Jesus kommt zurück (2)

53 2 0
                                    


Es ist schwer, ohne Erklärung die Worte Jesu über seine Wiederkunft auf Erden zu verstehen. Selbst die Jünger und ersten Christen hatten mit dem Begreifen dieses Geschehens ihre Schwierigkeiten. Daher wurden in den Evangelien die komplexen Aussagen Jesu über seine Wiederkehr ohne Erläuterungen aneinandergereiht, was beim Lesen häufig zu Unverständnis der Bibelstellen führt.

Verwirrend ist vor allem, dass einerseits davon gesprochen wird, dass Jesus bei seiner Wiederkunft die Seinen von der Erde nehmen und in seines Vaters Haus bringen wird, was ganz plötzlich geschehen soll. Deshalb sei es notwendig, stets wachsam zu sein. Andererseits kündigt Jesus an, dass er in Herrlichkeit mit den himmlischen Heerscharen in eine am Abgrund stehende Welt kommen wird, zwei Wesen mit Namen Antichrist und falscher Prophet vernichten und Gericht über die Menschen auf Erden halten wird. Zum Glück enträtselt der scharfsinnige Paulus diese scheinbare Widersprüchlichkeit. So wird deutlich, dass es sich bei den beiden Aussagen Jesu um zwei verschiedene Ereignisse handelt, die zeitlich eng beieinander liegen.

Paulus berichtet über das erste Ereignis, bei dem Jesus die Seinen in seines Vaters Haus holen wird: „Auf den Befehl Gottes werden die Stimme des höchsten Engels und der Schall der Posaune ertönen, und Christus, der Herr, wird vom Himmel herabkommen. Als Erste werden die auferstehen, die im Glauben an Christus gestorben sind. Dann werden wir, die wir zu diesem Zeitpunkt noch leben, mit ihnen zusammen unserem Herrn auf Wolken entgegengeführt, um ihm zu begegnen" (1. Thessalonicher 4,16-17).

Im theologischen Sprachgebrauch wird dieses Geschehen Entrückung genannt, ein Begriff, der in vielen Religionen vorkommt. Er bezeichnet die Versetzung eines Menschen von einem Ort an einen anderen, vor allem in die himmlische Welt. Jesus erwähnt die Entrückung mit den Worten: „Denn im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Sonst hätte ich euch nicht gesagt: Ich gehe hin, um dort alles für euch vorzubereiten. Und wenn alles bereit ist, werde ich zurückkommen, um euch zu mir zu holen. Dann werdet auch ihr dort sein, wo ich bin" (Johannes 14,2-3). Der Vorgang der Entrückung war schon in der Antike bekannt, etwa im babylonischen Gilgamesch-Epos um den sagenhaften König Uruk. Auch in der griechischen Mythologie, wo der Knabe Ganymed aufgrund seiner Schönheit von Zeus mit einem Adler in den Olymp entführt und zum Mundschenk der Götter gemacht wird.

Nach den Worten des Paulus werden zum Zeitpunkt der Entrückung auch die Toten aus ihren Gräbern kommen, jedoch zunächst nur die, die zu ihren Lebzeiten gläubig waren. Diese Verstorbenen werden also ihren paradiesischen Zwischenzustand verlassen, um in die himmlische Welt entrückt zu werden. Die Bibel bezeichnet dieses Ereignis als Auferstehung des Lebens oder auch erste Auferstehung. Die vom Tod Erstandenen und die lebend Entrückten erhalten einen neuen Leib, bei dem es sich aber nicht mehr um einen irdisch-stofflichen Körper handelt, der der Alterung und dem Tod unterliegt, sondern um einen besonders prachtvollen und ewigen Auferstehungsleib, wie ihn auch Jesus nach seiner Auferstehung besaß. Paulus zieht einen Vergleich zwischen dem alten irdischen und diesem neuen Auferstehungsleib: „Unser Körper ist jetzt noch unansehnlich und schwach; wenn er aber aufersteht, ist er herrlich und voller Kraft" (1. Korinther 15,43).

Die Entrückung in die himmlische Welt wird die Gläubigen vor der nachfolgenden Schreckenszeit auf Erden bewahren. Daher braucht der Mensch, der sich an Gott und das Erlösungswerk Jesu hält, keine Angst vor der Zukunft zu haben.

Den genauen Zeitpunkt der Entrückung kennt nach Jesu Worten niemand, weder Menschen noch Engel oder Jesus selbst. Lediglich  Gott, dem Vater, ist das genaue Datum bekannt. Die Zeugen Jehovas terminierten den Anbruch des Neuen Reiches mit den Jahren 1914, 1925 und 1975 gleich mehrmals falsch. Auch der Bibeltheologe Johann Albrecht Bengel, Vater des schwäbischen Pietismus, hatte die Wiederkunft Jesu auf ein ganz bestimmtes Datum berechnet. Am 18.6.1836 zogen daher die Menschen mit Gebet und Gesängen ihrem Herrn entgegen, aber es passierte nichts. Jesus sagte über seine Wiederkehr, um die Seinen in die himmlische Welt zu entrücken: „Wenn der Menschensohn kommt, wird es sein wie zur Zeit Noahs. Damals vor der großen Flut aßen, tranken und heirateten die Menschen, wie sie es immer taten. So ging es, bis Noah in die Arche stieg. Die Leute merkten nichts von dem Unheil, das ihnen bevorstand, bis die Flut sie alle mit sich riss. So wird es auch beim Kommen des Menschensohnes sein. Zwei Männer werden auf dem Feld arbeiten; der eine wird angenommen, und der andere bleibt zurück. Zwei Frauen werden Getreide mahlen; die eine wird angenommen, die andere bleibt zurück. Deshalb seid wachsam und haltet euch bereit! Denn ihr wisst nicht, wann euer Herr kommen wird" (Matthäus 24,37-42). Da sich die Ereignisse, die der Wiederkehr Jesu vorausgehen sollen, zu erfüllen beginnen (siehe das vorhergehende Kapitel), kann man in absehbarer Zeit mit dem Ereignis der Entrückung rechnen.

Dann soll es den Menschen nicht so gehen wie den Brautjungfern im Gleichnis Jesu. Sie schliefen ein, weil der Bräutigam sich verspätete. Als er schließlich doch noch angekündigt wurde, hatten nur fünf der zehn Brautjungfern Öl zum Nachfüllen ihrer Lampen dabei und wurden zum Hochzeitsfest eingelassen. Das Gleichnis schließt warnend mit den Worten: „Deshalb seid wachsam und haltet euch bereit! Denn ihr wisst weder an welchem Tag noch zu welchem Zeitpunkt der Menschensohn kommen wird" (Matthäus 25,1-13).

Was steckt hinter allem?Where stories live. Discover now