Germanen und Christentum

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Die Römer brachten die christliche Lehre mit an den Rhein. So drang sie ab Mitte des 2. Jahrhunderts zu unseren germanischen Vorfahren.

Im 4. Jahrhundert wirkte Wulfila („Wölfchen", 311 - 382) unter den germanischen Westgoten. Sie zeigten sich für die christliche Botschaft ebenso wie die germanischen Wandalen offen. Wulfila übersetzte die Bibel ins Gotische. Seine Bibel hat literaturgeschichtliche Bedeutung, da es sich um das erste Buch in germanischer Sprache handelt. Eine Abschrift dieser Bibelübesetzung ist uns als sogenannter Codex argenteus („silbernes Buch") erhalten geblieben. Diese Handschrift aus dem 6. Jahrhundert mit ihren silbernen Buchstaben auf purpurrotem Pergament befindet sich heute in der Universitätsbibliothek der schwedischen Stadt Uppsala. Das Buch der Könige ließ Wulfila bei der Bibelübersetzung vorsichtshalber weg, da er fürchtete, der Inhalt würde die angeborene Kampfeslust der Germanen noch steigern.

Wulfilas vorbildliches Leben erweckte bei den Westgoten großes Zutrauen, sodass sie das Christentum in der arianischen Form ohne Widerstand annahmen. Sie unterschied sich dadurch, dass Jesus als ein Geschöpf Gottes gesehen wurde, das aufgrund seiner sittlichen Bewährung die Würde der Gottessohnschaft erhielt. Obwohl auf dem Konzil von Konstantinopel 381 das arianische Christentum verdammt wurde, war dieser Beschluss den germanischen Völkern relativ gleichgültig. Sie blieben bis ins 7. Jahrhundert dem arianischen Bekenntnis treu. Zudem passten die Germanen das Christentum ihrem wilden und kämpferischen Lebensstil an. Die christliche Ermahnung zur Gewaltlosigkeit wurde ausgeklammert.

Ende des 5. Jahrhunderts gründete der fränkische König Chlodwig I. auf germanischem Boden das Großreich der Franken. Chlodwig ermordete alle Verwandten und raubte sich seinen Reichtum gnadenlos zusammen, wobei der König auch vor Klöstern nicht Halt machte. Aus politischem Kalkül bestimmte Chlodwig das Christentum zur Staatsreligion und ließ sich taufen. Die Bildung lag bald ganz in den Händen der Kirche. Chlodwig wurde Ahnherr einer Horrorfamilie, der Merowinger, die nach drei Jahrhunderten Gewaltherrschaft von den Karolingern abgelöst wurde.

Einen gewaltigen Bekehrungsschub zum christlichen Glauben erlebte Germanien im 8. Jahrhundert durch den angelsächsischen Benediktinermönch Bonifatius (ca. 675 - 754). Er jst als Apostel und Schutzpatron der Deutschen bekannt. Von Papst Gregor II. erhielt er den Auftrag, den „wilden Germanen", die sich bisher von der römischen Kirche nichts sagen ließen, das Evangelium zu verkünden. Bonifatius machte sich zunächst auf nach Friesland, dann nach Thüringen. Ab 721 begann er seine Mission in Hessen. Ein Jahr später rief ihn der Papst nach Rom und weihte ihn zum Bischof. Der Heilige Vater gab ihm ein Empfehlungsschreiben für Karl Martell mit, in dem um Unterstützung für die Missionierung der germanischen Völker ersucht wurde. Karl Martell war der Hausmeier, also der oberste Regierungsbeamte im Fränkischen Reich. In der Schlacht von Tours und Poitiers hatte er mit seiner schweren Reiterei einen wichtigen Sieg über die Araber (Mauren) errungen, als diese nach Europa vordringen wollten. Der Sohn Karl Martells, Pippin der Jüngere, wurde 751 zum fränkischen König gewählt. Er war der Vater von Karl dem Großen.

Karl Martell unterstützte das Vorhaben einer germanischen Christianisierung und gab Bonifatius für seine Arbeit einen Schutzbrief. Bonifatius kehrte nach Hessen zurück und begann, die heidnischen Heiligtümer zu zerstören. So fällte er bei Geismar eine dem Gott Donar geweihte Eiche. Als die Strafe der Götter für diese Tat ausblieb und Bonifatius nicht wie vermutet vom Hammer Thors getroffen wurde, zeigten sich die Germanen beeindruckt. 738 kam Bonifatius mit seiner Missionstätigkeit nach Bayern und Sachsen. Während einer erneuten Friesenmission wurde er bei Dokkum in der heutigen Niederlande erschlagen und im Dom zu Fulda beigesetzt.

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