Einheit macht stark

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Ein Hauptanliegen Jesu war die Einheit unter seinen Jüngern. Im Gebet sprach er: „Sie alle sollen eins sein, genauso wie du, Vater, mit mir eins bist. So wie du in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns fest miteinander verbunden sein" (Johannes 17,21). Da Jesus Christus die unbestrittene zentrale Gestalt des Christentums ist, dürfte es mit ihm als Haupt möglich sein, die Christenheit zu einen. Jesus steht über sämtlichen christlichen Dogmen und Lehrmeinungen.

Weil der Leib Christi im Mittelalter und der Renaissance durch Verfehlungen des Katholizismus schwach war, trennten sich einzelne Glieder ab. Die Zeit ist jedoch überfällig, dass der Leib wieder eins werden muss. Die christliche Kirche als einheitliches Gebilde, in dem die verschiedenen Facetten der Konfessionen erhalten blieben, wäre ein gewaltiger Impuls für die Botschaft Jesu, ein aufmunterndes Zeichen für die zerrissene Welt, ein mächtiges Signal gegen die Gespaltenheit der Völker, den entzweienden Streit in den Ehen und der Barriere zwischen Jung und Alt. Die Gläubigen, die die Wiederkunft Jesu erwarten, sollten ihren Herrn vereint empfangen.

Die wichtigsten Stationen der ökumenischen Bewegung waren die Gründung des Weltkirchenrats 1948 und das 2. Vatikanische Konzil 1962 bis 1965.

Im Weltkirchenrat, dem Ökumenischen Rat der Kirchen, sind 352 protestantische, anglikanische, orthodoxe und andere Mitgliedskirchen unter Wahrung ihrer vollen Unabhängigkeit zusammengeschlossen. Die katholische Kirche ist kein Mitglied, unterhält jedoch Arbeitsbeziehungen. In festen Abständen, in der Regel alle sieben Jahre, tritt die Vollversammlung als oberstes Organ zusammen, zuletzt in Karlsruhe.

Das 2. Vatikanische Konzil versuchte die Kirche neu zu beleben und stand unter dem Zeichen der Ökumene, die ein besonderes Anliegen von Papst Johannes XXIII. war. Viele erhofften sich einen ökumenischen Durchbruch.

Johannes XXIII., geboren als Angelo Guiseppe Roncalli, stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Seine Tätigkeit als Feldkaplan im 1. Weltkrieg prägte ihn. Auch fünf seiner Brüder blieben auf dem Schlachtfeld. Im 2. Weltkrieg machten vor allem die deutschen Kriegsgefangenen Eindruck auf Roncalli, als er als Apostolischer Nuntius in Frankreich unterwegs war. Er bestand darauf, dass man nicht das ganze deutsche Volk mit dem Faschismus gleichsetzen könne. 1958 wurde Kardinal Roncalli im Alter von 77 Jahren zum Papst gewählt. Er war ein brillanter Rhetoriker und Menschenfreund mit sanftem Wesen. Als er einmal von einem Bischof konsultiert wurde, weil dieser aus Sorge um seine Gemeinde nicht mehr schlafen konnte, entgegnete Johannes XXIII.: „Ich weiß. Als ich Papst geworden war, drückte mich die Bürde meines Amtes auch, sodass ich nicht schlafen konnte. Dann aber, eines Nachts, hörte ich meinen Schutzengel, und der sagte: ,Johannes, nimm dich nicht so wichtig!' und seitdem schlafe ich ganz ausgezeichnet."

1962 berief Johannes XXIII. die größte Kirchenversammlung aller Zeiten mit fast 3.000 Oberhirten ein. Das 2. Vatikanische Konzil sollte die Kirche und die Welt erneuern und die Einheit mit den von der katholischen Kirche getrennten Christen herbeiführen. Zwei Wochen nach Eröffnung des Konzils stand die Welt durch die Kubakrise am Rande eines Krieges. Gerade auch durch den flammenden Appell des Papstes an die politischen Führer konnte der Krieg vermieden werden. Auf dem 2. Vatikanischen Konzil wurde erstaunlich offen debattiert. Jeder durfte zu Wort kommen, auch die großen Kritiker. Doch völlig unerwartet starb Johannes XXIII. am 3. 6. 1963, ein Schock für die ganze Christenheit. Die Protestanten beklagten, ihren Papst verloren zu haben. Das Konzil wurde zunächst unterbrochen, aber vom nachfolgenden Papst Paul VI. wenige Monate später wieder einberufen. Es wurde versucht, das Konzil im Sinne von Johannes XXIII. weiterzuführen. Obwohl in einem Dokument zur Zusammenarbeit und Toleranz gegenüber Andersgläubigen aufgerufen wurde, war der entscheidende ökumenische Schritt nicht gelungen.

Schon drei Jahre später sagte Paul VI. in seinem Credo:  „Wir glauben, dass die [römische] Kirche heilsnotwendig ist." Doch diese Aussage lässt sich mit den Worten Jesu leicht widerlegen: „Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben! Ohne mich kann niemand zum Vater kommen" (Johannes 14, 6). Die katholische Kirche ist demnach nicht der Weg zu Gott. Dies ist Jesus Christus vorbehalten, auf den sich alle christlichen Konfessionen berufen.

Auch Papst Johannes Paul II. war kein Freund der ökumensichen Bewegung. Jedes Streben danach wurde mehr oder weniger unterbunden. In seiner Enzyklika „Ut unum sint" („Dass sie eins seien") forderte der Papst 1995 alle christlichen Konfessionen auf, sich der katholischen Kirche zu unterstellen.

Auf den deutschen Papst Benedikt XVI. setzte man hinsichtlich der Ökumene hohe Erwartungen, die aber enttäuscht wurden.

Es finden sich unzählige Beispiele, dass Einheit bzw. Teamgeist oft die Voraussetzung zum Erfolg ist. Als etwa Ende des 4. Jahrhunderts die Hunnen aus den asiatischen Steppen nach Europa drängten, setzte unter den germanischen Völkern eine Fluchtbewegung nach Westen ein. Die Hunnen waren ein äußerst wildes Reitervolk, das schon Indien überrannt und die Bevölkerung ganzer Städte massakriert hatte. Die Germanen hatten waffentechnisch dem Reflexbogen der Hunnen, mit dem man zielgenau auf 200 m zwanzig Pfeile pro Minute abschießen konnte, nichts entgegenzusetzen. Mit den schrillen Knochenpfeifen und den dumpfen Trommeln vor dem Kampf schüchterten die Hunnen ihre Gegner zusätzlich ein. Zudem brachten die asiatischen Steppenreiter die Pocken nach Europa, wo bis ins 6. Jahrhundert etwa vier Millionen Menschen dieser Krankheit erlagen. 451 n. Chr. kam es zur Entscheidungsschlacht auf den Katalaunischen Feldern in der Champagne bei Troyes: Der König der Hunnen, Attila (mittelhochdeutsch: Etzel), der sich für einen Gott hielt, trat gegen ein geeintes Heer aus germanischen Westgoten und Römern an. Und das, obwohl Westgoten und Römer alles andere als Freunde waren. Der westgotische König Alarich hatte 40 Jahre vorher Rom geplündert. Doch vereint in der Schlacht konnten Westgoten und Römer die Hunnen vernichtend schlagen, wobei 150.000 Mann gefallen sein sollen. Die Hunnenherrschaft über Europa konnte abgewendet werden, unter der die Weltgeschichte einen anderen Verlauf genommen hätte.



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