Kapitel 44

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Steffan

Chou hatte darauf bestanden, dass man Anna's leblosen Körper zu ihn brachte. Nun lag sie auf einem Bett in einem von Chou's Gästezimmern. Es sah aus, als ob sie friedlich schlafen würde. Jemand, der es nicht wusste, würde sie für schlafend halten. An ihr waren keinerlei Merkmale einer Leiche zu erkennen. Sie hatte weder Leichenstarre noch war sie bleicher als sonst auch. Die Sonne schien durch das Fenster und die Sonnenstrahlen schmeichelten Anna's Haut. Alles war so ruhig und friedlich. Steffan saß auf einem Stuhl neben dem Bett und betrachtete Anna. Sie sah so schön aus. Es sah aus, als ob sie endlich Frieden gefunden hätte.

,,Jetzt bist du wohl endlich glücklich, nicht wahr?", fragte Steffan sie. Er wusste sie würde nicht antworten.

,,Ist es schön, da wo du bist? Ich hoffe es gefällt dir dort."

Die Sonnenstrahlen tanzten auf Anna's Gesicht. Er wünschte sich so sehr, dass sie ihre Augen öffnen würde.

,,Du fehlst mir so sehr. Vor einem Monat konnte ich dich noch in die Arme schließen und ich hatte damals keine Ahnung, wie glücklich ich war. Nun geht das nicht mehr. Und das Schlimmste ist ja auch noch, ich wollte dich schon so lange und dann, als ich dich endlich hatte, wollte ich eine andere. Ich bin so ein Idiot. Aber was soll ich machen? Mir liegt etwas an Saskia. Ich weiss nicht wie viel, aber ich weiss, dass es genug ist, um dich weniger zu lieben. Es tut mir so Leid.", sagte Steffan.

,,Ich habe alles kaputt gemacht. Ich bin der Grund, warum du vor ein paar Wochen nach Hause gefahren bist. Hätte ich dich damals bloß nie mit nach England fliegen lassen, dann würdest du jetzt noch leben. Warum habe ich nicht besser auf dich aufgepasst?"

Steffan stand auf. Er war so wütend auf sich selbst.

,,Warum ist das Alles nur passiert? Warum konnten wir nicht einfach zusammen glücklich werden? Warum hast du mich hier allein gelassen? Warum habe ich dich bloß auf diese Mission gelassen? Warum bist du nach mehreren Jahrzehnten bloß wieder gekommen? Sag mir, warum hast du mich alleine gelassen?" Steffan schlug mit den Händen auf einen Tisch und legte danach erschöpft seinen Kopf auf den Tisch. In ihm war ein großes Loch. Dieses Loch fraß ihn innerlich auf. Es war, als hätte er Bleichmittel getrunken. Schmerzhaft löste sich ein Teil von dem anderen Teil in seinem Körper. Er dachte, er hätte es nach ein paar Wochen endlich verkraftet. Doch es war viel zu tief.

,,Fragen über Fragen. Ich werde niemals eine Antwort bekommen. Wahrscheinlich ist das nur ein dummer Traum und ich werde gleich neben dir zuhause aufwachen und du wirst noch am schlafen sein. Ich werde dich dann leise fragen, ob du mich jemals verlassen wirst und du wirst wahrscheinlich verschlafen sagen, dass du für immer bei mir bleibst. Danach werden wir wieder zusammen friedlich einschlafen."

Steffan legte sich neben Anna auf das große Bett. Er strich ihr über ihr kaltes Gesicht.

,,Ich werde nie wieder deine wunderschönen Augen zu Gesicht bekommen. Es ist so schrecklich.", flüsterte er.

,,Nun werde ich dir aber erzählen, was bei mir so passiert ist. Ich bin zu Saskia gezogen und sie versucht so gut es geht, mich aufzuheitern. Ich wette, ihr würdet euch gut verstehen. Sie ist so wundervoll. Aber ich weiss, dass sie Chou noch liebt. Ich habe gesehen, wie sie ihn angesehen hat. Ich weiss nicht, ob sie sich nur in mich verguckt hat, weil Chou ihr so weh getan hat und sie nach einem Retter sucht.", sagte Steffan nachdenklich.

,,Was erzähle ich dir da bloß? Ich darf so nicht empfinden. Ich liebe dich. Ich habe es immer getan und werde es auch immer tun. Doch du bist von mir gegangen. Ich weiss nicht, ob ich lange ohne dich leben kann. Denn dieses schwarze Loch frisst mich von innen auf und irgendwann wird nichts mehr von mir übrig bleiben."

Die Zeit heilt physische Wunden, doch die unsichtbaren Wunden werden für immer bleiben. Einige Lebewesen kommen mit dem heimtückischen Schmerz der unsichtbaren Wunden zurecht, doch andere verbluten an ihnen.

-frei nach Nelson Mandela

Die Chroniken der VampireWhere stories live. Discover now