit ihrem Leitspruch „Besitz ist Teufelswerk" die Materie als eine böse Macht. Natürlich waren die Katharer damit bei der reichen katholischen Kirche unbeliebt. Auch im Volk waren sie aufgrund ihrer Radikalität nicht gern gesehen. Die letzte Festung der Katharer, Montségur („sicherer Berg"), von den Katholiken „Caput dragonis" („Kopf des Drachens") genannt, war äußerst stark befestigt und nahezu uneinnehmbar. Unter den Verteidigern der südlich von Toulouse gelegenen Burg waren 300 kriegserfahrene Ritter unter Befehl von Pierre-Roger de Mirepoix. Ab Mai 1243 wurde die Festung von einem über 10.000 Mann starken papsttreuen Heer belagert. Da die Eingeschlossenen sich gut im Gelände auskannten, war die Sicherstellung Montségurs mit Lebensmitteln gewährleistet. Durch Verrat fiel jedoch nach zehn Monaten die Vorburg in die Hände der päpstlichen Truppen. Von dieser Vorburg aus konnte die Festung nun gut beschossen werden. Zudem war die Zisterne Montségurs, die der Wasserversorgung diente, verseucht. Die Katharer waren zur Kapitulation gezwungen und übergaben die Festung an die päpstlichen Truppen. Der Legende nach konnten die Katharer zuvor noch ihren Schatz vor den Belagerern in Sicherheit bringen. Um was es sich bei diesem Schatz handelte, ist bis heute unbekannt. Diskutiert werden Gold, bedeutende Schriften oder gar der Heilige Gral. Denjenigen Katharern, die ihren Glauben abschwören und sich der katholischen Kirche anschließen wollten, sicherte man Straffreiheit zu. Doch kein einziger Katharer war zu diesem Angebot bereit. So wurden die letzten Angehörigen dieser Bewegung auf einem riesigen Scheiterhaufen unterhalb der Burg verbrannt. Noch heute steht an dieser Stelle, „Feld der Verbrannten" genannt, ein Gedenkstein. Den 300 Rittern, die Montségur verteidigt hatten, wurde freies Geleit versprochen. Diese Zusage hielten die päpstlichen Truppen jedoch nicht ein. Die Ritter wurden gefangen genommen und in die gefürchteten finsteren Kerker von Carcassone gesteckt.

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