Kapitel 24

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Irgendwie hatten wir es dann doch geschafft auf dem Parkplatz zustehen. Wir waren zwar zehn Minuten zu spät, aber immerhin waren wir da.

,,Du hast da was."meinte Fiona aufeinmal und wischte mir über den Hals, um dieses 'Etwas' wegzuwischen und als dieses 'Etwas' nicht weg ging, runzelte sie fassungslos die Stirn. ,,Ist das ein Knutschfleck?" ,,Ja, sieht wohl so aus."lachte ich nervös und sah hilfesuchend zu Aiden. Was sollte ich denn jetzt sagen? Ich war so überfordert mit dieser Situation, dass mir gar nicht klar war, was ich als nächstes von mir gab:,,Der ist von Alex."

Fiona und Aiden klappte die Kinnlade runter. ,,Alex?"fragten beide gleichzeitig. Fiona war wirklich überrascht und Aiden konnte wohl nicht glauben, dass ich Alex als Notlüge benutzte. Aber umso mehr ich darüber nachdachte, desto logischer erschien mir meine Antwort.

Ich nickte und versuchte dabei möglichst überzeugt auszusehen.,,Ja, wir haben eben viel getrunken und dann ist es wohl passiert."murmelte ich und versuchte ihr nicht in die Augen zusehen. ,,Seit wann trinkst du denn zu viel?"fragte sie dann, doch ließ mir nicht die Möglichkeit zu antworten, was auch gut so war, denn ich wusste keine passable Antwort.

,,Und seit wann stehst du auf jüngere?"grinste sie. Ich warf Aiden einen kurzen Blick zu. Ich wollte, dass er auch endlich mal den Mund aufmachte und mir aus dieser Situation half. Doch das einzige, was er tat, war bedröppelt da stehen und auf einen Punkt, irgendwo hinter mir, zu starren.
,,Ähm...keine Ahnung. Alex war eben besonders...attraktive."rechtfertigte ich mich und sah verlegen auf den Boden.

,,Ich meine ja nur, weil du mich wegen Chad letztens noch komisch angeguckt hast und der ist nur ein Jahr jünger als wir."schmunzelte sie.

Und genau in den Moment kam meine Mutter und tat das, was Mütter eben taten. Sie halfen ihren Kindern, egal in welcher Situation. Auch, wenn sie noch nicht mal wussten, dass ihre Hilfe gefragt war. Ich schätze das nennt man Mutterinstinct.

,,Kommt ihr? Wir wollen los. Eure Freund kommen da hinten. Also verabschiedet euch bitte schnell und kommt da, ja?" Wir nickten alle, doch ich konnte mir ein ,,Ich liebe dich."nicht verkneifen. Sie war meine Heldin!
Mama sah mich nur schief an und zeigte mir den Vogel, ehe sie sich aus dem Staub machte.

,,Du musst mir unbedingt sagen, wie weit ihr gegangen seid."zischte Fiona noch und Aiden verzog das Gesicht.

Während der Verabschiedung von Milena und Alex musste Fiona dauergrinsen. Ich befürchtete, sie würde ihn gleich mit lauter Fragen bombadieren. Aber dazu kam es zum Glück nicht.

Als ich mich dann endlich anschnallte, atmete ich erleichtert auf. Fehlte nur noch, dass meine Eltern davon Wind bekamen. Ich war mir sicher, dass ich mir das jetzt noch Wochen lang von Fiona anhören durfte.

Aber noch mehr interessierte es mich, was letzte Nacht vorgefallen war. Ich konnte und wollte nicht glauben, dass ich etwas getan hatte, an das ich mich nicht mehr erinnern konnte.
Besonders nicht mit Aiden...

-

,,Also, heute üben wir mit den Kostümen. Danke, dass ihr alle da seid. Ich weiß, dass die Abschlussklasse jetzt viel lieber Zuhause wäre, um zu üben. Aber die Proben sind mir extrem wichtig..."sagte Talia, während wir alle still vor der Bühne saßen.

,,Leonie und Sky kommt ihr bitte mit nach Hinten." Ich tat, was mir befohlen und lief mit den anderen hinter die Kulissen, wo sich die Maske befand. Im Thema ,sich Präsentierten, war unsere Schule hervorragend.

Talia und Damian setzten sich auf die Stühle und wir fingen sofort an. Schließlich durfen wir bei der Aufführung auch nicht trödeln. Ich schminkte Talia erstmal ganz normal. Dann nahm ich schwarzes Puder und schmierte es an die verschiedensten Stellen. Das Make-up war für eine Mobbingscene.

,,Und kommt es bei der Aufführung auch zu einem richtigen Kuss, oder bleibt es bei einem Kuss auf die Wange?"fragte ich grinsend und erntete einen tötlichen Blick. ,,Natürlich. Nur muss man einen Kuss nicht proben. Also lassen wir das bis zur Aufführung."

,,Ja klar. Du hast doch nur Angst, dass du dich dann richtig in ihn verliebst."sagte ich, während ich nach dem Lippenstift suchte. ,,Pst, sprich nicht so laut!"zischte sie und sah prüfend zu Damian, der sich garde auf den Weg zur Umkleide machte.
,,Ich bin alles andere, als verliebt. Ich fühle nichts für ihn und werde auch nie etwas für ihn fühlen."erklärte sie mit Nachdruck. Nur glaubte ich ihr trotzdem nicht. Ich sah, wie sie ihn ansah, und ich sah, wie er sie ansah. Vielleicht waren sie beide gute Schauspieler, aber das war nicht gespielt.

,,Klar."antwortete ich daher wenig begeisert und schickte sie zur Umkleide. Ich half ihr das Kleid hinten zu binden und hielt diesmal die Klappe.
,,Viel Spaß."zwinkerte ich ihr noch zu, ehe die nächsten kamen.

Die Proben dauerten anschrengende fünf Stunden. Es war ein ewiges hin und her, weil hier und dort immer mal wieder etwas nicht stimmte. Dort fehlten Leute, dort war einer krank, dort konnte jemand seinen Text nicht und dort war jemand zu langsam. Hinzu kam, dass ich garnicht richtig bei der Sache war, weil ich an die letzte Nacht denken musste.

Talia schien gleich durchzudrehen.
Sie lief ständig auf und ab und raufte sich verzweifelt die Haare. Grade, als ich zu ihr gehen wollte, um ihr zu sagen, dass sie sich mal setzen und  mal Luft holen sollte, kam Damian mir zuvor. Er packte die an den Schultern und redete beruhigend auf sie ein. Erst schien sie sich wehren zu wollen, doch dann gab sie nach.

Sie setzte sich auf einen Stuhl und ließ sich von ihm ein Wasser reichen. Eine lange Zeit blieben sie einfach nur dort sitzen, während Damian ihr irgendetwas sagte. Dann stand sie auf und zog die Aufmerksamkeit auf sich.
,,Die Proben sind jetzt beendet. Danke, dass ihr da wart."

Erleichtert seuftzte ich auf und packte meinen Kram zusammen. Keine Ahnung, was er ihr gesagt hatte, aber ich war ihm dafür unglaublich dankbar. Die letzten Stunden waren viel zu anstrengend.

Und ich schätzte mein Gehirn war überforderter, als mein Körper.

Damn interesting Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt